Niemand ist ohne Schuld - Dark village ; 3
â dann weià sie auch von mir, wie ich halb nackt im Wohnzimmer stand! Benedicte ist über alles im Bilde und macht uns hier was vor!
Der Kloà in Vildes Hals wurde immer dicker. Warum musste sie das jetzt einholen? Warum war es nicht endlich vorbei? Warum musste sie wieder und wieder da durch?
Ich kann nicht mehr! Scheià auf die ganze Geschichte! Wie am Tag zuvor auf dem Friedhof drehte sie sich einfach um und ging. Aber diesmal war Benedicte vorbereitet.
âUnd ich weià auch, wer das mit Trine gemacht hatâ, sagte sie seltsam distanziert und gefühllos.
Vilde blieb stehen und wandte sich um.
âWas gemacht hat?â
âWas glaubst du denn?â Benedicte sah sie mit Verachtung im Blick an. â Das eben.â
Vildes Kinn sackte nach vorn. âWas meinst du? Wovon sprichst du?!â
âIch weiÃ, wer es war. Wer es getan hat.â Benedicte setzte die Sonnenbrille wieder auf und schob sie mit dem kleinen Finger zurecht. âIch weiÃ, wer Trine umgebracht hat.â
5
Er fuhr zum Haus am Stor-Haugen. Es war früher Abend, er hatte es nicht eher geschafft. Mit der Tasche in der Hand stieg er die Vordertreppe hinauf und klingelte. Es dauerte nicht lange, da öffnete Werners Frau Sigrid die Tür.
âHalloâ, sagte er. âWerner hat mich angerufen.â
âJa.â Sigrid trat einen Schritt zur Seite. âIch weiÃ. Kommen Sie rein.â
Er betrat das Haus. âSie waren verreist?â
âJa.â Sie lächelte angespannt und blieb ihm gegenüber im Windfang stehen. Ihre Augen waren kalt und wachsam.
Er fühlte sich wie ein Schuljunge im Büro des Rektors. Sie mag mich nicht, dachte er.
âIch war bei meiner Schwesterâ, sagte sie, dann drehte sie sich um und ging vor ihm den Flur entlang. Es war dunkel und roch feucht und muffig. Er hatte das Gefühl, sich unter die Erde zu begeben, hinein in Dunkelheit und Vergessen. âEs geht ihr wieder besser.â
âHm? Eline?â
âMeiner Schwester. Sie war krank.â
âAch so.â
Sigrid lächelte ihn kühl an.
Sie mag mich nicht. â Ist Werner da?â, fragte er.
âEr ist im Bad, einen Moment bitte. Warten Sie hier.â
Dann ging sie durch eine Tür auf der linken Seite. Wahrscheinlich in die Küche, dachte er. Rechts von ihm führten schm ale Stufen nach oben.
Da hörte er die Toilettenspülung, es rauschte in den Rohren. Kurz darauf öffnete sich oben eine Tür und das Geräusch von Schritten erklang.
Er schaute die Treppe hinauf, sah aber niemanden.
âIch bin daâ, sagte Wolfman laut. âIch bin gekommen, um mich um Eline zu kümmern.â
6
Sie trafen sich acht verwirrende Stunden nach Benedictes Verkündung: âIch weiÃ, wer es getan hat. Ich weiÃ, wer Trine umgebracht hat.â
Sie saÃen zusammen â Benedicte, Vilde und Nora â, um zu reden. Es fühlte sich verdammt seltsam an, denn sie hatten bisher noch gar nicht darüber gesprochen. Mit keinem Wort hatten sie die Frage âWer hat das getan?â erwähnt.
In der Schule, zu Hause, in den Läden und der Bibliothek, auf dem Sportplatz und im ganzen Ort gab es kein anderes Thema. Alle Bewohner Dypdals steckten die Köpfe zusammen, warfen misstrauische Blicke um sich und flüsterten: Glaubst du, sie wurde vergewaltigt? Hast du was gehört? Wer kann das nur getan haben? Glaubst du, es ist einer von hier? Einer, den wir kennen?
Und die Journalisten zogen durch die Gegend und sammelten tränenerstickte Kommentare von âengen Freundenâ, meist solchen, die Trine nicht mal mit dem Arsch angeguckt hätte.
Nur Benedicte, Vilde und Nora brachten es nicht fertig, darüber zu sprechen. Es fühlte sich verkehrt an, auf ekelhafte Weise grapschig und sensationslüstern. Trine war weg, und das Einzige, was sich die Leute fragten, war, wer es getan hatte.
Warum sprach niemand über die Lücke, die sie hinterlassen hatte? Die Leerstelle, die ihnen entgegenschrie, ihr verlassener Tisch im Klassenraum? Waren sie die Einzigen, die verzweifelt nach einer Möglichkeit suchten, die Normalität wiederherzustellen, die sich fragten, wie es weitergehen würde, wie man jetzt eine Art normales Leben führen sollte? Es kam ihnen vor, als wären die schönen, tröstenden Worte zu Hause und in der Schule nur Floskeln, dass niemand auÃer ihnen drei â und Trines Familie
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