Niemand ist ohne Schuld - Dark village ; 3
sie zu vergewaltigen! Aber es war etwas anderes. Denn wenn sie an die Situation zurückdachte, spürte sie nichts als bittere Genugtuung: Jetzt bist du dran, du Arsch.
Eine stechende und bohrende Unruhe quälte sie, das widerliche Gefühl, dass es noch etwas gab, das im Zusammenhang mit Wolff wichtig war â und dass sie es eigentlich erkennen müsste. Sie hatte etwas vergessen. Irgendwann und irgendwo hatte sie was gehört oder gesehen, das ganz entscheidend war für den Mord an Trine.
Sie war sich vollkommen sicher, dass es irgendwo in ihrem Kopf gespeichert war, aber sie kam nicht dran. Die Erinnerung musste sich ganz hinten in ihrem Gehirn versteckt haben â verdeckt vom Nebel vergangener Ereignisse.
Ich weià es, dachte Benedicte. Was ist bloà los mit mir? Warum kann ich mich nicht daran erinnern?
2
In der nächsten Pause kam Trym zu ihr.
Benedicte hatte das Schulgelände in der Pause verlassen, um sich ein ruhiges Plätzchen zu suchen, weg von allen anderen, weg von den ewig gleichen Gesprächen.
An der Bushaltestelle stand eine Bank.
Benedicte nahm ihren MP3-Player aus der Tasche, steckte die Kopfhörer in die Ohren und rief eine Playlist auf. Sie schloss die Augen und hörte Rihanna: You had my heart, and weâll never be worlds apart â¦
Es tat gut, einfach nur dazusitzen und an nichts zu denken. Da tauchte Trym neben ihr auf.
âHalloâ, sagte er.
âWas?â Sie hob ruckartig den Kopf und schirmte ihre Augen mit der Hand gegen die niedrig stehende Herbstsonne ab. Er stand neben der Bank, die Hände in den Taschen. Sie hatte ihn nicht kommen sehen.
âHalloâ, wiederholte er. âWie gehtâs?â
Sie zog sich die Kopfhörer aus den Ohren. âNa jaâ, sagte sie und blinzelte in die Sonne. âGeht schon.â
âWas machst du?â, fragte er. Und Benedicte wunderte sich selbst darüber, dass sie ihm nicht einfach eine Abfuhr erteilte.
Normalerweise konnte sie der Versuchung nicht widerstehen, auf so blöde Fragen irgendeine zynische Antwort zu geben im Stil von: Was ich hier mache? Hups, jetzt hast du mich aber ertappt. Ich glaube, ich sitze hier.
Stattdessen sagte sie ruhig: âIch wollte einfach ein bisschen Ruhe haben. Hier ist es so schön friedlich.â
Das war wirklich keine besonders typische Benedicte-Antwort. Nicht mal annähernd normal.
âAch soâ, sagte er.
âMmm.â
âIch kann auch wieder gehenâ, sagte er.
âNee, ist schon gut.â
âDoch, dochâ, sagte er. âWenn du deine Ruhe haben willst. Ist kein Problem.â
âRed keinen Stuss.â Jetzt kam doch ein bisschen von der alten Benedicte durch. Sie zwinkerte ihm zu und klopfte neben sich auf die Bank. âLos. Pflanz dich.â
Er bekam einen roten Kopf. Sie hätte schwören können, dass seine Wangen nicht nur wegen der Sonne so rot wurden. Sie fand das richtig niedlich und irgendwie schön. Er sieht eigentlich ganz gut aus, dachte sie. Viel besser, als sie bei der letzten kritischen Begutachtung gedacht hatte. Er war ein bisschen gröÃer als der Durchschnitt, freundlich und blond ⦠Hatte er sich plötzlich verändert? War er quasi über Nacht erwachsener und gröÃer geworden?
âNa los. Komm schonâ, sagte sie. âSetz dich.â Plötzlich wollte sie unbedingt, dass er blieb.
âNa gutâ, sagte er.
Und dann rutschte er neben sie auf die Bank.
Sie hatte Trym immer für ein bisschen vorsichtig und unantastbar gehalten. Früher hatte er mit dem Blödmann Tommy rumgehangen â sie kannten sich noch aus der Grundschule, aber Trym war viel netter und auf jeden Fall intelligenter als Tommy. Kein Wunder, dass die Freundschaft in die Brüche gegangen war. Inzwischen redeten die beiden nicht mehr miteinander und Trym war oft mit Nick unterwegs.
âHast du irgendwas gehört?â, fragte er. âWegen Wolff und so?â
âNein.â
âUnd Nora? Weià die auch nichts?â
âNicht mehr als wir. Ihre Mutter hat nichts rausgelassen.â
âHmâ, sagte Trym. âBlöd.â
âMmmâ, machte Benedicte.
Dann schwiegen sie eine Weile. Benedicte wusste nicht, was los war. Normalerweise konnte sie ohne Probleme mit Jungs quatschen. Solche Gesprächspausen kannte sie nicht.
âWas da passiert istâ, sagte Trym nach einer Ewigkeit.
âJa?â
âMusst du
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