Niemand ist ohne Schuld - Dark village ; 3
bekam eine Gänsehaut an den Armen. Sie ging langsam zur Tür, drückte die Klinke runter und öffnete. Sie hielt die Luft an, als die Tür aufschwang. Die Scharniere gaben einen klagenden Laut von sich. Dort drauÃen stand ein Schatten. Ein Mensch. Es war Vilde. Sie war leichenblass und hielt die Arme vor sich ausgestreckt.
âHilf mir!â
â Sweet Jesus! â Charlene zuckte zurück.
Vildes Arme leuchteten in allen Schattierungen von Rot â von kleinen fast schwarzen Streifen bis hin zu hellroten Flecken, die fast hautfarben waren. Und es tropfte.
Vilde stürzte vornüber und Charlene fing sie auf. Sie sanken zu Boden. Charlene zog Vilde in ihren Schoà und betrachtete ihren Körper. Blutete sie nur an den Unterarmen? Es sah ganz so aus. Sie konnte keine anderen Schnitte oder Flecken an ihrer Kleidung entdecken.
Sie sah sich um und suchte nach irgendwas, womit sie die Wunden verbinden konnte, dann zog sie den Stuhl zu sich heran, auf dem sie immer ihre Kleider ablegte, und griff sich ein weiÃes T-Shirt, das sie für den nächsten Tag rausgelegt hatte.
Erst dachte sie, sie würde es nicht schaffen, aber sie riss, so kräftig sie konnte, und das T-Shirt gab schon beim ersten Versuch nach. Scheià Qualität! Thank God!
Charlene riss den Stoff in vier Stücke, die sie um Vildes Arme wickelte. An jeden Arm zwei, damit die schlimmsten Schnitte versorgt waren. Die anderen waren nur oberflächlich und hatten schon aufgehört zu bluten.
âAnywhere else? Vilde, listen to me.â Charlene nahm Vildes Kopf zwischen die Hände. âWhere does it hurt? Just your arms? Yes? Okay, okay. Iâve got that. Itâs nothing big. I have stopped the bleeding. You are going to be fine. Okay? Do you hear me? Youâre going to be fine.â
âJaâ, flüsterte Vilde.
âOkay. Good. Now ⦠Iâll get help.â
Charlene wand sich unter Vilde hervor. Sie nahm ein Kissen vom Bett und legte es unter Vildes Kopf. âDonât do anything, you hear me? Donât try and get up. Iâll be back in no time.â
âNeinâ, flüsterte Vilde.
âIâll get helpâ, sagte Charlene.
Sie stützte sich mit der Hand am Boden ab und rappelte sich auf. Vildes Finger krallten sich um ihr Handgelenk. âNo ⦠geh nicht!â
âIâll get help. Iâll get your mom.â
âNoâ, wisperte Vilde. âNicht. Nicht Mama.â
âBut â¦â
âNo!â
âVilde, Vilde. Listen to me!â
âNicht Mama.â
âBut why? What happened? Who did this to you?â
âNobody.â Vilde versuchte, den Kopf zu schütteln.
âYouâve been cut. Vilde! Who did it?â
âIch! Ich habe es gemacht.â
âDu?â
âJa. Nur ich. I did this. Donât get Mama, please! Donât.â
Charlene sank wieder zu Boden und flüsterte: âYou did this yourself?â Und als Vilde zu weinen begann, nahm sie ihren Kopf auf den Schoà und strich ihr über die Wangen und sang leise: âHush little baby, donât you cry â¦â
Es regnete immer stärker, die Tropfen trommelten gegen die Fenster und auf das Dach. Vilde drückte den Kopf an Charlenes Bauch. Sie waren einander näher als je zuvor. Charlene spürte eine deutliche und heftige Spannung im ganzen Körper. Sie knisterte das Taubheitsgefühl, das der Schock hinterlassen hatte, einfach weg. Es war wie eine Sternschnuppe an einem grauen vernebelten Abend gewesen.
Und jetzt, ein paar Tage später, saÃen sie zusammen bei Burger King. Charlene dachte, dass sie etwas unternehmen musste. Zwar hatte sie Vildes Versprechen, dass sie so etwas nie wieder tun würde. Aber Vildes Versprechen war zurzeit nicht besonders viel wert.
Ich muss was unternehmen , dachte Charlene, während sie Vilde über ihren Milkshake hinweg ansah. Denn es ist ganz sicher meine Schuld .
3
âIch habe wirklich keinen Bock mehr auf die Schuleâ, sagte Vilde.
âWhat?â Charlene schüttelte ihren Milkshake-Becher. Er war leer.
âSchoolâ, sagte Vilde. âIch hab keinen Bock mehr drauf. I donât want to.â
âTake a couple of days off, then. Your mother would understand. Everybody would understand. Donât push yourself too hard.â
âItâs not that.â
âNo?â
âYou donât understand. Ich will nicht mehr,
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