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Niemand kennt mich so wie du

Niemand kennt mich so wie du

Titel: Niemand kennt mich so wie du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna McPartlin
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auf den örtlichen Investmentbanker an, der sich erst vergangene Woche mit Mitte vierzig von den Klippen gestürzt hatte.
    «Dass du immer so schwarzmalen musst!» Er schüttelte den Kopf.
    «So bin ich nun mal», sagte sie und zog die Schultern hoch.
    «Dir Gedanken über die Sorgen fremder Leute zu machen sieht dir aber gar nicht ähnlich, Eve», sagte er, und er hatte recht. Eve war meistens viel zu sehr mit ihrer eigenen Welt beschäftigt, um sich um andere Leute zu kümmern oder überhaupt mitzubekommen, was bei ihnen lief.
    «Vielleicht werde ich endlich erwachsen.»
    «Dazu ist es längst zu spät», sagte er, und sie gingen weiter. Paul hatte auch damit recht. Eve benahm sich oft wie ein verwöhnter Fratz. Sie war es gewohnt, ihren Kopf durchzusetzen. Vor allem in Bezug auf Ben benahm Eve sich immer noch wie ein dummer Teenager.
    Ein Monat ging ins Land, ehe sie Kontakt zu ihm aufnahm. Ihre Affäre hatte darauf basiert, dass es für Eve ein Abreisedatum gab, und schon ehe sie wieder wegging, war deutlich gewesen, dass seine Firma in Schwierigkeiten steckte. Für Edelsupermärkte sah es in einer Krise nicht so gut aus. Eve redete sich ein, dass sie nur wissen wollte, wie es ihm ging, und dass sie sich fortan mit der Rolle der guten Freundin zufriedengeben würde. Sie trafen sich wieder in einem Café, und diesmal war er angespannt und zappelig. Er fühlte sich in ihrer Gegenwart unwohl, und das machte sie traurig. Sie sagte ihm, dass sie keine Hintergedanken habe und nur wissen wolle, wie es ihm inzwischen ergangen sei. Das löste die Spannung zwischen ihnen zwar ein wenig, aber nicht vollständig. Er erzählte von den Schwierigkeiten, in denen er steckte. Er hatte bereits zwei Filialen geschlossen, und wenn es ihm nicht bald gelang, das Ruder herumzureißen, standen die restlichen drei vor dem Konkurs. Die Lieferanten zu bezahlen und die Läden zu schließen, konnte er sich nicht leisten. Er konnte nur hoffen, dass das Geschäft irgendwie weiterlief, aber das wurde zusehends schwieriger, und ihm gingen die Ideen aus. Er war ein Häuflein Elend, und sie hatte Mitleid mit ihm. Er musste sich auf sein Geschäft konzentrieren, restrukturieren, mit sterbenden Banken verhandeln und seine Frau auf den möglichen Verlust ihrer Lebensgrundlage vorbereiten. Sie sagte ihm, sie sei für ihn da, wenn er einen Freund bräuchte. Er bedankte sich und ging.
    Danach telefonierten sie ein paarmal. Seine Situation war ein ständiges Auf und Ab. Er fand einen Investor, doch der ließ den Deal platzen. Er hatte diverse Pläne, die alle machbar waren, doch nur bei gesicherter Finanzierung. Er war ein Kämpfer, er würde einen Weg finden. Sie unterhielten sich ausschließlich über Geschäftliches. Sie gab ihm Ratschläge, und er war ihr dankbar. Sie hörte ihm zu und machte Vorschläge. Sie bot ihm an, einen Blick in die Bücher zu werfen. Er lehnte ab und rief dann an, um zu fragen, ob sie es doch tun würde. Sie holte sich die Unterlagen bei seinem Steuerberater ab und verbrachte eine Woche damit, sich Notizen zu machen und darüber nachzudenken, wie man das Unternehmen umstrukturieren und retten könnte. Als sie glaubte, einen Weg gefunden zu haben, wie man das Geschäftsmodell den veränderten Umständen anpassen könnte, hinterließ sie ihm eine Nachricht mit der Bitte um einen Termin, weil sie ihre Idee mit ihm durchsprechen wollte. Der Plan beinhaltete eine umwälzende Veränderung, und sie war sich nicht sicher, ob Ben bereit dazu wäre, aber es war ein schönes Gefühl, überhaupt einen Vorschlag präsentieren zu können. Sie hatte den verzweifelten Wunsch, ihm zu helfen. Er meldete sich nicht gleich zurück, und sie wollte ihn nicht unter Druck setzen. Ihre Beziehung hatte sich verändert. Das akzeptierte sie. Außerdem war sie damit beschäftigt, sich zu erholen und zu entspannen – schließlich war das der Grund, weshalb sie ihr altes Leben hinter sich gelassen hatte.
    Es gab Tage, da war sie so gelangweilt und einsam, dass sie davon überzeugt war, einen Riesenfehler begangen zu haben. Dann dachte sie oft an Lily. Sie kaute zum x-ten Mal jenen Sommer vor zwanzig Jahren durch: Wer was getan und wer was zu wem gesagt hatte und an welcher Stelle schließlich alles kaputtgegangen war. Die Mischung aus unschönen Erinnerungen, Reue und Bedauern verursachte ihr Kopfschmerzen, einen flauen Magen und Herzrasen, und dann legte sie sich auf ihr unbequemes weißes Designersofa und sah durch ihre raumhohen Fenster hinaus auf das

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