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Niemand kennt mich so wie du

Niemand kennt mich so wie du

Titel: Niemand kennt mich so wie du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna McPartlin
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Meer, in dem die Asche ihres Vaters schwamm. Sie beobachtete ein winziges Schiff, das in Zeitlupe am Horizont entlangfuhr, und als das Schiff endlich außer Sicht war, schlief sie tief und fest.
    Nickerchen wurden Eves neues Ritual. Obwohl sich in ihrem neuen Leben alles um Entspannung drehte, litt sie noch immer unter Stresskopfschmerzen und Angstzuständen, die mit dem Tod ihres Vaters begonnen hatten. Ihr Kopf fühlte sich oft an, als würde er jeden Moment zerspringen, und sie hatte ein Loch in ihrem Herzen, das jeden Tag ein Stückchen weiter aufriss. Sie dachte, sie hätte einen Hirntumor oder ein Herzproblem oder beides, und schließlich ging sie zum Arzt.
    «Sie erfreuen sich bester Gesundheit.»
    «Erzählen Sie das mal dem Apotheker, der mich praktisch schon des Drogenmissbrauchs bezichtigt, weil ich mir in diesem Monat bereits die vierte Packung Solpadeine besorgen wollte.»
    «Wie lange liegt der letzte Sehtest zurück?»
    «Jahre.»
    «Gut, dann ist es an der Zeit für einen neuen.»
    «Und was ist mit dem Loch in meinem Herzen?»
    «Sie haben kein Loch in Ihrem Herzen.»
    «Es fühlt sich aber definitiv so an.»
    «Sind Sie schon einmal auf den Gedanken gekommen, dass es sich bei Ihren Gefühlen vielleicht um Trauer handeln könnte?»
    «Meine Symptome sind physisch und nicht emotional!»
    «Sie haben Ihren Vater verloren, Sie haben Ihr Unternehmen und Ihr Leben in New York hinter sich gelassen, und Sie versuchen in fremder Umgebung während einer Wirtschaftskrise neu anzufangen.»
    «Mein Vater ist seit fast einem Jahr tot. Mein Unternehmen war mein Leben in New York, und ich hege nicht die Absicht, hier irgendwas Neues aufzubauen. Ich genieße meinen wohlverdienten, wenn auch womöglich leicht verfrühten Ruhestand.»
    «Manche Menschen trauern Jahre, wissen Sie?»
    «Ich bin aber nicht ‹manche Menschen›. Mit mir stimmt etwas nicht.»
    Nach diesem Gespräch begab sie sich in eine Privatklinik, um sich gründlich durchchecken zu lassen. Sie wurde von Kopf bis Fuß untersucht, innen und außen gleichermaßen gründlich, und bis auf die Notwendigkeit, künftig beim Lesen oder bei der Arbeit am Computer eine Brille zu tragen, wurde ihr bescheinigt, bei bester Gesundheit zu sein. Dämliche Ärzte, von nichts eine Ahnung!
    Sie verbrachte viel Zeit mit Lesen und im Internet. Ab und zu spionierte sie Leute aus, die sie über Facebook kannte. Eines Tages startete sie den zaghaften Versuch, Lily ausfindig zu machen. Sie suchte sie mit ihrem Mädchen- und mit ihrem Ehenamen, doch Lily war nicht da. Und selbst wenn, hätte Eve wahrscheinlich nichts unternommen. Bei der Trauerfeier gab es einen Augenblick, als sie dachte, sie hätte Lily gesehen, doch als die Frau näher kam, war alle Ähnlichkeit verschwunden. Gar hatte Lily und ihren Mann Declan kurz nach Eves Rückkehr einmal erwähnt. Er hatte ihr erzählt, Declan sei Herzchirurg geworden und sie hätten zwei Kinder, doch viel mehr wusste er auch nicht. Sie waren am Ende jenes Sommers gemeinsam nach Cork ans College gegangen und sprichwörtlich von der Bildfläche verschwunden. Paul hatte gehört, sie wären vor ein paar Jahren nach Killiney gezogen, was im Grunde direkt um die Ecke lag, nur eine halbe Stunde Fahrt, aber sie ließen sich nie blicken. Eve gab sich gleichgültig, doch das war gelogen, und sobald sie wieder zu Hause war, googelte sie Declan Donovan. Es gab ein paar Artikel zu einer bestimmten herzchirurgischen Methode, die mit ihm in Verbindung stand. Außerdem gab es jede Menge Treffer zu seinen privaten Sprechzeiten und zu dem Krankenhaus, an dem er arbeitete, doch sonst nichts weiter. Es gab ein Foto. Er war zwar älter geworden, aber immer noch derselbe. Eve hätte das Bild am liebsten ausgedruckt und verbrannt, doch das wäre kindisch gewesen, und so zeigte sie stattdessen dem Bildschirm den Stinkefinger. Fick dich, Arschgesicht Donovan. Ich hoffe, du verreckst! Sie googelte Lily, doch es gab keine Treffer. Sie fragte sich, ob Lily sie jemals auch gegoogelt hatte oder ob Lily jemals an sie dachte und sie auch so vermisste. Wahrscheinlich nicht. Schließlich hatte Lily ein erfülltes Leben mit Kindern und einem Ehemann, und Eve war sich ziemlich sicher, dass es Lily vollkommen egal war, ob sie noch am Leben war.
     
    Nachdem Eve den Umzugsleuten das Feld überlassen hatte, kehrte sie mit pochendem Schädel in ihre Wohnung zurück. Sie gab zwei Schmerztabletten in ein Glas und drehte den Wasserhahn auf. Völlig in Gedanken schwenkte sie

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