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Niemand kennt mich so wie du

Niemand kennt mich so wie du

Titel: Niemand kennt mich so wie du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna McPartlin
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einziges Wort, immer wieder. Stopp. Stopp. Stopp. Stopp. Stopp. Bis es endlich in einem Flüstern ihren Mund erreichte. «Stopp.»
    Der Mann wandte den Blick von der Straße ab, die er in voller Breite einnahm, und sah sie an. Er war wütend.
    «Ihr wolltet mitfahren, also habe ich euch mitgenommen», sagte er.
    Sie war verwirrt. Wollten wir mitfahren? Sie sah wieder nach vorne, um sich zu vergewissern, dass ihre gebrochenen Beine tatsächlich aus seiner fehlenden Windschutzscheibe hinausragten.
    «Ben?», sagte sie.
    «Ihr wart mitten auf der Straße!», schrie er und wischte sich die Nase am Ärmel seines Wollpullovers ab. Es war zu dunkel, und sie konnte die Farbe nicht erkennen.
    Vor ihnen blitzten Lichter auf. Der Wagen schlingerte von links nach rechts. Sie fragte sich, ob der Mann ihre gebrochenen Beine überhaupt schon bemerkt hatte. Sie registrierte das Nissan-Emblem auf dem Lenkrad. Als eine Laterne oder vielleicht auch ein vorbeifahrendes Auto die Nacht erhellte, sah sie, dass die Motorhaube rot war, dass der Mann einen roten Bart hatte und riesengroße Hände. An seiner Linken trug er einen großen goldenen Claddagh-Ring.
    «Stopp, Stopp, Stopp, Stopp, STOPP!», wiederholte sie, bis aus ihrem Flüstern endlich ein Rufen wurde.
    Der Mann ignorierte sie beharrlich, murmelte nur weiter vor sich hin und drehte das Radio lauter.
    Sie merkte, dass ihr rechter Arm unverletzt war. Er ließ sich bewegen. Sie packte den Mann am Ärmel und zog und zerrte daran.
    «Bitte!», schrie sie. «Stopp!» Mehr brachte sie nicht heraus.
    «Du wolltest mit!», schrie er sie an. «Ich nehme dich mit! Was willst du denn noch?»
    «Stoppen!», sagte sie. Ihre Stimme und der Tonfall klangen fremd.
    «Schön!», schrie er. «Blöde Weiber! Wissen nie, was sie wollen!»
    Er blieb mitten auf der Straße stehen. Er stieg aus und schimpfte wüst vor sich hin. Er ging an der kaputten Windschutzscheibe und ihren zertrümmerten Beinen vorbei und trat an die Beifahrertür. Er riss die Tür auf, und Eve spürte, wie sie fiel. O Gott! Er zerrt mich raus! Sie wappnete sich gegen den Schmerz. Er packte sie an dem Arm ohne Schulter. Er riss daran, und sie schrie und flehte, nur ein einziges Wort, wieder und wieder. «Bitte!»
    Er ließ den Arm ohne Schulter los, packte sie am Genick und zerrte wieder an ihr. Sie spürte, wie sich Glasscherben tief in ihre brennenden, pochenden Beine bohrten.
    «Bitte.»
    Ihre Beine waren so lang, dass er sie verdrehen musste, um sie durch das Loch in seiner Windschutzscheibe zu bekommen. Sie sah, wie ihre Beine sich bogen, und spürte etwas knacken.
    «Bitte.»
    Er hatte sie inzwischen gut im Griff und zog sie unter den Armen nach draußen. Er drückte gegen die Stelle unter ihrem Schulterblatt, wo ihre Schulter gelandet war, und einen Augenblick lang dachte und hoffte sie, sie würde sterben.
    «Bitte.»
    Sie spürte, wie ihre Beine auf dem Boden aufschlugen. Er ließ ihren Oberkörper fallen, und sie blieb liegen, das Gesicht den Sternen zugewandt. Die Nacht war klar und schön, es war dieselbe Nacht, in der sie und Ben wie die Teenager an einer Mauer gelehnt und sich geküsst hatten.
    «Ben?», sagte sie.
    Er ignorierte sie. «Du wolltest mit.» Er deutete mit dem Finger auf sie.
    Sie lag bewegungslos da.
    «Ich habe dich mitgenommen», sagte er, zeigte auf sein Auto und wischte sich wieder mit dem Ärmel die Nase ab.
    Sie blieb reglos liegen.
    «Das war das letzte Mal, dass ich dich mitgenommen habe!», motzte er, stieg ins Auto, ließ Eve mitten auf der Straße liegen und verschwand.
    Ihr wurde schnell klar, dass sie überfahren werden würde, wenn sie auf der Straße liegen blieb. Sie wusste auch, dass drei ihrer Gliedmaßen schwer verletzt waren, aber sie hatte immer noch einen gesunden Arm. Du schaffst das, Eve! Du bist stark, ja? Entweder du schleppst dich an den Straßenrand, oder du wirst überfahren. So ist das. Punkt. Tu es einfach. Eve fing g anz langsam an, sich in Richtung Straßengraben zu hieven. Jede Bewegung war pure Qual, jede Minute kam ihr vor wie eine Stunde, und sie weinte die ganze Zeit. Als sie die Straßenmitte verlassen hatte, ließ sie sich wieder niedersinken, schaute zu den Sternen hinauf und hoffte, dass die Autos, die vor Minuten noch ihren Tod bedeutet hätten, jetzt vorbeikommen und sie finden würden. Wo ist Ben?
    Eve hörte ein Auto vorbeifahren, aber der Fahrer sah sie nicht, und dann noch eins und noch eins. Sie versuchte, mit dem unversehrten Arm zu winken, doch es ging

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