Niemand kennt mich so wie du
kamen und gingen.
«Durchhalten, Eve.»
«Gut gemacht.»
«Wir geben Ihnen gleich noch mehr Schmerzmittel. Sie machen das toll.»
«Okay. Wir bringen Sie jetzt zum Röntgen.»
«Gutes Mädchen.»
«Ich bin ganz in der Nähe, gleich nebenan, okay? Halten Sie still. Sie schaffen das.»
«Gut gemacht. Ich bringe Sie jetzt zurück. Alles gut, Eve, hören Sie auf zu schreien, Sie bekommen gleich noch mehr Schmerzmittel.»
Laut der Aufzeichnungen sah sie den ersten Polizisten um drei Uhr morgens. Er wollte von ihr wissen, ob sie sich an irgendwelche Einzelheiten erinnern könne. Gleich darauf entschuldigte er sich und sagte, es sei völlig in Ordnung, wenn sie nichts mehr wisse, er könne gern noch einmal wiederkommen. Doch Eve wollte nicht, dass er ging, denn sie erinnerte sich an unglaublich viele Einzelheiten und wollte sie erzählen, ehe sie ein wichtiges Detail vergaß oder starb.
«Er fuhr einen roten Nissan. Ich weiß, dass es ein Nissan war, weil ich das Emblem auf dem Lenkrad erkannt habe. Er war größer als ich, und ich bin eins achtzig, er war also vielleicht eins fünfundachtzig oder eins neunzig. Er hatte rote Haare und einen Bart, und wenn ich rot sage, meine ich richtig rot. Er war Allergiker, ihm lief die ganze Zeit die Nase. Er hatte große, raue Arbeiterpranken. Er trug einen Claddagh-Ring und stank nach Whiskey.»
Sie war froh, dass sie wieder genug Kraft hatte, um in vernünftigen Sätzen zu sprechen.
Der Mann schrieb alles mit, was sie sagte. «Moment mal, ich dachte, Sie wären zu Fuß gegangen?»
«Bin ich auch.»
«Wie konnten Sie dann das Nissan-Emblem auf dem Lenkrad sehen?»
«Weil ich ins Auto geflogen und auf dem Beifahrersitz gelandet bin. Durch die Windschutzscheibe.»
Seine Augen weiteten sich ungläubig, doch er sagte nichts. Er schlug den Notizblock zu. «Vielleicht sollten wir besser morgen weitermachen.»
Sie wusste, dass da noch mehr war.
Ich habe irgendwas vergessen, aber was?
«Noch was», sagte sie. Sie dachte ein oder zwei Minuten lang angestrengt nach.
Der Polizist erhob sich zum Gehen.
«Er trug einen grobgestrickten dunkelblauen Wollpullover», sagte sie.
Der Polizist lächelte. «Wenn Sie in dem Auto waren, muss es stockdunkel gewesen sein. Wie hätten Sie da die Farbe seines Pullovers erkennen können?»
Sie streckte den gesunden Arm aus und zeigte ihm ihre Hand. «Weil die Wolle noch unter meinen Fingernägeln hängt», sagte sie, und er sah sie einigermaßen fasziniert von der Seite an, ehe er vorsichtig ihre Hand nahm und behutsam die Wollfasern unter ihren Nägeln herauszupfte.
Dann fragte sie nach Ben.
«Ich frage die Ärzte.»
«Wann?»
«Bald.»
«Nein. Jetzt», sagte sie, als befände sie sich in der geeigneten Position, um Forderungen zu stellen.
«Nur noch ein paar Fragen.»
«Ich weiß sonst nichts mehr. Ich habe Ihnen geholfen, helfen Sie mir.»
Er versprach, sich zu erkundigen, dann verschwand er. Er kam nicht wieder zurück.
Um 4.30 Uhr erlitt Eve offiziell einen Schock und verlor zum letzten Mal in dieser entsetzlichen Nacht das Bewusstsein.
Lily hatte einen seltsamen Traum. Sie saß, mit einem Tarnanzug bekleidet, in einem Militärtransportflugzeug und flog in den Krieg. Sie verbrachte ein paar Sekunden damit, sich all die Jungs anzuschauen, die mit ihr in dem Frachtraum saßen. Sie unterhielten sich miteinander. Lily fragte sich, was zum Teufel sie hier verloren hatte. Das ist nicht der Blumenbindekurs. Dann fragte sie sich, ob sie dabei war, weil sie Krankenschwester war. So ein Blödsinn, warum habe ich mich hierfür gemeldet? Neben ihr saß ein Junge in Scotts Alter, vielleicht ein bisschen älter. Er war aufgeregt.
«Ist es dein erstes Mal?», fragte er.
«Ja. Und für dich?»
«Oh ja! Ich will das schon seit Ewigkeiten machen.»
«Du bist noch ein Kind. Du weißt gar nicht, was ewig bedeutet», sagte sie.
«Ist doch egal.» Er lächelte sie an und schaukelte aufgeregt vor und zurück. Die Motoren wurden lauter, sodass sie schreien mussten, um sich zu unterhalten. Ich hasse es zu schreien.
«Ich werde heiraten», sagte er.
«Eine Ehe erfüllt selten die hohen Erwartungen.»
«Wir werden ein Haus haben und einen Hund und ein paar Kinder und ein Kaninchen», sagte er. «Aber zuerst werde ich ein paar böse Jungs töten.»
«Schaff dir ein Kaninchen oder einen Hund an, aber nicht beides.»
«Quatsch, die werden sich lieben», sagte er im Brustton der Überzeugung.
«Wenn die dir sagen würden, dass ich
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