Niemand kennt mich so wie du
nicht. Sie war so müde. Hier werde ich sterben. Ich hoffe, es geht dir gut, Ben. Was damals geschah, tut mir leid. Es war der größte und dümmste Fehler, den ich je begangen habe. Ich glaube, ich liebe dich. Ich glaube, ich habe dich immer geliebt. Sie machte die Augen zu und ließ los.
Ein grelles Licht strahlte Eve ins Gesicht, und sie hörte Stimmen. Als sie endlich die Augen öffnen konnte, sah sie die Menschen, die auf sie herunterblickten, nur verschwommen. Sie hörte Stimmen, die sich unterhielten, doch es klang gedämpft, wie eine schlechte Verbindung am Telefon. Sie versuchte, sich auf das Gesicht zu konzentrieren, das mit ihr sprach, und es wurde mit jedem Lidschlag deutlicher. Jemand piekste sie mit irgendetwas, und es fühlte sich gut an. Plötzlich schien die Verbindung wieder klarer zu sein.
«Sie sind in Sicherheit, Schätzchen. Wir kümmern uns um Sie. Können Sie mich hören?»
«Ja», sagte sie.
«Nicht schlecht», sagte er, lächelte sie an und drehte sich weg. «Sie ist wieder bei uns, Brendan.»
Brendan antwortete irgendetwas Unverständliches.
«Wie heißen Sie, Schätzchen?», fragte der andere.
«Eve», antwortete sie.
«Gut, Eve, wir werden Sie jetzt hochheben.» Bilder blitzten in ihrem Kopf auf, Bilder, wie sie aus dem Auto gezerrt wurde, wie sie über die Straße kroch. Jeder einzelne Nerv in ihrem Körper wappnete sich mit einem lauten Aufschrei gegen die unerträglichen Schmerzen.
«Nein», flehte sie.
«Keine Angst», sagte er beruhigend. «Sie sind in guten Händen. Wir lassen nicht zu, dass Ihnen etwas passiert. Stimmt’s, Brendan?»
Ein zweites Gesicht tauchte auf. «Stimmt, Tony.»
Eve schlug die Augen auf und konzentrierte sich auf den weißen Himmel des Krankenwagens. Sie spürte, wie sie auf eine Trage geschnallt wurde. Obwohl sie weder Kabel noch Schläuche sehen konnte, wusste sie, dass sie da waren. Sie hatte eine Maske auf und spürte kühlen, frischen Sauerstoff, der sich einen Weg durch die Nase in ihr Inneres bahnte, und die warme Luft, die durch ihre Lippen entwich.
«Na also!», sagte Tony und nahm ihr für eine Sekunde die Maske ab. «Sie sind wieder bei uns.»
«Ja.»
«Glauben Sie an Gott?», fragte er.
«Nein.»
«Also, wir waren gerade auf dem Weg zu einem Unfall, als wir Sie entdeckt haben, und für mich ist das ein Wunder», sagte er.
«Glück», antwortete sie und kramte verzweifelt in ihrem Gedächtnis, weil sie wusste, dass sie etwas sehr Wichtiges vergessen hatte. Aber w as, aber was, aber was nur?
Er lachte. «Vielleicht», sagte er und setzte ihr die Sauerstoffmaske wieder auf.
Ein anderer Unfall. Sie fiel ihm mit der gesunden Hand in den Arm.
«Mein Freund», sagte sie und war plötzlich wieder achtzehn, ein Mädchen, und Ben der Junge, den sie liebte.
«Wer ist denn Ihr Freund, Schätzchen?», hörte sie ihn fragen.
«Glenn Medeiros», sagte sie, auch wenn ihr Gehirn die Worte Ben und Logan formulierte .
Er lächelte sie an. «Wir holen nur noch jemanden ab, und dann fahren wir Glenn suchen.»
Und damit setzte er ihr die Maske auf, und sie driftete wieder weg.
Der Krankenwagen hielt, und als die Hecktüren aufgingen, hörte Eve Menschen durcheinandersprechen, laut und hektisch.
«Wir haben getan, was wir konnten.»
«Wir haben unser Bestes getan.»
«Lebt er noch?»
«Wir waren uns nicht sicher, was wir tun sollten.»
Eve wusste, dass es Ben war, und sie wartete eine gefühlte Ewigkeit. Komm schon, Ben. Du schaffst das. Du bist doch auch stark. Du schaffst es. Du schaffst alles, und alles wird gut. Sie luden ihn ein. Sie konnte ihn nicht sehen.
«Geht es ihm gut?», fragte sie.
«Machen Sie sich mal keine Sorgen, Schätzchen», antwortete Tony.
«Geht es ihm gut?», fragte sie noch einmal.
«Entspannen Sie sich», sagte Tony.
«Er gehört zu mir!», schrie sie. «Er gehört zu mir, er ist mein Freund!»
«Schon gut, in Ordnung, verstehe, es geht ihm gut, und jetzt entspannen Sie sich.»
Und Eve driftete wieder weg, zum letzten Mal auf dieser furchtbaren Fahrt.
In der Notaufnahme wurde Eve wieder wach, ganz plötzlich, unter gleißenden Scheinwerfern und von Menschen umzingelt. Sie waren alle beschäftigt, und sie versuchte zu ergründen, ob sie Schmerzen hatte oder womöglich vom Hals abwärts gelähmt war.
Jemand hob ihren kaputten Arm, und sie hörte sich schreien. Also doch nicht vom Hals abwärts gelähmt. Das ist gut. Sie war noch immer auf der Trage festgeschnallt und fühlte sich eingeengt. Stimmen
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