Niemand kennt mich so wie du
geben.»
«Stimmt», sagte Eve.
«Möchten Sie vielleicht ein Bonbon?»
«Nein, danke.»
«Ich könnte nach der Schwester klingeln, damit sie Ihnen eins rüberbringt.»
«Nein, aber vielen Dank.»
«Das mit Ihrem Freund tut mir leid.»
«Wen meinen Sie?», fragte Eve und war sich nicht sicher, ob Anne von dem toten Mann oder dem Sonderling sprach.
«Den, nach dem Sie im Schlaf immer rufen», sagte Anne, und als Eve anfing zu weinen, tat sie freundlicherweise so, als würde sie es nicht bemerken.
Alice war genauso unhöflich, wie Lily es befürchtet hatte. Sie öffnete die Tür, trat einen Schritt zurück und musterte Lilys Aufmachung.
«Ah, du siehst toll aus», sagte sie und setzte ein Küsschen in die Luft, «in deinem alten Lieblingsstück.»
Lily hatte schlechte Laune und keine Lust, wie üblich nett zu bleiben, daher fragte sie mit eisiger Stimme: «Ist das neu?»
«Ja.»
«Na ja, wenn du es sofort wieder ausziehst, lässt es sich vielleicht noch umtauschen», sagte Lily im Vorbeigehen, ohne ihre Gastgeberin eines zweiten Blickes zu würdigen.
Adam reichte ihr ein Glas Champagner. «Nicht schlecht», sagte er.
«Ich bin heute Abend nicht in der Stimmung für so was.»
«Habe ich gemerkt.»
Declan hatte den Wortwechsel zwischen seiner Frau und der Gastgeberin gar nicht beachtet. Er war viel mehr daran interessiert, sich mit Rodney über die Operation zu unterhalten, die sie an diesem Tag gemeinsam durchgeführt hatten.
Die Gruppe versammelte sich im Wohnzimmer und wartete darauf, ins Esszimmer gebeten zu werden. Alice war in der Küche – offiziell, um dem Personal vom Partyservice auf die Finger zu sehen, doch in Wirklichkeit überprüfte sie kochend vor Wut den Sitz ihrer Garderobe.
Normalerweise beobachtete Declan Lily auf Partys oder Veranstaltungen aus der Ferne, vor allem in großen Räumen mit fremden Menschen, und sobald er sie im Gespräch mit einem ihm unbekannten Mann sah, rief er sie zu sich. Wenn sie dann kam, sagte er: «Lily, kannst du bitte bei mir stehen bleiben?»
«Warum? Was möchtest du?»
«Meine Frau, falls das erlaubt ist.»
Wenn sie bei solchen Gelegenheiten länger als fünf Minuten verschwand, machte er sich auf die Suche nach ihr.
«Lily! Wo zum Teufel bist du gewesen?»
«Auf der Toilette.»
«Man braucht keine halbe Stunde, um aufs Klo zu gehen. Was führst du im Schilde?»
«Doch, man braucht so lange, wenn man in einem Lokal voller Frauen ist und es nur zwei Toiletten gibt. Himmel noch mal, Declan!»
Und wenn Lily sich mit einem Mann unterhielt, der in Declans Augen allzu offensichtlich Gefallen an ihr fand, machte Declan sie klein, auch wenn er sich dabei manchmal ins eigene Fleisch schnitt.
«Lily, ich bin mir sicher, dass Greg lediglich versucht, höflich zu sein. Welcher Mann interessiert sich schon für Gartenarbeit!»
«Greg ist Gärtner, Declan.»
Bei Rodneys intimen Abendeinladungen ignorierte er Lily jedoch, weil er hier keine Konkurrenz witterte.
Lily und Adam standen gemeinsam am Klavier. Declan wäre eifersüchtig, wenn er nicht glauben würde, dass Adam schwul war. Bereits vor Jahren war Declan zu dieser Überzeugung gelangt – ungeachtet der vielen Frauen, mit denen Adam zusammen gewesen war –, weil Adam nie geheiratet hatte und in Declans Augen das gewisse Etwas besaß. Da er jedoch selbst nicht genau sagen konnte, was er eigentlich damit meinte, nannte er es einfach den X-Faktor. Declan genoss den Anblick schöner Frauen. Adam genoss es, sich mit ihnen zu unterhalten. Declan war gut gekleidet. Adam war elegant. Declan war ein ehemaliger Rugbyspieler, Adam hatte während der Oberstufe Standardtänze getanzt. Lily wusste, dass ihr Ehemann falschlag, bestärkte ihn aber trotzdem in seinem Irrglauben, indem sie ihm nie widersprach. Es war schön, einen männlichen Freund zu haben, dem Declan nicht misstraute. Adam hatte im Laufe der Jahre eingesehen, dass er sich nur dank der irrigen Einschätzung ihres Ehemanns in Lilys Nähe aufhalten konnte. Daher legte er selbst ebenfalls keinen Wert darauf, das Missverständnis aufzuklären, ganz gleich, wie unhöflich oder verletzend Declan wurde, wenn er getrunken hatte.
Auf der Hinfahrt hatte Declan sich über den Umstand lustig gemacht, dass Alice für Adam ein Date arrangiert hatte. «Die reinste Zeitverschwendung», behauptete er.
Lily antwortete nicht. Sie war in Gedanken mit ihrer Reaktion auf Eve beschäftigt, und vor allem mit dem, was Clooney gesagt hatte. «Du bist also immer
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