Niemand kennt mich so wie du
ein junges Mädchen namens Rosy Carey Eric Claptons «Tears in Heaven» sang, blieb kein Auge trocken. Bens Vater hielt eine Rede, sprach über den Sohn, den er geliebt und verloren hatte, und betonte besonders, dass Ben nach einer kurzen Rüpelphase nach dem Tod seiner Schwester zur wertvollen Stütze seiner Mutter geworden war. Er trug das sichere Wissen in seinem Herzen, dass sie auf der anderen Seite auf ihn warten würde, um ihn willkommen zu heißen. In Anlehnung an das Lied fuhr der Vater fort, dass er sich sicher sei, sie wüsste seinen Namen, wenn sie ihm im Himmel begegnete. Er sprach über Bens Entschlossenheit, über seine Liebe zur Musik und zum Reisen. Er erwähnte Bens schöne Frau Fiona und das Glück, das sie in sein Leben gebracht hatte. Schließlich stellte er Bens Großzügigkeit heraus und schaffte es sogar, einen Witz über ihn als Organspender zu machen.
«Bens Organe gehen also an fünf glückliche Empfänger. Nein, wohl eher nur vier – seien wir ehrlich, seine Leber kann man sicher keinem mehr zumuten.»
Die Anwesenden lachten herzlich, dankbar für einen Augenblick der Leichtigkeit in ihrer bleischweren Trauer.
Auf dem Friedhof spielte und sang ein Freund von Ben «I Miss You» von Blink 182, während Bens sterbliche Überreste der Erde übergeben wurden.
Lily hatte sich ganz hinten in die Kirche hineingequetscht und hielt sich auf dem Friedhof ein wenig abseits. Sie hatte hier nicht wirklich etwas verloren. Sie hatte mit Ben Logan zeit seines Lebens kein einziges Wort gewechselt. Für sie war er lediglich der Junge von der Bowlingbahn, der seine Augen nicht von Eve wenden konnte. Die Beziehung zwischen ihm und Eve hatte in dem Sommer begonnen und geendet, als Lily im Süden gearbeitet hatte, und ihre Erinnerungen an ihn beruhten allein auf Eves Beschreibungen in ihren Briefen. Diese Briefe waren Lilys Langzeitrettungsleine zu ihrer alten Freundin. Sie hob jeden einzelnen in der geheimen Schuhschachtel auf, in die ihr Sohn seine Nase gesteckt hatte, zusammen mit einigen Bildern von ihnen beiden aus einer Zeit, in der sie jung und unzertrennlich gewesen waren.
Fiona entdeckte Lily, als sie vom Grab ihres Mannes weggeführt wurde, und bedankte sich dafür, dass sie gekommen war. Sie erkundigte sich nach Eve, und Lily sagte, dass sie zwar einen weiten Weg vor sich habe, es aber schaffen würde. Fiona schien sich darüber zu freuen. Sie hatte Eves Geschichte akzeptiert, und plötzlich sah Lily keinen Grund mehr, die Lüge zu torpedieren. Fiona lud sie zum Leichenschmaus ins Hotel ein, doch Lily entschuldigte sich und ließ die Menschen hinter sich, die Teil von Bens Welt waren. Sie würde Eve erzählen, was für ein beliebter, guter Mensch Ben gewesen war, dass er geliebt und geschätzt wurde und dass viele ihn für immer vermissen würden.
Eve war sich trotz ihrer tiefen Gefühle für Ben im Klaren darüber, dass es besser gewesen wäre, ihre Beziehung in der Vergangenheit ruhen zu lassen. Im Grunde war sie für ihn immer eine Phantasiefigur geblieben und er Teil eines anderen Lebens, an dem sie versucht hatte festzuhalten. So real ihre Gefühle für ihn waren, ihre Beziehung war es nicht. In den ersten Tagen, als sie wie ein Häuflein Elend im Bett lag, dämmerte ihr, dass sie Ben eigentlich überhaupt nicht gekannt hatte. Wäre sie zu dieser Beerdigung gegangen, wäre der Ben, der dort beschrieben wurde, ihr ebenso fremd gewesen, wie er es für Lily war.
«Auch die besten Menschen machen Fehler», sagte sie und meinte Ben damit, nicht sich selbst.
«Ja, das tun sie», stimmte Lily ihr zu.
«Ich war einfach nur so müde und einsam.»
«Einsam musst du nicht mehr sein», sagte Lily.
In diesem Augenblick wusste Eve, dass sie ihre Freundin wiederhatte. Sie wartete, bis Lily das Zimmer verließ, und zog sich die Decke über den Kopf, um in Frieden zu weinen.
«Weint sie schon wieder, Anne?»
«Ja, sie weint schon wieder, Beth.»
«Himmel, also so eine Heulsuse ist mir wirklich noch nicht untergekommen!»
«Lass sie einfach in Ruhe, Häschen. Das wird schon wieder, wenn Gott will.»
Bens alte Bandkollegen blieben auch nach der Trauerfeier noch da. Billy war eigens aus Amerika angereist, um von seinem alten Freund Abschied zu nehmen. Bens Cousin Tom war aus Frankreich gekommen, Finbarr und Mark lebten noch in der Gegend und waren über all die Jahre eng befreundet geblieben. Es war ein tragisches und lange überfälliges Wiedersehen.
Sie schlossen sich den übrigen Gästen
Weitere Kostenlose Bücher