Niemand lebt von seinen Träumen
schnell.
»Nein, nicht gerade. Lebt bereits seit 1938 hier. Er ist wegen politischer Schwierigkeiten nach Amerika eingewandert. Jude … Sie verstehen. Soviel ich weiß, stammt er aus Wien. Ist also Österreicher. Ein ziemlich bekannter Mann. Er wird vielerorts als ein Kunstpapst bezeichnet. Die anspruchsvollsten und reichsten Leute zählen zu seinem Kundenkreis. Er hat im Laufe der Jahre, so heißt es, kostbarste Bücher und sehr wertvolle Kunstgegenstände in aller Welt zusammengekauft. Besonders bekannt geworden ist er durch die Tatsache, daß er einer der wenigen Privatmänner ist, die eine echte Gutenberg-Bibel ihr eigen nennen. Das stand, ich erinnere mich jetzt wieder ganz genau, vor einigen Jahren groß in allen Zeitungen.«
»Wunderbar!« Barron gab Bluet die Hand. »Sie machen mir wieder Mut, Mr. Bluet. Wenn dieser Professor Krausz ein Österreicher ist, wird er mir auch helfen, Susanne herüberzubringen. Schließlich sprechen wir ein und dieselbe Sprache.«
Sie verließen das Büro, und Bluet begleitete sie bis an die Außentür des Hochhauses.
Als sie im Wagen saßen und durch den dichten Verkehr der City von Cleveland fuhren, faßte Barron Dr. Yenkins leicht am Arm.
»Wir müssen sofort versuchen, ob in Wien der Aufenthalt von Professor Krausz bekannt ist. Bestimmt hat er bei seiner Europareise auch seine alte Heimat besucht. Was hältst du von dieser Idee, Percy?«
Yenkins steuerte den Wagen sicher und elegant durch die langen Wagenschlangen und brauste dann auf einer Ausfallstraße zurück zu seinem geliebten Erie-See.
»Ich glaube, es ist besser, erst einmal zum Büro von Professor Krausz zu fahren und mit dem Sekretär zu sprechen. Der muß doch die Reiseroute seines Chefs kennen und vor allem Nachricht haben, wo dieser sich gerade aufhält. Aber vorher fahren wir ins Regency. Uns tun ein guter Whisky und eine kleine Zwischenmahlzeit ganz gut. – Menschenskind, Frank, du bist ja völlig auf den Hund gekommen. Wie gut, daß ich hier keinen Spiegel zur Hand habe. Du würdest vor dir selbst erschrecken.«
»Es ist auch furchtbar, dieses Warten, und zur Untätigkeit verurteilt zu sein!«
Frank Barron lehnte sich in die weichen Lederpolster des Wagens zurück. »Da liebt man ein Mädchen, schuftet Tag für Tag, um etwas zu werden und sie zu heiraten – man erreicht sein Berufsziel und könnte wunschlos glücklich sein – doch der eigentliche Sinn des Lebens, eben dieses Mädchen, ist unerreichbar fern. Wenn das kein Grund ist, jeglichen Optimismus zu verlieren … Aber das kann wahrscheinlich nur jemand empfinden, der ein Mädchen so liebt, wie ich meine Susanne liebe.«
11
»Das ist ja ein tolles Stück!«
Kapitän Kim Brake stand auf der Brücke und lehnte sich gegen den Maschinentelegraphen. Vor ihm stand, schmutzig und verschmiert, mit wirren aufgelösten Locken und schwarzen Kohlenflecken auf den Backen, Susanne Braun und schaute zu Boden. Pit und Johnny standen neben ihr und grinsten über das ganze Gesicht.
»Was soll nun mit Ihnen werden?« Kim Brake sah sich hilfesuchend nach seinem Steuermann Jens Vondel um, der mit verkniffenem Gesicht am Ruder stand. »Ich kann Sie doch nicht nach Amerika mitnehmen!«
»Warum denn nicht?« Susanne sah den Kapitän mit ihren großen Augen flehend an. »Bin ich denn so schwer, daß das Schiff untergehen würde?«
»Höhö!« lachte Johnny und hieb sich auf die Schenkel. »Die Kleene is jut!«
»Halt's Maul«, brüllte der Kapitän. »Das kostet mich mein Kapitänspatent, wenn das herauskommt! Blinde Passagiere werden immer ans nächste erreichbare Land gesetzt. Rücksichtslos! Auch Frauen! Und ich mache keine Ausnahme!«
Jens Vondel schielte hinüber. Seine Pfeife wippte zwischen den Lippen auf und nieder.
»Haben Sie denn das Abblasen nicht gehört? Dreimal habe ich das Signal geben lassen: Alles von Bord.«
»Ich weiß. Da lag ich schon im Ladebunker.«
Susanne blickte Jens an. »Ich bin ja gar nicht aus Zufall hiergeblieben – ich wollte mitfahren.«
»Kesse Nudel«, meinte Johnny, der Berliner. Kim Brake streifte ihn mit einem wütenden Blick.
»Das heißt also, Sie haben sich ganz bewußt als blinder Passagier eingeschmuggelt? Wo haben Sie denn den Tabakskasten her?«
»Den habe ich dem Zigarettenfräulein für zwanzig Mark abgekauft. Sonst wäre ich doch nie an Bord gekommen.«
Kim Brake riß erstaunt die Augen auf. Das war ihm in seiner ganzen Seemannspraxis noch nicht vorgekommen – ein Mädchen schmuggelte sich vor aller
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