Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Niemand lebt von seinen Träumen

Niemand lebt von seinen Träumen

Titel: Niemand lebt von seinen Träumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
hilflos ›Bäh‹ sagen. Ich habe das Gefühl, diese Susanne macht uns noch etwas vor …«
    Als Dr. Yenkins wieder draußen auf dem Flur stand und durch den langen Gang des Verwaltungsgebäudes blickte, dachte er angestrengt darüber nach, wie er mit Frank Barron überzeugend sprechen sollte. Er lehnte sich an das Geländer der breiten Treppe und steckte sich eine Zigarette an.
    Es ist verdammt schwer, dachte er, einem Verliebten Vernunft zuzusprechen.

16
    An einem herrlichen Sonnentag standen Susanne und Professor Krausz an der Reling und unterhielten sich über Susannes Zeit als Kunststudentin. Da tauchte in der Ferne schemenhaft die Inselgruppe der Azoren auf.
    Susannes Herz krampfte sich plötzlich zusammen. Land! Zwar sollte die ›Giesela Russ‹ dort keinen Hafen anlaufen, aber in Susanne klomm trotzdem Angst empor. Solange sie um sich herum nichts als Wasser wähnte, hatte sie sich sicher gefühlt. Könnte es nun nicht sein, daß Kapitän Brake es sich anders überlegt hatte und seinen blinden Passagier nicht doch lieber loswerden wollte? Vielleicht siegte das Pflichtgefühl in ihm. Oder fürchtete er um seine Existenz? Immerhin hatte sie, Susanne, ihn in eine riskante Situation gebracht. Wenn die Sache herauskam, konnte das sein Kapitänspatent kosten.
    Susanne wurde mit einem Mal richtig bewußt, daß sie mit ihrem Ziel vor Augen die Konsequenzen für die anderen nicht bedacht hatte. Der Gedanke schmerzte sie sehr. Auf keinen Fall sollten andere für ihr Glück bezahlen.
    Susanne schnürte es die Kehle zu. Unsicherheit und Angst legten sich über die glückselige Unbeschwertheit der letzten Stunden.
    Professor Krausz merkte sofort, daß in seiner Gesprächspartnerin eine Veränderung vorgegangen war. Als er die langsam größer werdenden Inseln sah, glaubte er zu wissen, was Susanne bedrückte.
    »Machen Sie sich keine Gedanken, mein Kind. Solange ich in Ihrer Begleitung bin, können Sie sich sicher fühlen.«
    Susanne lächelte etwas gequält. Ihr Gesicht bekam dadurch einen rührend-kindlichen Ausdruck.
    »Ich gebe zu, daß ich beim Anblick der Inselgruppe ein wenig verzagt wurde«, sagte sie leise.
    Sie trat von der Reling zurück und legte sich unter einen der breitgestreiften bunten Sonnenschirme. Professor Krausz rückte einen kleinen Tisch in ihre Nähe, auf dem eine Glasschüssel mit herrlichem, frischem Obst stand, und setzte sich dann neben Susanne in einen bequemen weißen Korbsessel.
    »Wissen Sie übrigens, daß unser Kapitän Ihnen Ihre Erzählung anfangs nicht so recht glauben wollte?« sagte er, als sei es eine Nebensächlichkeit.
    »Oh!« Susanne fuhr alarmiert auf und wurde augenblicklich blaß vor Angst. »Will er mich doch absetzen und der Polizei übergeben?«
    »Nein, nein.« Der Professor hob beruhigend die Hand. »Es ist nur so, daß ein Mann sich nicht so recht vorstellen kann, wie ein Mädchen allein, nur mit dem Willen, seinen Liebsten zu sehen, einfach ein Schiff, das nach Amerika fährt, besteigt, sich im Ladebunker versteckt und auf die Dinge harrt, die da kommen werden. Männer tun wagemutige Dinge öfters; sei es aus Abenteuerlust, aus Angst vor gerichtlichen Strafen, aus Hunger oder Not. Aber ein Mädchen, eine Studentin, die nichts anderes will, als eben bei ihrem Verlobten sein, das ging dem alten Kim Brake nicht ganz ein. Deshalb hat er einmal in Ohio angefragt.«
    »Und?« Susanne sprang auf. Ihre Augen leuchteten. »Hat er Frank telegrafiert? Mein Gott, sagen Sie es mir, Herr Professor, sprechen Sie doch … hat er Franks Antwort da? Ich wollte den Kapitän schon immer bitten, Frank mitzuteilen, daß ich zu ihm komme … aber ich habe nie den Mut gehabt, ihm das zu sagen …!«
    Krausz schüttelte den Kopf.
    »Nein. Er hat die Polizei gefragt. Es stimmt, sagte er mir vorhin. Ein Frank Barron wohnt in Cleveland, Ohio, und ist Ingenieur bei der Ohio Steel Company. Selbst daß er eine deutsche Braut mit Namen Susanne Braun hat, weiß man bei der Polizei. Ihr Verlobter wollte nämlich vor einem halben Jahr über das Präsidium einen Paß für Sie beantragen.«
    Susanne hatte die Hände auf das Herz gepreßt und schaute über das Meer.
    »Und ich darf mit nach Amerika fahren?« flüsterte sie.
    »Aber ja. Haben Sie jemals daran gezweifelt?«
    Sie nickte. Wieder kamen ihr die Tränen, aber dieses Mal waren es Tränen des Glücks und der Freude. Ein Schluchzen ließ ihren schlanken Körper erbeben. Dann sank sie auf den Liegestuhl zurück und bedeckte das Gesicht mit beiden

Weitere Kostenlose Bücher