Niemand lebt von seinen Träumen
bekommen. Das Mädel ist nicht mit Gold zu bezahlen!«
»Ich würde sie auch nie verkaufen«, scherzte Barron schwach.
Dr. Yenkins ging an die Karte von Amerika, die über Franks Schreibtisch an der Wand hing, und blieb vor ihr stehen. Er legte seinen Zeigefinger auf einen großen, großen roten Punkt: New York.
»Für uns heißt das jetzt, am vierzehnten auf der Wacht zu sein und in New York Susanne an Land zu bringen.«
»Unter Umgehung der Polizei?«
»Natürlich. Wird sie erwischt, kannst du ihr gleich wieder Adieu sagen. Du weißt ja, was mit illegalen Einwanderern passiert. Sie werden nicht einmal mehr interniert, sondern kommen sofort in ein Gefängnis, von wo aus sie dann nach Verbüßung ihrer Strafe nach Europa abgeschoben werden. Dieses Schicksal müssen wir deiner Susanne auf alle Fälle ersparen. Aber dazu haben wir ja Gott sei Dank unseren lieben, schweren Jungen Jack Crecco.«
»Du willst wirklich diesen Gangster einschalten?« Frank Barron schaute seinen Freund zweifelnd an.
»Aber ja!« Der Rechtsanwalt nickte lebhaft. »Wenn jetzt einer helfen kann, ist es Crecco. Der Bursche kennt jeden Winkel an der Küste und schmuggelt eine Kompanie vor den Augen der Polizei an Land.«
»Na, na, na«, meinte Frank ungläubig.
»Du wirst schon sehen. Warte es ab. Morgen fliegen wir erst einmal nach Atlantic City. Dort wohnt der liebe Crecco nämlich. Dann werden wir schon weiter sehen.«
Atlantic City besitzt wie jede größere Stadt schöne und weniger attraktive Stadtviertel. Den Teil, in dem Jack Crecco wohnte, konnte man getrost und ohne Übertreibung ein Drecknest nennen. Nicht überall in dieser Stadt ist es gerade so schmutzig. Gar nicht so weit entfernt, beginnen bereits die breiten Straßen mit großen und teuren Geschäften. Aber für Jack Crecco waren diese Viertel zu vornehm für seine Transaktionen, die sich größtenteils erst bei Einbruch der Dunkelheit abspielten.
Crecco war in der Zeit der Prohibition berühmt geworden, jener Epoche der amerikanischen Geschichte, in der man den Alkohol verbot und dadurch den Konsum an Alkohol um 400 % steigerte. Denn wer vorher nicht trank, wurde jetzt durch das Verbot auf diesen Genuß erst recht aufmerksam und begann Geschmack auf alkoholische Getränke zu bekommen. Für Schwarzgeschäfte bedeutete die Prohibition eine ausgesprochene Blütezeit. Alles, was die Schmuggler auf ihren schnellen Motorbooten außerhalb der Drei-Meilen-Zone aufluden und unter Feuergefechten mit der Wasserschutzpolizei und den Zollbeamten an Land brachten, verkauften sie mit 300 % Aufschlag.
Unter diesen Schmugglern, an der Spitze ›König Al Capone‹, war Jack Crecco einer der bekanntesten und raffiniertesten Gauner. Während man Al Capone ab und zu faßte und gegen Kaution freilassen mußte, entwischte Crecco fast stets. Er kannte die Küste und ihre Schlupfwinkel besser als seine Hose, von der er überhaupt nicht viel hielt und deshalb auch ebensowenig pflegte wie sein Hemd und seine Fingernägel. Für Jack Crecco gab es auf der Welt nur eine große Leidenschaft, der er mit allen Mitteln huldigte: Der Kampf gegen das Gesetz und die Behörde.
Als deshalb ein kluger Senat den Alkohol wieder frei verkaufen ließ und die Prohibition aufhob, wurde Crecco nicht wie so mancher Schmuggler arbeitslos und entwickelte sich zum Killer, sondern er suchte sich einen anderen Job. Er fand ihn im Schmuggel von Menschen.
Dieses Gebiet regierte er nach drei Jahren allein, nachdem er kleine Konkurrenzen auf rätselhafte Art verschwinden ließ. Bald gab es an der nordamerikanischen Küste nur noch die Motorboote Creccos, wenn es hieß, einen Einwanderer illegal in die Staaten zu schleusen. Was er bei diesem Geschäft verdiente, machte den Verlust wett, den er bei der Aufhebung der Prohibition einstecken mußte.
Dr. Yenkins kannte Crecco seit langen Jahren. Crecco kam zu ihm, wenn er einmal einen juristischen Rat brauchte, und er benötigte in letzter Zeit so manchen Ratschlag.
»Du wirst alt, Jack«, sagte Yenkins dann immer. »Früher haben die Cops dich nie erwischt.«
Dann war Crecco zerknirscht, rauchte eine nach der anderen und mußte sich mit ein paar Gläsern schottischen Whiskys beruhigen, ehe er wieder der alte war und rauh lachte.
»Du haust mich schon wieder raus, alter Rechtsverdreher!« lachte er. »Wenn du es nicht schaffst, dann kriegst du von mir so viele Ohrfeigen, wie ich Tage aufgebrummt bekomme!«
Dr. Yenkins kam nie in Gefahr, diese Abrechnung begleichen zu
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