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Niemand

Niemand

Titel: Niemand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Rensmann
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und wirbelte dabei Laub auf. Sein Weinen ging in ein Kreischen über.
    Fräulein Klimper fluchte, schien sich aber nicht verletzt zu haben. Lilly lag neben ihr auf dem Boden, ihr lebloser Körper lag frei, gebettet auf der Decke in die Nina sie gewickelt hatte. Es war die Decke, die Nina in der Ecke des Schrankes entdeckt, aber nicht freibekommen hatte – bis der Korpus durch Niemand Sonsts Gewaltausbrüche in sich zusammengefallen war. Aber das wurde Nina erst in diesem Moment bewusst.
    Lillys rechte Vorderpfote zuckte.
    »Lilly?«
    Sie öffnete die Augen. Endlich!
    »Hab ich ihn erwischt?«
    Nina drückte die Katze an sich. Sie lebte! So sehr sich Nina auch freute, es blieb ihr keine Zeit zu fragen, ob es Lilly gut ging – hinter ihr brüllte Niemand Sonst. Sie drehte sich um. Petit schrie. Wo steckte Anton? Und wohin war Fräulein Klimper plötzlich verschwunden?
    Was hatte sie mit ihrem Wunsch nur angerichtet?
        

64.

    Niemand Sonst hatte Anton einen schmerzhaften Tritt verpasst, bevor er sich auf Nina geworfen hatte. Der einstige Drecksack war einige Meter in die Burg zurückgeschleudert worden und hatte keine Chance gehabt, mit den anderen zu entkommen.
    Die Rote Armee patrouillierte vor ihm auf und ab. Regungslos, ohne Ziel, ohne Anweisung und Willen. Angst vor der Armee verspürte Anton nicht. Aber Niemand Sonst war nun bei Nina und bei Petit. Sorgenfalten gruben sich in seine Sackstirn, wie eingenähte Kniffe. Die Sorge um seinen Ziehsohn ließ ihn säuerlich stinken. Er ignorierte den Geruch, der sich nun mit Pfefferminz mischte – Mut.
    Mut und Kraft und Elan. Für Petit! Anton knotete seinen Sackquast auf, sein kordeliges Toupet umklammerte er so feste, dass sich seine Sackstummelarme an der Spitze weiß färbten. Er legte sich flach auf den Boden und öffnete seinen Schlund, einmal atmete er tief durch, dann saugte Anton wie ein Staubsauger und schluckte wie ein Schluckspecht. Sein Sack plusterte sich auf, füllte sich mit rotem Glibber, der seine Falten glättete. Er saugte. Und würgte. Er war voll bis unter den Rand, aber ein bisschen musste noch rein. Dann schnappte er zu! Kordel drum, ausatmen – fertig. Anton rieb sich den Bauch. Er hatte sich eine andere Füllung für seinen Sack gewünscht. Sei’s drum. Nun war er nicht nur Niemand Sonst entkommen, sondern hatte auch die Rote Arme eliminiert. Er war ein Held. Ein roter, runder, fetter Helden-Drecksack.
    Schade, dass Anton keine Wimpern hatte, dann könnte er sich eine ausreißen und Fräulein Klimper käme angeplingt. Nina hatte einen Wunsch vergeben und Fräulein Klimper war nicht mehr an sie gebunden. Aber keine Wimper, keine Fräulein Klimper. Prall gefüllt und in kräftigem Rot, von innen frisch durchtränkt, hüpfte er durch das unbewachte Burgtor.
        

65.

    »Wo ist denn nun dein Niemand? Ich hab gehört, dass du dich zu ihm gewünscht hast, in dem Moment als meine Rote Armee die Mauern freigegeben hat. Du cleveres Ding.« Nina blickte geradeaus, nach links, nach rechts. Sie konnte Niemand Sonsts Stimme nicht orten. »Aber hier ist nichts, und der blöde Sack und die noch dümmere Klimper-Fee sind auch nicht mehr da. Alle lassen dich im Stich! Wie schade.« Mit Spott versuchte Niemand Sonst, Nina in die Enge zu treiben.
    Es gelang ihm.
    Er lachte. Sie spürte seinen Atem in ihrem Gesicht und sah nach oben. Niemand Sonst musste an dem herüberhängenden Ast baumeln, der sich unter seinem Gewicht tief nach unten neigte.
    Sie hatte eine Chance.
      
    Lilly krallte sich an der Decke fest und zog sie mit sich, als Nina sie ruckartig hochriss und in Richtung des heulenden Trauerkloßes rannte. Kümmerte sich Anton nicht mehr um ihn? Lilly schüttelte den Kopf. Wo waren sie überhaupt? Wo war Anton? Sie musste lange bewusstlos gewesen sein. Verdammt!
    »Was ist eigentlich los?« Das Sprechen fiel ihr schwer, weniger wegen des Tritts, den sie erhalten hatte, vielmehr lag es an Ninas Laufschritt, der Lillys Zähne aufeinanderschlagen ließ.
    »Halt Petit fest!« Während sie lief, drückte Nina den weinenden Trauerkloß zwischen Lillys Vorderpfoten und schlang die Decke um beide.
        

66.

    Obwohl Anton wie ein praller Punchingball aussah, bewegte er sich rasch vorwärts. Sein Ziel: der Thron, denn dorthin würde Niemand gehen. Jetzt oder später. Und er hoffte, dort auch Nina mit Petit zu treffen.
    ******

    Niemands Ziel hieß Nina und dennoch führte er die Niemandsländer zum Thron. Er wusste, dass der Thron beschützt

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