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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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wurde mit einer anscheinend trivialen Frage beendet, nämlich wie und wohin diese Gruppe verlegt werden sollte. Da es für die eventuelle Operation keine sensiblen finanziellen Beschränkungen zu geben schien, kamen die Herren zu dem Ergebnis, daß es am besten sei, irgendwo in der Nähe ganz einfach eine Villa zu mieten, jedenfalls außerhalb der Militärbaracken der Fallschirmjägerschule oder der Fliegergruppe F 6. F 6 würde allerdings Konferenzzimmer und Vorräte zur Verfügung stellen, und außerdem konnten alle Flüge von dort erfolgen. Der stellvertretende Leiter der Fallschirmjägerschule erhielt den Auftrag, sich auf dem Immobilienmarkt umzusehen, und Major Edvin Larsson nahm Luigi mit, um die Materialbeschaffung zu besprechen.
    Der Leiter der Fallschirmjägerschule sollte eine Anzahl von geeigneten Reservisten einberufen, um mit der Zusammensetzung der Übungsgruppe zu beginnen.
    Sie fühlten sich spürbar erleichtert, als sie den Konferenzraum des Chefs verließen. In dem mit Keramikplatten gefliesten Korridor, der ihre Schritte zwischen den dicken Mauern widerhallen ließ – Karlsborg war einmal als Festung für den Endkampf um Schweden errichtet worden –, sprachen sie über alltägliche Dinge, wie man es tut, wenn man sich ein paar Jahre nicht gesehen hat. Sie haben dich also zum OP 5 geholt. Und jetzt gehörst du zur Führungsgruppe? Ich nehme an, daß du diese Zeit in den USA verbracht hast. Aha, mit jedem Jahrgang haben sich mehr Leute beworben, usw.
    Als sie Edvin Larssons kleines Dienstzimmer betraten, wurden sie ernst und setzten sich schweigend hin. Edvin Larsson holte einen gewöhnlichen weißen Notizblock aus der Schreibtischschublade und einen Plastik-Kugelschreiber, wie man ihn für ein paar Kronen an jeder Tankstelle kaufen kann. Luigi betrachtete seinen alten Ausbilder. Dieser hatte sich kaum verändert, sah vielleicht nur etwas weniger kindlich aus und achtete offenbar sehr darauf, in Form zu bleiben. Nicht sonderlich erstaunlich angesichts seines Jobs.
    Der Kugelschreiber faszinierte Luigi. Ein gewöhnlicher Kugelschreiber aus blauem Plastik, der auf dem unbeschriebenen weißen Blatt eines Notizblocks lag; das sah so einfach und trivial aus angesichts dessen, was sie jetzt dort notieren sollten; ein Computerbildschirm wäre angemessener gewesen.
    »Also, dann legen wir los«, sagte Edvin Larsson leichthin.
    »Zunächst mal geht es ums Gewicht. Was meinst du?«
    »Zwanzig Kilo pro Mann wie gewöhnlich und dann noch fünfhundert Kilo in einem Kolli. Ich nehme an, wir brauchen einen Para-Point. Habt ihr solche Dinger?«
    Edvin Larsson schüttelte den Kopf und notierte am oberen Ende der leeren weißen Seite das Gewünschte.
    »Hast du Erfahrungen im Umgang mit denen?« fragte er, als er diesen ersten Punkt auf seiner Liste vermerkt hatte.
    »Ja«, erwiderte Luigi kurz. »Ich habe es rund zehn Mal gemacht. Es ist recht wichtig, wenn man für solche Operationen übt.«
    »Und das hast du getan?«
    »Ja.«
    »Jedenfalls nicht hier bei uns.«
    »Nein.«
    »Brauchen wir zwei oder mehr?«
    »Zum Üben ja. Für künftigen Gebrauch vielleicht, aber für die eigentliche Operation nicht mehr als einen, falls nicht ein zweiter als Reserve dient oder wir zwei Teams bilden müssen. Soviel ich weiß, ist das jedoch nicht geplant.«
    Sie blickten sich kurz an, ohne etwas zu sagen. Sie redeten um den heißen Brei herum und drückten sich gleichzeitig geheimnisvoll aus, während es im Hinblick auf den weißen Notizblock unbedingt konkret werden mußte.
    Ein Para-Point ist ein Fallschirm, der über Funk ferngesteuert wird, um Material zusammen mit einem Trupp Fallschirmjäger an den Einsatzort zu bringen. In Schweden wird diese Technik aus dem einfachen Grund nicht verwendet, weil die Fallschirmjäger hauptsächlich auf eigenem Territorium operieren sollen, selbst im Krieg. Ferner geht man davon aus, daß die Ausrüstung von zwanzig Kilo pro Mann, die jeder bei sich hat, reichen wird.
    Konkret ging es bei dem Gespräch also darum, daß sie einen Einsatz tief auf sowjetischem Territorium planten, und das im Winter. Anders ließ sich die Vorgabe nicht deuten. Was beiden klar war.
    »Wäre es nicht praktischer, du würdest mich etwas mehr einweihen?« fragte Edvin Larsson leise. Die Frage wirkte nicht im mindesten unpassend oder aufdringlich, wie knallrot die Geheimhaltungsstempel des Oberbefehlshabers auch wirken mochten.
    Luigi dachte ganz kurz nach. Und fand es sehr leicht, einen Entschluß zu

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