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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Verteidigungsminister unbekümmert und munter fort, »aber wie Sie vielleicht verstehen werden, Fregattenkapitän Hamilton, haben wir so zu Anfang eine Menge aufzuräumen. Nehmen Sie nur eine Sache: Ich habe beispielsweise dreiundsechzig Abteilungsleiter, die mir direkt unterstellt sind, alle mit dem gleichen Recht auf freien Zugang zu mir und auf meine Zeit.«
    »Das kommt mir aber unpraktisch vor«, erwiderte Carl erstaunt, einmal wegen der Regelung, zum anderen wegen des merkwürdigen Gesprächsthemas.
    »Ja, mein Vorgänger im Amt«, erklärte der Verteidigungsminister amüsiert, »hat in einem wütenden Anfall von Demokratie beschlossen, daß alle gleich sind oder daß niemand vornehmer ist als die anderen oder so. Das hatte zur Folge, daß dreiundsechzig Personen, angefangen bei der Chefin der Freiwilligen Frauenhilfsdienste der Landesverteidigung bis hin zum Vorsitzenden von Volk und Verteidigung bis hin zu den regionalen Musikkorps und was es sonst noch sein könnte, ständig bei mir Schlange stehen, um mir in den verschiedensten Angelegenheiten Vortrag zu halten.«
    »Hört sich anstrengend an, aber dieses System wird jetzt wohl mit etwas weniger Demokratie reformiert werden«, erwiderte Carl im Ton ausdrucksloser und neutraler Höflichkeit.
    Der Verteidigungsminister bremste sich und musterte Carl, ob dieser den letzten Satz ironisch gemeint hatte. Carl erwiderte den Blick jedoch nur freundlich und abwartend.
    »Nun ja, die Demokratie können wir da draußen anwenden!« sagte der Verteidigungsminister und zeigte aus einem der großen Fenster.
    »Sie meinen im Außenministerium, Herr Minister?« fragte Carl belustigt. Er hatte die Linie des ausgestreckten Arms weiterverfolgt und war genau dort gelandet.
    »Nein, nein«, lachte der Verteidigungsminister. »Habe ich in die falsche Richtung gezeigt? Ich meinte ein paar Straßenblocks weiter, also im Reichstag.«
    »Aha«, sagte Carl.
    »Nun, jetzt fragen Sie sich vielleicht, Fregattenkapitän Hamilton, warum ich Sie hergebeten habe?«
    »Selbstverständlich«, bestätigte Carl.
    »In der Schlußphase des Wahlkampfs ist es ja ein wenig hektisch gewesen, wenn ich an die Forderungen der jetzigen Opposition denke, bestimmte Leute zu entlassen, Truppenteile aufzulösen, und so weiter«, fuhr der Verteidigungsminister schnell fort, als hätte er die Absicht, nunmehr zur Sache zu kommen.
    »Folglich ist es wohl auch in dieser Hinsicht glücklich, daß die Wahl so ausgegangen ist, wie wir es erlebt haben, denn dies ist ja eine recht tragikomische Geschichte.«
    Carl überlegte, was an der Operation Dragon Fire »tragikomisch« sein konnte, brachte es aber nicht zusammen. Er wahrte weiterhin seine Maske und machte keine Anstalten, etwas zu sagen.
    »Ja, ich habe Samuel Ulfsson hier zu einem kürzeren Vortrag bei mir gehabt, nämlich über Ihre jetzigen Funktionen, Fregattenkapitän Hamilton. In der Praxis dürfte man es ja als die Funktion des stellvertretenden Chefs ansehen. Nicht wahr, ist diese Beschreibung nicht korrekt?«
    »Nun ja«, erwiderte Carl zögernd, da er einer direkten Frage seines höchsten Vorgesetzten nicht ausweichen konnte, »es ist möglicherweise eine etwas übertriebene Beschreibung. Ich würde sagen, daß ich eher so etwas wie ein allgemeiner Gehilfe von Flottillenadmiral Ulfsson bin. Wir haben versucht, aus der Not eine Tugend zu machen, denn ich kann mich ja nicht nach Belieben von einer unserer Deckadressen zur nächsten bewegen.«
    Carl verstummte. Er sah keinen Anlaß, weiterzusprechen, bevor ihm klar war, worauf der Verteidigungsminister hinauswollte. Dieser lächelte still vor sich hin, als wollte er erst jetzt zur eigentlichen Pointe kommen. Und so war es auch.
    »Ich habe die Angelegenheit mit dem Ministerpräsidenten besprochen, und wir sind uns vollkommen einig«, begann der Verteidigungsminister ein wenig feierlich, »und wir haben beschlossen, die offenbar schon herrschende Organisation offiziell zu machen. Zweitens werde ich bei der Kabinettssitzung am Donnerstag einen Vorschlag außerhalb der Tagesordnung vorbringen, der bis jetzt also nur dem Ministerpräsidenten und mir bekannt ist.«
    »Aha«, sagte Carl und neigte den Kopf zu einem langsamen Nicken, als erwartete er einen Befehl.
    »Am Donnerstag wird das Kabinett also beschließen, Fregattenkapitän Hamilton zum Kapitän zur See und stellvertretenden Chef des OP 5 zu ernennen«, sagte der Verteidigungsminister schneidig, da er jetzt zur Sache gekommen war.
    Carl verriet mit

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