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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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etwas, Kapitän!« rief der Ministerpräsident hinter Carl her, als dieser sich gerade an den mit großen Augen glotzenden Delegationsmitgliedern vorbeidrängen wollte.
    »Ja, Herr Ministerpräsident?« sagte Carl und wandte sich um.
    »Korrigieren Sie die Rangabzeichen an Ihrer Uniform so schnell wie möglich«, sagte der Ministerpräsident.
    »Zu Befehl«, erwiderte Carl kurz und drängte sich an den Wartenden vorbei.
    Ihm war unbehaglich zumute, und er hatte das vage Gefühl, daß sich plötzlich alles gegen ihn verschworen hatte. Der Gedanke, nach Moskau zu reisen, widerstrebte ihm schon an sich, und noch schlimmer wurde es dadurch, daß er einen unklaren Auftrag hatte. Als er die Glas und Stahltüren in Rosenbad verließ, ging ihm auf, daß etwas anderes vermutlich noch schlimmer war. Er mußte Tessie erklären, daß es keine Reise nach Kalifornien geben konnte, zumindest nicht im Augenblick. Er war nicht sicher, wie sie es aufnehmen würde, wenn er ihr sagte, eine Moskaureise sei der Grund. Ausgerechnet Moskau. Und diese Moskaureise sei angeblich so wichtig, wenn auch geheim, daß sie allem anderen vorgehe.
    So wie die Politiker die Angelegenheit jetzt komplizierten, war es überdies wahrscheinlich, daß die schwedische Seite gezwungen sein würde, die finnische Verantwortung zu übernehmen. Dabei wären die rein praktischen Dinge für die Finnen viel leichter zu bewältigen. Sie würden zumindest von ihrem eigenen Territorium aus operieren, ohne auf irgendwelche Nachbarländer Rücksicht nehmen zu müssen.
    Und was zum Teufel sollte er Gorbatschow sagen? Hallo, guten Tag, ich bin ein kleiner Kapitän zur See aus dem mächtigen Nachbarland Schweden. Wir haben uns vorgenommen, mal die Nase hier reinzustecken, weil die Amerikaner, denen wir fast immer gehorchen, uns darum gebeten haben?
    Bei näherem Überlegen war es eine tristere Aussicht, sich Tessie erklären zu müssen. Sie freute sich sehr auf den Flug nach San Diego.
    Als er wieder in seinem Arbeitszimmer im Generalstab war, nahm er sich Luigis schriftlichen Bericht über den Bedarf an neuer Ausrüstung vor. Er erstellte eine Liste in englischer Sprache und schrieb einen Brief »To whom it may concern« in der amerikanischen Verwaltung und führte dann ohne Begeisterung zwei Telefonate. Zunächst rief er Luigi in der Fallschirmjägerschule in Karlsborg an, den er nach Stockholm zurückrief, da es an der Zeit sei, eine Reise zu machen, nämlich zur Sunset Farm. Der zweite Anruf galt dem vermeintlichen Landwirtschaftsattaché der amerikanischen Botschaft, mit dem er noch für denselben Tag ein Treffen verabredete.
    Luigi hatte natürlich sehr wohl verstanden, was es mit einer Reise zur Sunset Farm auf sich hatte, und Carl beneidete ihn.
    Was Texas Slim empfand oder meinte, ging aus dem Gespräch nicht hervor. Doch im Augenblick hätte Carl nichts weniger interessieren können als die Meinung des Amerikaners.
    Carl schloß die Papiere ein und begab sich dann auf den Korridor, um zu sehen, ob Samuel Ulfsson Zeit hatte. Das hatte er nicht. Bei ihm saßen recht viele Leute in grauen Anzügen, die somit wohl von der Abhörabteilung waren, so daß Carl wieder in sein Zimmer zurücktrottete. Es war immer noch zu früh am Tag, um in Kalifornien anzurufen.
    Er versuchte, sich eine Zeitlang mit Luigis Wunschliste über Ausrüstungsgegenstände zu beschäftigen. Es gab nichts hinzuzufügen. Luigi hatte überdies jüngere Erfahrungen durch seine Alaska-Übungen. Carl stellte fest, daß es beispielsweise einen neuen Typ Overall gab, der im Grunde dem recht ähnlich war, den die Astronauten im Weltraum trugen, um sich gegen die Temperatur von minus 272 Grad, oder wie viele es waren, zu schützen.
    Der mögliche Kampfauftrag war nicht das schwierigste Problem. Das hatte Luigi mit aller Deutlichkeit erkannt. Wichtig war, am Leben zu bleiben und sich eine Woche lang oder vielleicht noch länger gut in Form zu halten, solange sie auf die Konfrontation warteten. Die Konfrontation, die zu einer bestimmten Zahl von Hinrichtungen führen mußte: Sam und der Oberbefehlshaber hatten es fast demonstrativ vermieden, auf solche Details einzugehen, doch es war vollkommen klar, daß es genau darauf hinauslief.
    Carl befiel ein Gefühl von Unwirklichkeit. Irgendwo dort oben hoch im Norden waren also einige Leute dabei, den Schnitt ihres Lebens zu machen. In ihrer zunehmenden Ungeduld und in ihrem Eifer kamen sie in dem Glauben, niemand habe sie verraten, der Entscheidung immer näher. In

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