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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Kerl schon vertragen. Sei froh, daß du die Hell Week nicht mitmachen mußt.«
    »Wann und wo soll ich mich einfinden, Sir?« fragte Luigi resigniert. Er sah keine Möglichkeit, einen Rückzieher zu machen, und war nicht einmal sicher, ob er es überhaupt wollte. Es hatte durchaus etwas Verlockendes, sich nach fünf Jahren mit dem alten Quälgeist Skip Harrier hinzusetzen und zu trinken und zu reden, als wäre man seinesgleichen.
    »Du hast dich schon eingefunden«, lächelte Skip Harrier mit affektierter Freundlichkeit und griff nach seiner grünen Baskenmütze. Er schob die Akten auf seinem Schreibtisch zusammen und verschloß sie in seinem Panzerschrank. Dann ergriff er den verblüfften Luigi am Kragen und schleifte ihn mit sich durch die Tür.
    Für Oktober war es ungewöhnlich kühl in der Mojave-Wüste. Die Sonne ging in Richtung Zivilisation unter, und es pfiff ein kühler Wind, als Skip Harrier mit seinem Jeep das US Naval Weapon Center verließ, was der offizielle Name der von allen so genannten Sunset Farm war.
    Skip erklärte, er wolle erst nach Hause und sich umziehen, da er nicht riskieren wolle, seine Uniform vollzukotzen. Außerdem sei es ein schlechtes Vorbild, falls ein paar Junghähne durch den Zaun geschlüpft seien und in der Kneipe auftauchten. Sie nannten das Lokal nie anders als die Kneipe, da der Laden ohnehin ständig den Namen änderte, je nach Diensteifer der örtlichen Behörden. Der Gemeinderat von Ridgecrest sei, wie Skip Harrier sagte, total von christlich-religiösen Weibern infiziert, die sich in den Kopf gesetzt hätten, es sei unmoralisch, selbstgebrannten Whiskey zu trinken.
    Skip Harrier wohnte in einer Baracke mit drei sehr kleinen Zimmern und einer kleinen Veranda. Die Tür war nicht verschlossen. Die dünne Tür mit einem Fliegengitter schlug im Wind. Luigi hatte mal gehört, wie Carl das Haus nebenbei erwähnte. Es schien eine Erklärung zu geben. Scheidung und derlei.
    Auf dem Hof stand ein alter Pontiac, der von Müll und abgefahrenen Autoreifen umgeben war. Das Ganze machte einen traurigen Eindruck.
    »Well«, erklärte Skip Harrier, als er Luigi durch die Fliegentür führte, »manche Leute sind der Meinung, alte Oberstleutnants sollten etwas standesgemäßer wohnen, und das habe ich auch einmal getan. Jetzt sehe ich es allerdings nicht mehr ein. Hol dir ein Bier. Im Kühlschrank steht welches.«
    Luigi ging vorsichtig zum Kühlschrank, öffnete ihn und riß ein Budweiser aus einem von drei Sechserpacks heraus, die in Augenhöhe standen. Im übrigen war der Kühlschrank fast leer. Er nahm das Bier und setzte sich auf einen knarrenden Korbstuhl vor einem kleinen Fernseher, der eingeschaltet war und rauschte. Er stellte ihn ab und nippte an seinem Bier. Skip Harrier war immer ein Riese gewesen, aber sein bemitleidenswertes Wohnhaus ließ ihn auf eigentümliche Weise schrumpfen. Luigi wurde nicht schlau daraus, wie er das eine mit dem anderen in Verbindung bringen sollte. Von Armut konnte wohl keine Rede sein. Ein Oberstleutnant mit einer qualifizierten Position mußte ein ausreichendes Gehalt beziehen.
    »Was halten Sie von meiner einfachen Hütte, Hauptmann Bertoni?« fragte Skip Harrier, als er aus seinem Schlafzimmer kam. Er trug jetzt Jeans, ein T-Shirt mit einem verblichenen Text, in dem von Vietnam die Rede war, und eine uralte Fliegerjacke aus Leder mit einem Pelzkragen.
    »Carl hat etwas von Scheidung gesagt. Ich nehme an, solche Dinge können einen hier in den USA zu einem armen Mann machen«, erwiderte Luigi vorsichtig.
    »Und in Europa ist das nicht möglich?« fragte Skip Harrier unerwartet munter, während er sich selbst ein Bier holte und sich auf den ächzenden Korbstuhl fallen ließ, der Luigi gegenüberstand.
    »Nun ja«, sagte Luigi, »damit habe ich zum Glück noch keine Erfahrungen. Ich nehme an, daß man in den meisten europäischen Ländern die Hälfte behalten darf.«
    »Hier ist es genauso«, sagte Skip Harrier und nahm ein paar tiefe Schlucke. Er wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab. »Hier ist es genauso. Das ist aber nicht das Problem. Soll ich etwa in irgendeine Villa unter die Weiber in Ridgecrest ziehen? Da ist es schon besser, das Geld für die Ausbildung meiner Kinder auszugeben. Ich habe zwei im College. Komm, gehen wir.«
    Die Kneipe war wie immer, Countrymusik und stilles Nachmittagsgesaufe. Erst am frühen Morgen wurde es etwas lebhafter, doch bis dahin war es noch lange. Skip Harrier brauchte nicht zu bestellen. Eine fröhlich

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