Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
Vom Netzwerk:
amerikanische Einmischung für einen Finnen bedeutete, »soviel ich sehe, haben Russen und Amerikaner das Problem recht eingehend diskutiert. Die Russen haben das Gefühl, ihnen seien die Hände gebunden, weil sie in ihrem eigenen Land keinem Menschen mehr trauen können, und die Amerikaner empfinden das gleiche, weil sie es aus verständlichen Gründen nicht für sonderlich passend halten, wenn amerikanisches Militär in der heutigen weltpolitischen Lage auf sowjetischem Territorium operiert.«
    »Und deshalb wollen sie, daß wir alle Risiken auf uns nehmen«, stellte der finnische Präsident fest.
    »Ja, so sehe ich es auch«, erwiderte Anders Lönnh schnell.
    »Wie man es auch dreht und wendet, sind die politischen Risiken in dieser Angelegenheit geringer, wenn man finnisches oder schwedisches Personal dort erwischt, als wenn man Amerikaner antrifft.«
    Mauno Koivisto schwieg eine Zeitlang, ohne auf die sichtbaren Zeichen der Ungeduld bei seinem Gast zu achten. Er hatte unleugbar den Ball, und jetzt galt es nachzudenken, ob das nun höflich war oder nicht. Auf jeden Fall war es besser, als etwas Dummes zu sagen.
    Ein Skandal mit dem Hintergrund, daß finnisches Militär auf Grund eines diffusen Auftrags der USA, ausgerechnet der USA, auf sowjetischem Territorium erwischt wurde, war mehr als alptraumhaft. Das konnte zu unüberschaubaren Problemen in den Beziehungen zwischen Finnland und der Sowjetunion führen; grundsätzlich galt noch immer der Freundschafts und Beistandspakt von 1948, der unleugbar reichlich Raum für Deutungen gab, die darauf hinausliefen, daß Finnland und die Sowjetunion in bestimmten Situationen so etwas wie eine gemeinsame Verteidigungsabmachung hatten.
    »Nun«, sagte er schließlich, »um eine sehr einfache Frage zu stellen. Könnten Sie so etwas denn? Ich meine, rein technisch?«
    »Ja, wir haben die Operation sorgfältig vorbereitet und können sie, wie Sie es ausgedrückt haben, Herr Präsident, in rein technischer Hinsicht etwa von jetzt an durchführen.«
    »Sie verfügen über solche Ressourcen?« fragte der finnische Präsident neugierig.
    »Ja, wir haben sogar die militärische Technik schon eingeübt und die ergänzende Ausrüstung beschafft, die dazu nötig ist.
    Wir sind, wie ich schon sagte, grundsätzlich startklar. Unsere Experten sind guten Mutes, wie mir scheint. Ich meine, sie sind vom Erfolg ihrer Mission überzeugt, falls man ihnen grünes Licht gibt.«
    Anders Lönnh sah ein, daß er vielleicht etwas zu sehr in die Tasten gegriffen hatte. Möglicherweise hatte er sich als ein überlegener Großschwede dargestellt, was seiner Erfahrung nach das Zweitschlimmste war, was man sich im Umgang mit dem finnischen Staatspräsidenten erlauben konnte. Am schlimmsten war es, wenn man hinter seinem Rücken operierte.
    »Nun, wer von uns hat dann eigentlich den Ball?« fragte Mauno Koivisto nach einer neuen langen Bedenkzeit.
    Die Frage hörte sich in diesem Zusammenhang kindlich einfach an. Da aber Anders Lönnh spürte, daß auch er überlegen mußte, bevor er antwortete, ging ihm auf, daß nur die Formulierung der Frage einfach war, nicht ihr Inhalt.
    »Nun«, begann er zögernd. »So wie wir es sehen, zumindest der Ministerpräsident und ich, als wir über die Angelegenheit gesprochen haben, dürften alle Beteiligten die gleiche Verantwortung haben. Ich meine damit nicht eine gleich große Verantwortung, sondern die gleiche. Bei dieser Mathematik fällt es mir schwer, zwischen Finnland und Schweden zu unterscheiden oder übrigens sogar zwischen USA und Sowjetunion oder sonst irgendeinem Land.«
    »Eben, genau«, sagte Mauno Koivisto behutsam. »Das ist mir auch aufgegangen. Wird es dann nicht zu einer rein praktischen Frage?«
    »Inwiefern praktisch?«
    »Na ja, ich meine, wer kann diesen Job am besten erledigen, Sie oder wir oder wir beide zusammen? Sollten wir nicht so argumentieren? Ich meine, solange wir uns mit dem rein praktischen Aspekt des Ganzen beschäftigen?«
    Anders Lönnh nickte. Dies war genau, was er und der Ministerpräsident vorhergesehen hatten, daß man Schweden vielleicht in die rein militärische Verantwortung hineintrieb, wenn man jetzt mit dem Präsidenten Finnlands sprach. Das war das Paradox. Wenn man mit dem finnischen Präsidenten sprach, lief man Gefahr, urplötzlich mit dem Baby auf dem Schoß dazusitzen, wie der Ministerpräsident es ausgedrückt hatte. Aber trotzdem mußte man mit ihm sprechen.
    »Schon, aber wir haben es ja auch mit einigen

Weitere Kostenlose Bücher