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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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widerspenstigen Jungen und dergleichen mehr nannte.
    Er sagte, er würde sich lächerlich vorkommen, was keinem der Anwesenden imponierte. Natürlich würden auch Journalisten da sein, und dieses Bild würde ihn in alle Ewigkeit verfolgen, wenn er seine Journalisten richtig kannte.
    Bei diesen Gedanken hellte sich Samuel Ulfssons Gesicht auf. Er erkannte sofort den PR-Wert eines solchen Fotos.
    Carl verlegte sich auf eine völlig andere Taktik. Soviel aus der Gästeliste hervorgehe, erklärte er, seien mindestens sechs höherrangige Militärs eingeladen, keiner davon unter dem Rang eines Generalmajors. Carl wies listig darauf hin, daß sie sich vielleicht gekränkt fühlen könnten, wenn so ein kleiner beschissener Kapitän sie sozusagen alle überstrahle. Solle man nicht aus Pietät an den Gemütsfrieden der armen Generäle und Admiräle denken? Wozu sie unnötig provozieren?
    Darüber ließ sich zumindest diskutieren. Samuel Ulfsson und Beata einigten sich jedoch schnell darauf, daß kein vernünftiger Vorgesetzter Grund für solche Gefühle haben könnte. Immerhin wußten alle, daß Carl seine Auszeichnungen tatsächlich für den Dienst draußen im Feld erhalten hatte und nicht durch seine Tätigkeit als Militärattaché oder weil er den König bei Staatsbesuchen begleitet hatte oder so. Sollten die anwesenden Vertreter der Streitkräfte auf dem Fest sich nicht vielmehr stolz fühlen, ja sogar geehrt von dem, was dieses Lametta in Wahrheit repräsentierte?
    Carl erkannte, daß er mit Argumenten nicht weiterkam. Entweder mußte er verkleidet erscheinen wie ein Idiot, oder er mußte eine höchst einseitige Entscheidung treffen.
    »Ich werde es so machen«, sagte er verbissen, »und dann könnt ihr dazu sagen, was ihr wollt. Ich soll zu einem Festessen beim König, also lege ich die drei Auszeichnungen des Königs an, die drei schwedischen. Das kann die Höflichkeit vielleicht von mir verlangen, aber all das andere Zeug hat mit dem König und seinem Essen ja nichts zu tun.«
    Carl versuchte sich den Anschein der Unerschütterlichkeit zu geben, als Beata einen Wortschwall heftiger und nicht wenig beleidigender Dinge äußerte.
    Man zog erneut den Ordensexperten hinzu, der sich zu Carls Vorschlag äußern sollte. Dieser teilte mit, aus der Gästeliste gehe hervor, daß sich sowohl der französische wie der deutsche Botschafter unter den Gästen befänden. Es werde gewiß als Unhöflichkeit gegenüber diesen beiden Ländern aufgefaßt, wenn Carl sich nicht die Mühe mache, deren Auszeichnungen zu tragen, dafür aber die schwedischen anlege. Himmel, ein Offizier, der sich nicht die Mühe mache, das Kommandeurskreuz der Ehrenlegion anzulegen; das könne kein Mensch als persönliche Geschmacksäußerung werten. Jeder müsse glauben, es sei eine Mißachtung Frankreichs, die auf diese wenig elegante Weise gezeigt werden solle.
    Der Ordensexperte wurde hinausgeschickt, und alles begann wieder von vorn.
    Carl behauptete, seine Entscheidung stehe unerschütterlich fest. Die Auszeichnungen des Königs, Punkt Ende.
    Samuel Ulfsson warf listig einen Kompromißvorschlag in die Debatte. Carl könne sich doch spaßeshalber alles in der reglementskonformen Weise anlegen, von der man jetzt erfahren habe, und dann könne die PR-Abteilung des Generalstabs für eventuellen künftigen Bedarf ein Foto schießen. Aber dann könne er zu dem eigentlichen Essen alles »Lametta« ablegen bis auf die Medaillen des Königs?
    Carl wollte sich schon wieder weigern, doch da hob Samuel Ulfsson warnend den Zeigefinger.
    »Verstanden. Zu Befehl«, seufzte Carl.
    Fünf Minuten später saßen sie im Vortragssaal der Abteilung mit Texas Slim und sprachen über etwas irdischere Dinge.
    Sicheren Informationen zufolge sei die Schmuggel-Expedition jetzt gestartet und befinde sich weniger als zweihundert Kilometer vom Ziel entfernt. Ja, man kenne das Ziel sogar recht exakt.
    Texas Slim entrollte triumphierend die Spezialkarten, die er als »Geschenk des amerikanischen Volkes« mitgebracht hatte, wie er es ironisch ausdrückte. Er legte einen dicken Daumen gleich südlich des Punkts auf die Karte, an dem die Grenzlinien Norwegens, Finnlands und Rußlands sich schnitten.
    »Hier«, sagte er, »hier, neunundzwanzig Grad östlicher Breite und neunundsechzig Grad nördlicher Länge, genau hier werden sie zwischen dem einundzwanzigsten und zweiundzwanzigsten Dezember durchkommen.«
    »Ist diese Information absolut sicher?« fragte Carl skeptisch.
    »Diese Information

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