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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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schnell wie möglich mit denen Kontakt aufzunehmen, die noch am Leben waren.
    Es war ein unerträgliches Warten, und sie gingen einander unabsichtlich auf die Nerven. Keiner der beiden wußte mehr, als daß eine Gruppe von sechs Mann bald per Fallschirm fünfzig Kilometer hinter der finnischrussischen Grenze landen sollte und einen Auftrag hatte, für den eine knappe Woche vorgesehen war. Anschließend sollten sie abgeholt werden. Luigi und Matti Heiskanen hatten keine Ahnung, worum es ging. Sie hatten schon lange aufgehört, auch nur darüber zu spekulieren. Selbstverständlich war nur, daß es um etwas Großes ging. Und daß einige ihrer Kameraden Gefahr liefen, nicht wiederzukommen, war ebenfalls selbstverständlich. Und da saßen sie nun an einem Küchentisch und konnten nichts weiter tun, als ein tragbares Telefon anzustarren.
    »Wollen wir Kaffee?« fragte Matti Heiskanen lustlos, als ginge es ihm eher darum, dem Schweigen ein Ende zu machen. Luigi schüttelte den Kopf.
    Unbewußt lauschten sie. Sie hörten das Geräusch gleichzeitig, nickten einander zu, standen auf und gingen auf die Vordertreppe. Es konnte keinen Zweifel geben. Das dumpfe Brummen der Hercules-Motoren war unverkennbar.
    »Was glaubst du, neuntausend Meter etwa?« fragte Luigi. Matti Heiskanen zuckte die Achseln. Auch er konnte nur Vermutungen anstellen.
    Das Geräusch näherte sich langsam und unerbittlich, und kurz darauf kamen beide zu dem Schluß, daß die Maschine sich direkt über ihnen befand. Etwa jetzt würde es also geschehen. Sie sahen es mühelos vor sich, wie die Rampe heruntergeklappt wurde, wie die Männer im Bauch der Maschine aufstanden, noch einmal ihre Ausrüstung und die der anderen prüften, wie das große Frachtstück ans Heck gerollt wurde. Als das Signal zum Springen kam, wurde es von dem ersten Mann über den Rand geschoben. Das sollte Edvin Larsson sein. Anschließend folgten die anderen in schnellem Takt. Die beiden Männer am Boden sahen vor sich, wie der Wind mit einem harten Ruck die Fallschirme auffing und wie sieben dunkle Punkte in einer diagonalen Reihe nach Osten getrieben wurden.
    Luigi und Matti Heiskanen versuchten die Windstärke zu beurteilen, aber dort oben herrschten vielleicht völlig andere Verhältnisse. Die Kameraden dort oben dürften etwa einen Anflug von fünfundzwanzig bis dreißig Minuten haben und dann mindestens zehn weitere Minuten brauchen, um festzustellen, daß alle sicher gelandet und nicht entdeckt worden waren. Dann brauchten sie noch etwas Zeit, um die Antenne des Schnellsenders aufzubauen und eine Nachricht nach Stockholm zu senden.
    Ihr Telefon auf dem Küchentisch würde also im besten Fall erst in gut vierzig Minuten läuten. Sie fühlten sich verzweifelt machtlos.
    Carl ging als letzter über die Rampe. Er blieb noch eine Sekunde stehen und sah hinter den anderen her. Dann stürzte er sich in die Freiheit, wurde von der starken Turbulenz aufgefangen und wirbelte wie ein Blatt herum. Die Abdrift zerrte an seinem Körper und seiner schweren Ausrüstung, bis ein kräftiger Ruck ihm mitteilte, daß der Schirm sich normal entfaltet hatte. Es dauerte einige Sekunden, die Benommenheit zu überwinden und die Lage unter Kontrolle zu bekommen. Alles sah gut aus. Hier oben gab es noch genügend Licht, um ohne weiteres Sichtkontakt zu ermöglichen, aber er bemühte sich dennoch eine Zeitlang, sich näher an die anderen heranzumanövrieren. Sie hatten reichlich Zeit, bis sie tief da unten die Wolkendecke durchstoßen sollten, doch dann würde es schon bedeutend dunkler sein, besonders an der Erdoberfläche.
    Carl fühlte sich bemerkenswert aufgekratzt, als hätte eine sehr schwere Bürde von Verantwortung und Kummer auf ihm gelastet, die jetzt am Himmel wie weggewirbelt war. Leichter als jetzt konnte das Leben nicht sein, und das war Freiheit. Bestimmte Dinge mußten getan werden, einige Manöver waren zu absolvieren, und es gab keine Umkehr und keine Wahlmöglichkeit. Er prüfte Kompaß und Zeit. Alles schien zu stimmen, und da Åke Stålhandske ihm von Edvin Larssons Qualifikation als Navigator berichtet hatte, erwartete er auch nichts anderes. Alles deutete auf eine normale Landung am vorausberechneten Ort hin. Carl hatte etwas Kondensflüssigkeit in der Gesichtsmaske, aber es war nichts, was ihm Kummer machte. Die Sauerstoffausrüstung funktionierte perfekt.
    Bemerkenswerterweise sorgte er sich um nichts dort unten, auf der anderen Seite der niedrigen Wolkendecke. Der Gedanke, man

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