Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
Vom Netzwerk:
einem gewöhnlichen Biathleten unterschied. Das Gewehr, das er sich auf den Rücken geschnallt hatte, hatte ein Zielfernrohr mit sechzehnfacher Vergrößerung, und außerdem trug er einen kleinen Sender am Gürtel, der auf dem Rücken neben dem Gewehrkolben befestigt war.
    Als er die Männer da vorn eine Zeitlang durch das Fernrohr beobachtet hatte, war er sich ziemlich sicher, daß keiner von ihnen ein Funkgerät eingeschaltet hatte. Sie schienen überdies verzweifelt damit beschäftigt zu sein, jeden Hinweis darauf zu verwischen, daß sie den Fangarm überquert hatten. Es stimmte, daß es zwölf Mann waren. Von Waffen war nichts zu sehen. Ihr Kurs war gegeben, vorausgesetzt, sie waren tatsächlich zu dem angegebenen Ziel unterwegs. Er brauchte nur zu zählen.
    Lars Andersson schickte eine kurze Nachricht los, kehrte um und fuhr seelenruhig zu seiner Basis zurück.
    Als Carl die Mitteilung erhalten hatte, holte er sein Kartenmaterial hervor und ein Lineal. Er rechnete aus, an welchem Punkt die beiden schwedischen Gruppen zusammentreffen sollten. Ihr Fangarm war fünfzig Kilometer lang. Sie hatten sich darin abgewechselt, jeweils aus einer Richtung die halbe Strecke abzufahren, und zwar im Abstand von vier Stunden. Der Feind hätte schon ein phänomenales Glück haben müssen, um unentdeckt davonzukommen.
    Carl kam zu dem Schluß, daß sie jetzt weiteren Ballast abwerfen konnten, einige schwerere Waffen und andere Dinge, die sie offenbar nicht brauchen würden. Dann begab er sich mit Åke Stålhandske und Hauptmann Lars Andersson gemächlich auf den Weg zu dem Punkt, an dem sie die drei anderen treffen sollten, die aus der Gegenrichtung kamen. Carl unterhielt sich unterwegs mit seinen Begleitern. Jetzt war es soweit. Schon bald würden sie den Gegner wie in einem Sack einfangen. Sie konnten sich im Laufe von vierundzwanzig Stunden mühelos bis zu fünfzig Kilometer fortbewegen, während die entsprechende Beweglichkeit beim Gegner bei höchstens zehn Kilometern lag.
    Das Ganze sah sehr gut aus. Je weiter von der russischen Grenzlinie entfernt sie den Gegner stellen konnten, um so besser.
    Sie diskutierten laut und unbekümmert, wie sie den Rest erledigen sollten. Am besten war es wohl, sich irgendwo vor dem Gegner zu postieren und ihm den Weg zu seinem Bestimmungsort abzuschneiden. Dann sollten die Männer ausschwärmen, diskreten Funkkontakt halten und beim ersten Sichtkontakt mit dem Gegner auf diesen zufahren. Es konnte nicht allzu schwer sein. Dann hatten sie immer noch die Möglichkeit, sich für eine bestimmte Taktik zu entscheiden, je nachdem, wie das Gelände dort aussah. Sie konnten sich in einen Hinterhalt legen und einen schnellen Feuerüberfall durchführen oder warten, bis die Gegner ihr Lager aufschlugen, um sich auszuruhen. Dann brauchten sie nur mit den Skiern ins Lager zu fahren. Carl neigte zu der letzten Lösung, da es nicht uninteressant wäre, die Schmuggler zu verhören, solange sie noch etwas zu sagen hatten, wie er es umschrieb.
    Die Landschaft wurde noch immer von schütterem Nadelwald beherrscht. Der Form nach schienen die Tannen sehr hoch zu sein, aber sie hatten falsche Proportionen, da die Äste nur etwa einen Meter lang waren. In Wahrheit war der Wald also sehr niedrig und schütter und auf weiten Flächen überdies tot. Manchmal sah es aus, als liefen sie durch große Schläge, da alle Bäume tot und verdorrt waren, doch es mußte sich um Umweltzerstörung handeln, da sie kein einziges Anzeichen von menschlicher Zivilisation oder menschlicher Arbeit entdeckten. Carl erkannte, daß die verdorrten Baumstämme sich als sehr nützlich erweisen würden, sprach dieses Thema jedoch noch nicht an.
    Am späten Abend trafen sie mit der zweiten Gruppe zusammen und beschlossen, ihr Nachtlager aufzuschlagen, zu essen und sich vor der Entscheidung am nächsten Tag auszuruhen. Sie befanden sich genau auf der Linie zwischen dem erwarteten Bestimmungsort des Gegners und dem Punkt, an dem er zum ersten Mal beobachtet worden war. Unter der Voraussetzung, daß er sich mit der gleichen Sicherheit orientierte wie sie selbst und nicht mit Hilfe altmodischer Kompasse oder ähnlichem, konnten sie im Grunde einfach dort bleiben, wo sie waren, und abwarten. Carl meinte jedoch, sie sollten das Gelände am nächsten Tag ein wenig erkunden, solange es hell sei, um zu sehen, ob es für die abschließende Arbeit nicht einen geeigneteren Ort gebe.
    Sie schliefen unruhig und stellten zum ersten Mal einen Wachposten auf,

Weitere Kostenlose Bücher