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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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einer Handbewegung ab. Er solle ja nicht gleich die Sowjetflotte verlassen und Partner werden, zumindest nicht in diesem Stadium, sondern etwas viel Einfacheres.
    Der amerikanische Geschäftsmann kam zur Sache. Zunächst beschrieb er etwas, was er seine Geschäftsidee nannte, ein Wort, das sich auf russisch sehr lustig anhörte. Wie auch immer: Es war eine einfache Geschäftsidee.
    »Außerhalb von Murmansk, im Fjord, hat man seit dem Zweiten Weltkrieg Schiffe versenkt. Einige stammen sogar aus der Zeit davor. Man hat in Ihrem Land den Fjord einfach als Schrottplatz und Müllkippe verwendet, da man offenbar keinen Grund gesehen hat, Eisenschrott nach Süden zu verfrachten und daraus wieder Stahl zu kochen. Die Stahlproduktion der Sowjetunion scheint mit den vorhandenen Ressourcen aber gut ausgekommen zu sein.
    Nach westlicher Denkweise ist das jedoch außerordentlich unwirtschaftlich. Außerdem ist es äußerst umweltschädlich, einen ganzen Fjord nach und nach mit Schiffswracks zu füllen. Meine einfache kleine Geschäftsidee läuft also darauf hinaus, daß wir gemeinsam ein russisch-amerikanisches Unternehmen gründen, und zwar zu dem Zweck, den gesamten Eisenschrott aus dem Fjord zu entfernen. Dort muß Stahl für mehrere hundert Millionen Dollar liegen…«
    An dieser Stelle warf Kolja eine astronomische Zahl ein, den Gegenwert in Rubel.
    »… der Wechselkurs unserer beiden Währungen läßt hier ein glänzendes Geschäft für alle Beteiligten vermuten. Einmal können manche viel Geld dabei verdienen, was keineswegs häßlich ist, und das sollte nicht verschwiegen werden. Zum andern wird die Bucht von Murmansk von all dem Müll gesäubert, und überdies kann der russische Staat« – der Amerikaner sagte der russische und nicht der sowjetische Staat – »ebenfalls einen ordentlichen Batzen verdienen.
    Der Grundgedanke ist also, den Eisenschrott sehr billig zu kaufen. In Dollar gerechnet wird es sehr preiswert. Dann verfrachten wir ihn nach Norwegen und kochen Stahl daraus, der immer noch billiger sein wird als alles andere.
    Der Stolperstein ist jedoch, wie wir die verschiedenen Bergungsvorhaben finanzieren. Denn wenn wir in Norwegen einen Hebekran mieten, was ohne weiteres möglich ist, etwa wenn wir einen ausreichend großen Kran von den norwegischen Bohrplattformen nach Murmansk schleppen lassen, würde es mindestens zwanzigtausend Dollar am Tag kosten, und damit wäre der Gewinn dahin.
    Wenn wir die entsprechende Ausrüstung aber bei der Sowjetflotte mieten, würden wir mit weniger als tausend Dollar pro Tag davonkommen. So könnte es für alle Beteiligten ein glänzendes Geschäft werden und außerdem ein sehr umweltfreundliches Vorhaben.«
    Alexej Mordawin ließ sich eine Zeitlang von der Argumentation gefangennehmen. Ihn faszinierte die Selbstverständlichkeit, mit der der Amerikaner von großen Beträgen und großen Projekten sprach, als wäre das alles völlig unproblematisch. Gleichzeitig war er jedoch mißtrauisch. Was er vorhin erfahren hatte oder nach dem Treffen mit dem Vizeadmiral in Seweromorsk hatte einsehen müssen, ließ alle Diskussionen über »Business« und »Geschäftsidee« zutiefst unverantwortlich erscheinen.
    Als er brummend fragte, wo um Himmels willen er selbst ins Bild passen solle, solange er noch Offizier der Sowjetflotte sei, zeigte sich, daß es darauf wider Erwarten eine sehr einfache Antwort gab.
    »Wir haben schon mit den sowjetischen Behörden in Moskau verhandelt, und dort sieht man das ganze Projekt sehr positiv. Im Industrieministerium beispielsweise haben die Herren nur gelacht und erklärt, hier würden ja alle Beteiligten Geld verdienen, und gleichzeitig würden wir ein Umweltproblem los. Wer könne gegen einen solchen Vorschlag Einwände erheben?
    Was die technische Hilfe betrifft, hat man uns an verschiedene Stellen der Sowjetflotte verwiesen, doch da wurde die Angelegenheit sofort etwas kniffliger. Wenn wir beispielsweise das Bergungsschiff »Alexander Brykin« mieten würden…«
    An dieser Stelle unterbrach ihn Alexej Mordawin mit unnötiger Empörung, wie es schien.
    »Ausgerechnet die »Alexander Brykin«! Das ist doch ein geheimes Schiff, dessen Hauptaufgabe darin besteht, die mit Kernwaffen bestückten U-Boote auf See mit neuen Raketen zu versehen, und…«
    Er verstummte, weil er das Gefühl hatte, zuviel gesagt zu haben, obwohl die beiden anderen die »Alexander Brykin« sehr wohl kannten; er selbst hatte das Schiff noch vor einem Monat gesehen, als sie

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