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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Operation Big Red zu erfahren. Das hatte dazu geführt, daß eine Bande Paviane vom FBI und vom Naval Intelligence in Tessies neues Leben hineingestürmt waren und sie und ihren Mann auf eine Weise verhört hatten, die zur Scheidung führte.
    Also war es im Grunde die Schuld der Russen?
    Carl lächelte in sich hinein. Immerhin war es ein gutes Zeichen, daß er noch über sich selbst lächeln konnte. Und dann beschloß er, sich auf jeden Fall so schnell wie möglich der praktischen Dinge zu entledigen und zu tun, was getan werden mußte.
    Als er einmal von einem dieser Treffen mit Eva-Britt zurückkam, in diesem gespaltenen Gemütszustand, tief im Privaten vergraben, rief ihn Samuel Ulfsson zu einem Gespräch unter vier Augen.
    Carl ging davon aus, daß in Moskau etwas geschehen war, vermutlich etwas, das die Funküberwachung aufgeschnappt hatte. Einige Truppenbewegungen außerhalb der sowjetischen Hauptstadt hatten einen merkwürdigen Eindruck gemacht.
    Samuel Ulfssons intensives Rauchen und seine unbekümmerte Miene sprachen dafür, daß es sich so verhielt.
    »Wollen Sie wissen, ob der Staatsstreich vor oder nach der Wahl kommt?« versuchte Carl zu scherzen, als er sich auf seinen gewohnten Platz neben und nicht vor dem Schreibtisch des Chefs setzte.
    »Ich nehme an, daß die Regierung nichts gegen einen sowjetischen Staatsstreich vor der Wahl einzuwenden hat. Die Opposition dürfte auf Knien darum beten, daß die Generäle und der KGB sich bis nach der schwedischen Wahl beherrschen«, sagte Samuel Ulfsson mit einer fast zerstreuten Miene, die erkennen ließ, daß er darüber nicht sprechen wollte.
    »Wieso?« fragte Carl und machte ein dummes Gesicht. Er vermochte an einer Weltkatastrophe keinerlei innenpolitische Bedeutung zu erkennen.
    »Nun ja, man pflegt zu sagen, daß die amtierende Regierung von einer Weltkrise begünstigt wird. Die Menschen rücken sozusagen enger zusammen. Der größte Wahlsieg der Sozialdemokraten in neuerer Zeit wurde errungen, nachdem die Russen im August 1968 in Prag einmarschiert waren. Elementary, my dear Watson. Doch darüber wollten wir nicht sprechen.«
    »Aha«, sagte Carl mit gerunzelter Stirn. »Wollen wir den KGB bitten zu warten, oder sollen wir sie anfeuern?«
    »Wie schon gesagt, darüber will ich nicht sprechen. Das können wir morgen früh bei der großen Lagebesprechung erörtern«, entgegnete Samuel Ulfsson mit einer gewissen Schärfe in der Stimme, die klar den Chef erkennen ließ. Er fragte sich, ob Carl seelisch wirklich im Gleichgewicht war. Politische Frivolitäten dieser Art sahen ihm nicht ähnlich. »Wir haben nämlich ein eigenes politisches Problem, dem wir uns stellen müssen«, fuhr er fort und packte die Akten zusammen, die vor ihm lagen, als wollte er den Schreibtisch für diese neue Frage frei machen. Er zündete sich eine Zigarette an, entdeckte, daß der Aschenbecher wie nur allzuoft überquoll, und leerte ihn ohne jedes Zögern in den Papierkorb unter dem Tisch.
    »Politisches Problem, politisches Problem«, sagte Carl zögernd und mit Betonung, als hätte sein Chef etwas höchst Unpassendes gesagt. Was der Chef, jedenfalls nach seinem Selbstverständnis, auch tatsächlich getan hatte.
    »Ja«, sagte Samuel Ulfsson, »wir haben unleugbar ein Problem, das selbst beim allerbesten Willen nur als politisch bezeichnet werden kann, wenn du die Wortwahl entschuldigst. In einer anderen Gesellschaft als deiner oder vor Zeugen hätte ich taktisches Problem gesagt. Doch jetzt bahnt sich etwas Furchtbares an. Wir sind nämlich dabei, in den Mittelpunkt einer politischen Auseinandersetzung zu geraten, und das kann für unsere gesamte Abteilung zu einem Ende mit Schrecken werden. In kurzer Zeit wird es Forderungen geben, alle operativen Funktionen außerhalb der Landesgrenzen einzustellen, und irgendwann wird man sogar verlangen, daß die gesamte Operationsabteilung stillgelegt wird.«
    Samuel Ulfsson machte eine Pause, um zu sehen, ob seine Worte verstanden worden waren. Das waren sie. Carl schwieg verblüfft, wobei unklar war, ob er mehr darüber staunte, daß der Chef des schwedischen Nachrichtendienstes Informationen über innenpolitische Strömungen besaß – und sich folglich um sie bemüht hatte –, oder über den Inhalt der Botschaft.
    »Wenn es so ist, wie du sagst«, sagte er nach einiger Zeit, da sein Chef zögerte, den Faden weiterzuspinnen, »kann ich nicht verstehen, inwiefern uns das etwas angehen sollte. Wir können uns ja nicht direkt in die

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