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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Fotografen zu tun, die rückwärts vor ihm herstolperten, während ihre Motorkameras surrten.
    Er war unzufrieden und unsicher, inwieweit er sich blamiert hatte. Er hatte auf jeden Fall zuviel gesagt. Zwar hatte er keine geheimen militärischen Informationen verraten, die er nicht hätte preisgeben dürfen. Sam hatte ihm diesbezüglich keine Instruktionen gegeben; die Geiseldramen gehörten kaum zu den typischen oder sicherheitsempfindlichsten Vorgängen in der Abteilung.
    Was in militärischer Hinsicht jedoch kaum ein Geheimnis war, konnte aber in politischer Hinsicht um so geheimer sein, und so hatte er sich wie ein Elefant im Porzellanladen in den laufenden Wahlkampf eingeschaltet, obwohl er das genaue Gegenteil hatte erreichen wollen, nämlich die Tätigkeit des OP 5 als politisch harmlos erscheinen zu lassen.
    Er sollte Tessie am U-Bahnhof Karlaplan abholen. Sie wollten sich auf eine höchst private Expedition begeben, wie er gesagt hatte: zu den Mälarinseln. Dort draußen lag ein weißes Herrenhaus am Wasser, das er ihr zeigen wollte. Es stand für einen angemessenen Preis zum Verkauf, obwohl noch recht viel repariert oder umgebaut werden mußte. Daß er keine Zeit mehr hatte, sich umzuziehen, ging ihm erst auf, als es schon zu spät war. Doch bei näherem Überlegen kam er zu dem Schluß, daß Makler und Eigentümer den neuen Interessenten deshalb kaum weniger zuvorkommend behandeln würden.
    Bei Tessie war das natürlich etwas völlig anderes. Sie lachte laut auf, als sie ihn entdeckte.
    »Okay, Sailor Boy, was meinst du, wem du jetzt wohl imponierst«, sagte sie und schüttelte den Kopf, als sie sich auf den Beifahrersitz gleiten ließ.
    »Für einen Seemann bist du wirklich eindrucksvoll«, lachte sie. Sie stellte sich ohne jede Scham auf die Zehenspitzen und küßte ihn, obwohl sie wußte, daß ihn derlei verlegen machte. In Rußland dürfen nur Männer in jeder Lebenslage küssen, wenn ihnen danach ist.
    »Liebe, geliebte Jelena, doch nicht so in aller Öffentlichkeit«, flüsterte er, lächelte dabei aber schüchtern und räusperte sich, bevor er sich wieder den Pilzen zuwandte.
    Der freie Markt hinter dem Bahnhof in Murmansk hatte sich in der letzten Zeit erheblich ausgeweitet. Normalerweise waren sie mit ihren Ausgaben sehr vorsichtig, wenn sie hier einkauften. Doch jetzt war nichts mehr wie früher.
    Hier oben im Norden gab es im Grunde nur zwei Pilzarten: Sandpilze, die beim Aufschneiden blau werden, und Birkenpilze. Die beiden Arten waren nach Größe sortiert. Die größten waren am billigsten, da sie am schlechtesten waren.
    Alexej Mordawin wußte, daß Birkenpilze manchmal von Insekten befallen sind, auch wenn sie klein und frisch aussehen. Die Larven von Hautflüglern bohren Gänge in die Pilze, und die Exkremente der Larven bilden schwarze Bakterienherde. Der Sandpilz schmeckt dafür nicht so gut, und einigen Menschen macht es angst, daß er beim Aufschneiden blau wird. Gegen die Angst vor der Natur, erklärte Alexej, gebe es nur Wissen als Waffe. Seine Frau wußte sehr wohl, daß er zur Zeit mit dem Gefährlichsten hantierte, das es auf der Erde gab.
    Sie fanden frische Kartoffeln des gelben, länglichen Typs, der auf russisch Sandkartoffeln heißt, und Jelena versprach, das Gericht zuzubereiten, das sie sich so gut wie nie hatten leisten können: Kartoffelknödel von frischen Kartoffeln mit Pilzsauce. Und dazu saure Sahne und Salzgurken!
    Es war ein eigenartiges Gefühl, sich auf dem Markt alles leisten zu können. Sie wurde fast euphorisch beim Gedanken an den ersten Abend, den sie seit langer Zeit für sich allein hatten; der junge Pjotr war für zwei Tage mit der Komsomol-Jugend auf einer Wanderung.
    Sie schlenderte heimwärts, er mit der Uniformmütze im Nacken wie ein junger Seemann, und sie lachten so viel, daß sie fast Aufsehen erregten. Passanten warfen ihnen forschende, mißbilligende Blicke zu, als wäre der hohe Marineoffizier betrunken und trüge nur deshalb die Schirmmütze so jugendlich lässig.
    Alexej Mordawin spürte ein starkes Bedürfnis, mit seiner Frau zu sprechen. Es war stärker als je zuvor. Er hatte jedoch nichts Privates im Sinn, etwa die Ausbildung der Söhne, die Finanzen der Familie, die Vorhaben der Verwandtschaft oder gar die schwierige Frage, wie sie ihr intimstes Privatleben organisieren sollten.
    Vielmehr wollte er über Dinge sprechen, über die ein Offizier seines Rangs und seiner Qualifikation sonst nie mit einem anderen Menschen sprach. Doch jetzt ging

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