Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
Vom Netzwerk:
Personal verfügen, das perfekt italienisch spricht. In meinem Job beschäftige ich mich ja mit Mathematik und Wahrscheinlichkeitsrechnung, und so kann ich einfach nicht umhin, ein paar sehr einfache Berechnungen anzustellen.«
    »Ach nein«, sagte Luigi. »Und was hast du jetzt ausgerechnet?«
    »Daß es etwa bei schwedischen Fallschirmjägern nicht allzu viele geben kann, die ein perfektes Italienisch sprechen.«
    »Beim Nachrichtendienst kommen die meisten von der Marine, beispielsweise von den Küstenjägern.«
    »Die meisten?«
    »So kann das nicht weitergehen.«
    »Nein«, erwiderte sein Vater zögernd. »Aber dir muß doch klar sein, daß ich gewußt habe, wie die Dinge liegen.«
    »Und was willst du mit diesem Verdacht anstellen, ob du nun recht hast oder nicht?« fragte Luigi fast aggressiv.
    »Eines, nur eine einzige Sache. Ich bitte dich, es Mama nicht zu erzählen. Sie würde… na ja, du weißt schon.«
    »Ja, sie würde zu Anna Magnani werden«, sagte Luigi lächelnd.
    Sie sahen sich in die Augen. Sein Vater lächelte. Dann umarmten sie sich wie zwei Italiener.
    »Ich bin stolz auf dich, selbstverständlich bin ich das«, sagte sein Vater und verbarg das Gesicht in der Umarmung. »Ich verstehe ja, daß du einen teuflisch gefährlichen Job hast, den nicht jeder x-Beliebige übernehmen kann.«
    »Nein, es ist ein Vorteil, wenn man italienisch spricht, zumindest auf Sizilien«, erwiderte Luigi. Damit hatte er schließlich gestanden und in dienstrechtlicher Hinsicht militärische Geheimnisse verraten, die der absoluten Schweigepflicht unterlagen.
    »In der Zeitung stand«, begann sein Vater, nachdem er seine Rührung überwunden hatte, »in der Zeitung stand, zwei anonyme schwedische Offiziere seien mit dem Ordine al Merito della Repubblica ausgezeichnet worden, dazu mit dem Grad Commendatore. Bist du einer davon?«
    »Was du jetzt fragst, mein Alter«, lächelte Luigi, wobei er zustimmend nickte, »sind militärische Geheimnisse. Ich könnte dir sagen, wie es ist, aber dann müßte ich dich anschließend zum Schweigen bringen.«
    Sein Vater schüttelte langsam und lange den Kopf. Dann legte er die Arme um seinen Sohn, worauf sie sich gemeinsam in die noch andauernde Kakophonie aus Abschied und Streit begaben.
    »Wie Ihnen schon klar ist, meine Herren«, begann Mauno Koivisto, ohne sich mit Vorreden aufzuhalten, »habe ich Sie als Präsident der Republik Finnland in einer hochsensiblen Angelegenheit zu mir gerufen. Sie betrifft die Verteidigungs und Außenpolitik des Landes. Nach der Verfassung kann der Präsident in solchen Dingen aus eigener Machtvollkommenheit recht weit gehen, doch jetzt halte ich die Zeit für reif, den Ministerpräsidenten und den Außenminister zu konsultieren.«
    Die Herren saßen auf der Sofagruppe am hinteren Ende des Arbeitszimmers, zwischen sich einen leeren Tisch aus Glas und gemaserter Birke. Kein Kaffee, keine Papiere. Sie kannten sich recht gut aus früheren Zeiten, als sie sich innenpolitisch nach Herzenslust bekämpft hatten, aber der Präsident hatte von Anfang an jeder Munterkeit oder Vertrautheit einen Riegel vorgeschoben. Er trat unzweideutig als Präsident auf.
    »Ich habe Juakko, meinen Kanzleichef, gebeten, dabeizusein und ein Protokoll anzufertigen«, fuhr Mauno Koivisto fort, »obwohl das natürlich bedeutet, daß dann ganze sieben Personen in Finnland um diese Angelegenheit wissen. Es wäre jedoch unpassend, einen anderen Protokollführer zu benennen, da unsere Entscheidungen von der Nachwelt möglicherweise auf die Goldwaage gelegt werden.«
    Keiner der Anwesenden hatte vor, den Präsidenten zu unterbrechen oder ihm Fragen zu stellen, obwohl dieser erneut eine kleine Pause machte, bevor er sich zurücklehnte und einen Punkt an der Zimmerdecke fixierte. Dann legte er in schnellem Tempo, fast leiernd eintönig und mit knappen Worten dar, was sich ereignet hatte. Er begann mit dem Augenblick, in dem Ministerialrat Eero Grönroos von der Osteuropa-Abteilung des Außenministeriums um einen Termin gebeten hatte, und endete damit, daß er einen etwas zu sehr angeheiterten SKYPO-Chef mit dem Auftrag nach Hause geschickt hatte, eine Einsatztruppe zusammenzustellen, die den zu erwartenden hohen Anforderungen genügte.
    »Diese Bemerkung über den angeheiterten SKYPO-Chef brauchst du nicht zu notieren, Juakko«, sagte er mit der Andeutung eines Lächelns, als er fertig war. »Also, meine Herren. Jetzt habe ich selbst noch zwei Fragen an Sie, bevor wir die Angelegenheit

Weitere Kostenlose Bücher