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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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unnötiges Aufsehen erregen würde. Und sein Job bestand zu einem nicht unwesentlichen Teil darin, letzteres zu vermeiden.
    Als er an all den Krawattenträgern in der Euroclass vorbeiging und dem Vorhang im hinteren Teil der Maschine zustrebte, machten ihn ihre Blicke verlegen. Er sah nicht ihre Verwunderung und heimliche Bewunderung, da er eher von eigenartigen Komplexen wegen seines Aussehens erfüllt war. Er konnte sich keinen Augenblick vorstellen, daß diese Reihen von Unternehmensberatern und Diplomkaufleuten mehr als einen kleinen Finger hergeben würden, um mit einem Mann zu tauschen, der so aussah, als würde Arnold Schwarzenegger in ihm seinen Meister finden. Was in Wahrheit Schüchternheit und Neid war, sah er nur als Verachtung.
    Ein Mann, der 1,99 Meter groß ist und 115 bis 120 Kilo ohne ein einziges Gramm überschüssigen Fetts wiegt, wird von seinen kleinwüchsigeren Freunden und Feinden leicht wie ein Idiot behandelt, weil Muskeln und Intelligenz herkömmlicher Denkweise zufolge, besonders von Leuten, die selbst keine Muskeln haben, als Gegensätze empfunden werden. Solche kleinen Arschlöcher in Hemd und Krawatte hatten ihn seit der Jugendzeit verfolgt. Willst du dem Affen nicht eine Banane geben, dann könnten wir beide endlich tanzen? Solche Sätze hatte er öfter zu hören bekommen, und darauf hatte er nur mit einem Erröten erwidern können.
    Doch gerade jetzt, auf dem Weg durch den Flugzeugrumpf, rächte er sich, indem er an das dachte, was in seinem Handgepäck lag. Verblichene Jeans, ein gestreiftes T-Shirt und ein Stück Seil statt eines Gürtels, dazu solche elenden Jesuslatschen an dreckigen Füßen, aber daneben lag im Handgepäck ebenfalls L’Ordine al Merito della Repubblica. Beim Durchleuchten des Handgepäcks hatte man den Orden entdeckt. Die Beamten hatten Åke in einen Nebenraum geschleift und drohten schon unfreundlich zu werden, als er sich als schwedischer Offizier auswies. Auf dem Rückflug. Von der Schwedischen Botschaft, die man jederzeit anrufen könne. Daß er auf dem Rückweg von Sizilien sei. Wenn die Herren also die Güte hätte, sein Cover zu respektieren…
    Diese Worte hatten eine verblüffende Wirkung gehabt, und die komisch anmutende Verwandlung des Flughafenpersonals hatte wohl auch zu seiner guten Laune beigetragen, dieser strahlenden Laune, die ihn den bevorstehenden Schock halbwegs gerüstet überstehen ließ.
    Denn als er den Vorhang zur Seite schlug, entdeckte er zwanzig sehr junge und sehr schöne Frauengesichter. Nach einem kurzen verblüfften Schweigen brachen sie in Jubel, Beifall und Pfiffe aus.
    Er stand und begriff nichts. Sie könnten ja nicht wissen, woher er kam und wer er war und was es sonst noch gab, worüber man jubeln konnte.
    Das wußte die weibliche Gymnastiktruppe aus Stockholm auch tatsächlich nicht, sie jubelten vielmehr genau über das, worüber die Männer da draußen seiner Meinung nach die Nase gerümpft hatten.
    Er gewann notdürftig die Fassung wieder und fand schnell seinen Platz vorn am Vorhang neben den beiden Leiterinnen der Gruppe. Sie stellten sich munter vor und erzählten, alle seien so gut aufgelegt, weil sie bei einem internationalen Wettbewerb in Rom einen Preis gewonnen hätten. Sobald die Maschine gestartet war, bestellte jede eine kleine Flasche Champagner, für die fünfundzwanzig Kronen zu bezahlen waren. Vom Vorhang abgesehen, ist das der entscheidende Unterschied zwischen Affenklasse und Euroclass. In der Euroclass bezahlt man für die Strecke Rom-Stockholm zwar viertausend Kronen mehr, erhält dafür aber ein Champagnerfläschchen gratis. Es ist also der bei weitem teuerste Champagner der Welt.
    Doch in der Affenklasse kostete er nur fünfundzwanzig Kronen und nicht viertausend. Unter zwanzig vernichtend schönen jungen skandinavischen Frauen und einem Riesen stieg die Stimmung immer mehr. Kurz darauf herrschte fröhlicher Lärm.
    Eine der beiden Leiterinnen brachte Åke dazu, etwas zu tun, was er sich bis dahin nicht einmal im Traum hätte vorstellen können. Sie bat ihn, sich hinzustellen, das T-Shirt auszuziehen, die Arme über den Kopf zu nehmen, die Hände zu ballen und die Fäuste in einem Bogen aufeinander zuzuführen. Dann bat sie ihn, sich langsam zu drehen, während sie bei ihren Schülerinnen nach den lateinischen Namen der Muskeln fragte, alles unter unausgesetztem Beifall, Gekicher und Jubel.
    Anschließend sollten die jungen Frauen beantworten, wofür dieser Körper geschaffen war, also um welche

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