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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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uns unterhalten?«
    »Einen Augenblick. Ich komme zu Ihnen
hinaus.« Die Scheibe glitt wieder zu, und kurz darauf trat Gene Mahoney durch
die Tür daneben. Er hatte seinen weißen Mantel ausgezogen und stand nun im
grellbunt karierten Sporthemd vor mir. Es hing, genau wie seine dunklen Hosen,
wie ein Sack an ihm herunter, und er bewegte sich, als leide er unter
chronischen Schmerzen. »Setzen Sie sich bitte, Miss McCone«, sagte er und wies
auf den Sitz eines schäbigen Ledersofas.
    Ich setzte mich. Mahoney nahm einen
Stuhl neben dem Schaukelpferd und fingerte an den schmuddeligen Wollfäden
seiner Mähne herum. »Ich sollte wohl dankbar sein, daß Sie eine
Privatdetektivin sind und nicht jemand vom Sheriffbüro«, sagte er.
    »Dann haben Sie also Earl Hopwood an
einer Schußwunde behandelt?«
    Er nickte.
    »Ich hatte erwartet, Sie würden sich
heftig wehren, darüber zu reden.«
    Er machte eine schwache Handbewegung.
»Im allgemeinen bin ich ein gesetzestreuer Mann. In meinen vierzig Jahren als
praktizierender Arzt habe ich ein paar Dinge getan, die man als unethisch oder
sogar als illegal bezeichnen könnte, obwohl sie das nicht für mich waren. Das
waren zwei Abtreibungen, und zwar vor der Legalisierung — beides eindeutig
Schwangerschaften nach Vergewaltigungen. Und das waren Behandlungen von
Schußwunden, die ich der Polizei nicht gemeldet habe, weil deren Eingreifen
mehr Schaden als Nutzen gebracht hätte.«
    »Und bei Earl Hopwood...?«
    »Sieht es schlecht für mich aus. Ich
will nicht nach Entschuldigungsgründen suchen, nur eins: Ich bin alt und nicht
bei bester Gesundheit.«
    »Warum schlecht für Sie?«
    »Weil Earl in einem äußerst aufgeregten
Zustand war und mir nicht erklären wollte, was passiert war. Seine Hauptsorge
schien zu sein, daß er seine Pistole verloren hatte. Ich hätte darauf bestehen
müssen, daß er mir die Einzelheiten erzählte.«
    »Wie hat er die Waffe verloren?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Und Sie haben keine Ahnung, wer auf
ihn geschossen hat?«
    »Nein, aber ich meine, es muß wohl sein
Schwiegersohn gewesen sein.«
    »Wieso?«
    Mahoney schien die Frage zu
überraschen. »Na ja, er ist tot. Ich nehme an, Earl hat sich gerächt.«
    »Ist es allgemein bekannt in Vernon,
daß Mick Erickson der Mann von Peggy Hopwood war?«
    »O nein. Als ich das erste Mal von dem
Mord hörte, hatte ich keine Vorstellung, wer der Mann im See sein könnte. Aber
Peggy — sie nennt sich jetzt selbst Margot — kam gestern abend zu mir, und sie
hat es mir erzählt.«
    »Margot Erickson war hier? Warum?«
    »Die arme Frau war außer sich. Das ist
nur natürlich. Sie hat ihren Mann verloren, und ich vermute, sie weiß, daß ihr
Vater ihn umgebracht hat. Dann kam sie hierher und suchte Earl, konnte ihn aber
nicht finden. Und zu allem Überfluß war sie heftig geschlagen worden. Eine Frau
wie Peggy... Also, ich bezweifle, daß je zuvor jemand gewagt hat, sie
anzurühren. Sie wollte, daß ich ihr etwas zum Einschlafen gebe. Ich hielt es
bei ihrer Gemütsverfassung nicht für klug, ihr etwas zu verschreiben, aber ich
habe ihr Seconal für eine Nacht gegeben.«
    »Hat sie gesagt, wer sie geschlagen
hat?«
    Mahoney schüttelte den Kopf.
    »Oder wo sie hier wohnt?«
    »Ja, im Willow Grove Lodge natürlich.
Sonst ist zu dieser Jahreszeit hier nichts offen, und Rose Wittington ist
seinerzeit wie eine Mutter zu ihr gewesen. Man kann ja auch kaum erwarten, daß
sie in dieser Bruchbude bleibt, die Earl für sich im Stone Valley gebaut hat.«
    Das war also der Grund, warum Rose sie
nicht drinnen ans Telefon gelassen hatte. Wahrscheinlich hatte Margot Erickson
sie gefragt, ob noch andere Gäste da seien, und als sie meinen Namen hörte,
wird sie Rose wohl gebeten haben, ihre Anwesenheit geheimzuhalten. Aber warum
hatte ich Margots Miata nicht gesehen? Ich führte mir die Ferienanlage vor
Augen und erinnerte mich an eine kleine Garage ganz weit auf der linken Seite.
    »Dr. Mahoney«, sagte ich, »wann genau
kam Earl Hopwood zu Ihnen, um sich behandeln zu lassen?«
    »Samstag morgen gegen zehn.«
    »War es eine frische Wunde?«
    »Sie war ihm kurz zuvor zugefügt
worden.«
    »Und er machte keine Andeutungen, wohin
er anschließend wollte und was er vorhatte?«
    »Nein. Er hat kaum etwas gesagt, nur
gejammert über den Verlust der Waffe.«
    »Haben Sie ihn seitdem noch einmal
gesehen?«
    »Nein. Am Samstagabend fing ich an, mir
seinetwegen Sorgen zu machen. Also fuhr ich ins Stone Valley, um nach ihm zu
sehen. Die Hütte

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