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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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und Schürfrechte zusammengestellt
hatte. Eine der Bedingungen war, daß man innerhalb der Grenzen des Claims Erz
gefunden haben mußte. Beim Landankauf von der Bundesregierung und der
Registrierung waren die Anforderungen sogar noch strenger. Mochte sein, daß wir
tatsächlich über die personifizierte Dummheit redeten. Sicher hatte Hopwood
nicht gerade viel Verstand gezeigt, wenn er seine Hütte auf bundeseigenem Land
baute, wo die Regierung ihn jederzeit zum Abriß zwingen konnte.
    Lily sagte: »Wie heißen Sie — McCone?«
    Ich nickte.
    »McCone, was geht Ihrer Meinung nach da
oben vor?«
    »Ich habe keine Ahnung.«
    »Ich auch nicht. Aber was immer es ist,
es ist mir verdammt unheimlich.«

5
     
    Zwei andere Schürfer, die ich nach
meinem Besuch bei Lily Nickles aufsuchen wollte, waren nicht da. Ein dritter
jagte mich mit dem Gewehr in der Hand weg. Als ich endlich Hopwoods sogenannten
Claim erreichte, war es später Nachmittag geworden, und die Hitze hatte, Gott
sei Dank, ein wenig nachgelassen.
    Der Claim lag am Ende des Tals in einem
von Felsbrocken übersäten, sich nach oben verengenden Canyon, in den der Bach
über eine hohe Felskante hinabstürzte. Ich mußte den ganzen Weg zu Fuß gehen.
Es mußten über drei Meilen sein, und ich war froh, daß ich in besserer Form war
als üblich — eine Folge der langen, kräftigen Märsche, die George und ich am
Strand unternommen hatten. Dennoch war ich am Ende erschöpft und ausgedörrt und
darum sehr erleichtert, als ich Hopwoods Hütte entdeckte.
    Sie war recht solide gebaut und stand
ein Stück vom Bachbett entfernt unter einem zackigen Felsvorsprung. Am verwitterten
Zustand des Holzes und an den verzogenen Fenstern war zu erkennen, daß Hopwood
sich sein Material aus Promiseville geholt hatte. Die verstärkte Bohlentür war
mit Riegel und Vorhängeschloß versperrt. Ich ging dennoch hin und klopfte. Wie
erwartet, kam keine Antwort, und so untersuchte ich die Fenster. Wie bei Lily
Nickles waren sie verhängt. Die Hütte — sogar der ganze kleine Canyon —
strahlten eine Stille aus, die einem verriet, daß hier niemand war, und das
schon seit einiger Zeit.
    Bevor ich mich gründlicher umsah, ging
ich zum Bach, schöpfte mit den Händen kaltes Wasser und trank. Es hatte einen
angenehmen metallischen Beigeschmack. Nachdem der Durst gelöscht war, zog ich
nun Schuhe und Socken aus und ließ meine Füße in die kühle Strömung hängen. Ich
schloß die Augen und lauschte dem Rauschen des Wasserfalls. Dachte an den
langen Weg zurück zu meinem Wagen und seufzte.
    Was hatte ich heute herausgefunden? Nur
die völlig überzeugende Erklärung dafür, warum Earl Hopwood seit mehr als zwei
Wochen weder in der Stadt noch im Tal gesehen worden war. Ich hatte erfahren,
daß Lily Nickles nie von Franklin Tarbeaux gehört hatte und daß die Leute von
Transpacific ihrem Boden zwar keine Erzproben entnahmen, es aber trotzdem
bewachen ließen, sogar von bewaffneten Männern. Was konnte das bedeuten? Die
Gesellschaft hatte ein fremdes Management, das das Land hier nicht kannte. Bei
ihren sonstigen Aktivitäten mochten Wachen zur notwendigen Routine gehören.
Nein, mein heutiges Tagewerk half mir nirgends weiter.
    Doch warum hatte ich zunehmend das
Gefühl, daß hier etwas nicht stimmte?
    Nun, da gab es zum einen die Tatsache,
daß Lily Nickles gesagt hatte, sie habe Angst. Dabei kam sie mir nicht gerade
wie eine leicht zu ängstigende Frau vor — die das auch noch zugab. Zum anderen
waren da die noch immer ungeklärten Einbrüche in Ripinskys Haus, in den
Wohnwagen und die Feriensiedlung. Schließlich noch die Person, die mir im
Tuffstein-Wald nachspioniert hatte, der zusätzliche Einbruch in der Nacht zuvor
und der Anruf bei All Souls.
    Dazu kam, daß in diesem kleinen, engen
Canyon das Gefühl, etwas stimme nicht, besonders stark war — viel zu stark für
einen Ort, dessen einziger Bewohner bloß auf eine Spiel- und Weibertour nach
Nevada gezogen war.
    Ich glaube nicht an übernatürliche
Dinge, aber ich glaube sehr wohl, daß Orte manchmal Emotionen ausstrahlen
können, die zu dort tatsächlich geschehenen Ereignissen gehören. Ein Haus, in
dem Menschen glücklich gelebt hatten, strahlt so etwas auch aus. Wo das Unglück
zu Hause war, fühlt man sich nicht wohl. Orte, an denen Verbrechen geschahen —
vor allem Morde — , sind am schlimmsten. An ihnen herrscht eine Aura von Wut,
Verzweiflung und Not.
    Ich stand auf und schaute mich um. Der
Platz zwischen der Hütte und der

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