Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
Vom Netzwerk:
hatte er ein beträchtliches Loch
in die Theorie gerissen, Hopwood könnte in Nevada sein und dort die Einnahmen
aus seinem Landverkauf verjubeln.
    Inzwischen war es längst fünf Uhr
vorbei. So nahm ich den Gutschein über ein freies Getränk an, den mir der
Wachmann gegeben hatte, trank ein Glas Wein und spielte in der Kasinolounge ein
paar Runden Keno. Eine Weile dachte ich darüber nach, ob ich den Strip wieder
zurückgehen und mir bei Harrah’s oder im Sundowner ein Zimmer nehmen sollte.
Ich könnte zu Abend essen, ein bißchen spielen und am nächsten Morgen frisch
heimfahren. Aber irgendwie bedrückte mich Reno. Auf jeder meiner sporadischen
Fahrten dorthin war es mir schäbiger vorgekommen, eine verfallende kleine Stadt
voller kalt blickender Gauner und Verlierer, die nur noch eine trügerische
Hoffnung hatten — auf den großen Gewinn. Sie hat nichts von der natürlichen
Schönheit von Lake Tahoe, nichts von dem übertriebenen Flitterkram von Las
Vegas, und die Freundlichkeit, auf die man früher hier so stolz war, ist zu
einem vorgetäuschten Lächeln verkommen, das kaum mehr verbirgt, worauf man es
abgesehen hat: auf die Dollars der Touristen.
    Also schnappte ich mir schließlich
einen Hamburger und einen Kaffee, und dann eilte ich zurück nach San Francisco.
Nachdem ich mich durch einen Verkehrsstau auf einem Freeway in Sacramento,
verursacht durch eine Nachtbaustelle, und an einem Unfall vorbeigekämpft hatte,
der zwei Fahrspuren auf der San Francisco-Oakland Bay Bridge blockierte, war
ich um halb zwei mißmutig und erschöpft zu Hause angekommen.
    Aber heute morgen hatten mich Ralphie
und Allie mit ihren liebevollen Tatzen unter gewaltigem Schnurren geweckt, und
ich dachte daran, daß ich mich heute abend mit George und meiner Mutter treffen
würde. Trotz meiner Befürchtung, der Abend könnte schlimm enden, stellte sich
heraus, daß ich mich darauf freute. Aber zuerst mußte noch einiges erledigt
werden...
    Ich griff erneut zum Telefon und wählte
die Nummer der Mordkommission von San Francisco. Bart Wallace saß an seinem
Arbeitsplatz und sagte mir, Kristen Lark habe ihn bereits angerufen und
erklärt, daß ich bei den Ermittlungen im Fall Erickson mit ihr zusammenarbeite.
Wallace sah darin kein Problem und versprach mir jede mögliche Hilfe.
    »Im Moment brauche ich nur Antwort auf
ein paar Fragen«, sagte ich. »Ist Ericksons Adresse am Barbary Park noch
aktuell?«
    »Ja. Ich bin am Sonntagmorgen selber
hingefahren und habe seiner Frau die Nachricht überbracht.«
    »Und seine Frau heißt...?«
    »Margot.«
    »Wie hat sie es aufgenommen?«
    »Es war schlimm. Sie dachte, ihr Mann
sei auf einer Geschäftsreise nach Japan. Zu erfahren, daß das gar nicht der
Fall war, machte es nur noch schlimmer.«
    »Konnten Sie ihr Fragen stellen?«
    »Keine detaillierten. Ich wollte sie
eigentlich noch einmal aufsuchen, nachdem Mono County um mehr Informationen
gebeten hatte, aber jetzt nehmen Sie sich der Sache an.«
    Wallace schien erfreut darüber zu sein.
Und bei dem bekannten Arbeitsanfall im Mordkommissariat konnte ich das auch
verstehen. Ich bedankte mich und hängte ein.
    Als nächstes ging ich den Gang entlang
zu Larry Koslowskis Wohnbüro und klopfte. Unser Oberexperte in Sachen
Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht und zugleich der Gesundheitsapostel des
Hauses war zwar am Computer beschäftigt, begrüßte mich aber freundlich. Ich
setzte mich und wartete, bis er mit seinen Eingaben fertig war.
    In Larrys Zimmer kommt man sich wie in
einem fröhlichen Dschungel vor. Die Tapeten haben ein grünes Moiré-Muster. Das
Fenster ist ein Gewächshaus, in dem er die Kräuter und Keimlinge zieht, die den
Anhängern der Naturkost als unabdingbar für ihr Wohlergehen erscheinen. Auf
einem Gestell neben der Marmorspüle stehen ein Mixgerät, Meßbecher und Dutzende
Flaschen und Tiegel, angefüllt mit seltsamen Blättern, Pillen und Pulvern. Ich
frage mich oft, ob seine neuen Klienten nicht meinen, versehentlich im Labor
eines verrückten Wissenschaftlers gelandet zu sein.
    Vor ein paar Jahren hatte Larry bei der
jährlichen Bescherung bei All Souls den Weihnachtsmann gespielt. Ich hatte eine
große Plastiktüte mit etwas bekommen, das wie Sägemehl aussah — es war die
Instantversion seines Proteindrinks zum Frühstück. Die Tüte steht jetzt noch
irgendwo in einer Ecke meiner Vorratskammer, aber Larry, der das natürlich
nicht weiß, nimmt seitdem in Anspruch, mich auf den Weg wiedergewonnener Kraft
und Gesundheit

Weitere Kostenlose Bücher