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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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meinen Aktenkoffer auf dem Kaffeetisch vor mir ab. »Es tut mir leid,
Sie gerade jetzt belästigen zu müssen«, sagte ich.
    »Ich weiß, daß das notwendig ist.« Ihre
rauhe Stimme verriet die Gewohnheitsraucherin. Sie griff nach einer
Porzellandose, nahm eine Zigarette heraus und zündete sie mit fahriger Hand an.
Kaum hatte sie den Rauch wieder ausgeblasen, verzog sie das Gesicht und drückte
die Zigarette aus. »In den letzten drei Monaten bin ich auf fünf pro Tag
heruntergekommen«, sagte sie. »Aber in den letzten achtundvierzig Stunden habe
ich so viel geraucht, daß ich krank davon bin.«
    »Das ist ganz normal.«
    »Ja, aber es ist auch ein Zeichen von
Schwäche, und so mag ich mich gar nicht. Ich habe mich immer für stark gehalten
und geglaubt, allen Dingen ins Gesicht sehen zu können. Seit Sonntag morgen
weiß ich, daß ich bisher noch gar nicht mit größeren Problemen konfrontiert
war.«
    »Glauben Sie, über Ihren Mann reden zu
können, Mrs. Erickson?«
    »Das wäre doch in meinem eigenen
Interesse, nicht?«
    Wie sie das sagte, kam es mir wie eine
seltsame Phrase vor. »Selbstverständlich«, sagte ich, während ich mein
Tonbandgerät aus dem Aktenkoffer zog. Margot Erickson betrachtete es ängstlich,
und im ersten Augenblick dachte ich, sie könnte dagegen sein. Doch als ich sie
fragte, ob sie mit einer Aufzeichnung einverstanden sei, zuckte sie nur
zustimmend mit den Schultern.
    Ich schaltete das Gerät ein und sagte:
»Ich kann mir vorstellen, daß einige Fragen, die ich stellen muß, sehr
schmerzlich für Sie sind. Darum versuche ich, mich kurz zu fassen. Inspektor
Wallace sagte mir, Sie wußten gar nicht, daß Ihr Mann in Wirklichkeit in der
Gegend von Tufa Lake war und nicht, wie Sie dachten, in Japan.«
    Über ihr Gesicht flog ein Ausdruck, der
mich überraschte. Er war zwar im Nu wieder verschwunden, aber ich war sicher,
eine flüchtige Erleichterung erkannt zu haben. »Nach meiner Kenntnis«, sagte
sie, »hat Mick in Tokio eine Reihe Seminare für einen seiner japanischen Kunden
gehalten.«
    »Was waren das für Seminare?«
    »Er brachte Angestellten dort bei, wie
sie mit der amerikanischen Geschäftswelt umzugehen haben. Micks Firma hat sich
auf Asien und den interkulturellen Umgang spezialisiert.«
    »Und er war wie lange weg?«
    »Vier Tage.«
    »Haben Sie während dieser Zeit von ihm
gehört?«
    »...Nein.«
    »Kein Wort?«
    »Nein.«
    »Ist Ihnen das nicht eigenartig
vorgekommen?«
    »Eigentlich nicht. Er stand ständig mit
seiner Sekretärin in Verbindung. Connie mußte mir alle notwendigen
Informationen weitergeben.«
    »Zum Beispiel?«
    »Also... etwa Änderungen seiner
Reisepläne. Dinge, um die ich mich kümmern sollte.« Ihre Hand irrte zur
Zigarettendose. Sie zog sie in den Schoß zurück. »Aber solche
Benachrichtigungen hat es nicht mehr gegeben, Miss McCone. Mick und ich... wir
kamen nicht mehr gut miteinander aus. Wir haben beide seine Reise nach Japan
als einen Trennungsversuch angesehen.«
    »Ich verstehe. Darf ich Sie fragen — «
    »Nein.« Sie schüttelte den Kopf und
wollte sichtlich nicht davon reden. »Es war eine rein private Geschichte und
hatte nichts zu tun... mit dem, was ihm passiert ist.«
    »Dann lassen Sie uns über den Tufa Lake
reden. Wissen Sie irgendeinen Grund, warum Ihr Mann dorthin gefahren sein
könnte?«
    »Nein.«
    »Hat er in der Gegend Freunde oder
andere Verbindungen?«
    »Nein.«
    »Sie sind sich anscheinend recht
sicher.«
    »Selbstverständlich. Mick war mein
Mann. Ich kannte ihn.«
    »Aber die letzten vier Tage hat Mr.
Erickson vor Ihnen verborgen, wo er sich aufhielt. Selbst angesichts einer
Trennung ist das unüblich. Könnte es nicht möglich sein, daß er Ihnen auch eine
Verbindung zum Mono County verschwiegen hat?«
    »...Das ist möglich.«
    Dieses Eingeständnis hätte sie
eigentlich verstören müssen, aber wieder flackerte Erleichterung in ihren Augen
auf. Ich schätzte Margot als eine Frau ein, die normalerweise die Wahrheit
sagte und nur log, wenn es absolut notwendig schien, und auch dann fiel es ihr
schwer. Ihr Wechsel zwischen Anspannung und Erleichterung hatte wahrscheinlich
mit der Furcht vor der Richtung meiner Fragen zu tun — aber ich wußte
dummerweise nicht, welche Richtung ich einschlagen sollte.
    Ich fragte: »Wie lange waren Sie und
Mr. Erickson verheiratet?«
    »Sieben Jahre.«
    »Haben Sie ihn lange vorher gekannt?«
    »Ich... Was hat das mit seinem Tod zu
tun?«
    »Sieben Jahre sind eine relativ kurze
Zeit. Es

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