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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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geführt zu haben. Von Zeit zu Zeit, um Neujahr oder in der
Fastenzeit, macht er sich an die Säuberung unserer gemeinsamen Küche bei All
Souls und schleudert raffinierten Zucker, Dosenfleisch, Kekse, gebleichtes Mehl
und Hamburger-Fertigmischung in den Abfall. Solche Exzesse nähmen wir ihm
sicher übel, erwischten wir ihn nicht ab und zu auch dabei, daß er sich
schuldbewußt eine Pizza (mit Anchovis und Peperoni) einverleibte oder in der
Remedy Lounge an der Mission Street genausoviel Bier in sich hineingoß wie wir.
    Nach ein paar Minuten drehte er sich in
seinem Sessel vom Schreibtisch weg, sah mich an und strich seinen gewichsten
Schnauzbart glatt. »Wo bist du gestern gewesen?« wollte er wissen. »Ted und ich
wollten bei Mama Mia etwas bestellen, aber ohne dich waren wir nicht genug.«
    Da hatte Larry also wieder einen
Rückfall gehabt. Mama Mia’s war die Lieblingspizzeria unserer Kooperative. »Ich
bin zum Tufa Lake gefahren, habe Anne-Marie geholfen und noch einen Tag ans
Wochenende drangehängt.«
    »Richtig — Hank hat es erwähnt. Ein
Fall?«
    »Inzwischen ein Mordfall. Ich helfe dem
Sheriffbüro von Mono County.«
    In Larrys sanften braunen Augen blitzte
etwas auf — bloß ein Funke, der mir sagte, daß das Wort »Mord« ihn an die
Ereignisse jener Julinacht im letzten Jahr erinnerte. Aber anders als bei Rae
war es nur eine kurze Reaktion. Larry ist älter, hat mehr von der weniger
schönen Seite dieser Welt gesehen und wühlt nicht in vergangenen Dingen herum.
    Ich setzte hinzu: »Ich glaube, du
könntest mir behilflich sein.«
    »Gern. Und wie?«
    »Hast du schon einmal von einer
Consultingfirma namens Cross-Cultural Concepts gehört? Sie hat ihr Büro im
Embarcadero Center, und nach ihrer Geschäftskarte zu schließen, hat sie mit
internationaler Marketingpraxis zu tun.«
    Larrys nachdenkliche Augen wurden zu.
»Mit dem Namen kann ich nichts anfangen, aber ich kann dir sagen, was sie
machen. Es handelt sich um ein ziemlich neues Spezialgebiet. Es ist mit den
Problemen entstanden, die der wachsende internationale Handel mit sich bringt,
vor allem mit den Pazifik-Anrainerstaaten. Firmen wie die, nach der du fragst,
bilden Geschäftsleute in der Kunst aus, wie man mit Kunden und Klienten aus
anderen Kulturen umgeht und mit ihren unterschiedlichen Gewohnheiten und
Erwartungen.«
    »Sie vermitteln also so etwas wie
geschäftliche Umgangsformen.«
    »Sozusagen. Willst du zum Beispiel in
Japan Handel treiben, dann bringen sie dir bei, wie du die richtigen Geschenke
für deine Kunden aussuchst. Sie führen dich in japanische Restaurants und
erzählen dir etwas über das Essen und wie man mit Stäbchen umgeht. Klienten von
drüben bringen sie die umgekehrten Dinge bei, damit sie sich in Amerika gewandt
bewegen können.«
    »Ich verstehe. In meinen Ohren klingt
das etwas unseriös.«
    Larry zuckte mit den Schultern. »Das
dient einem ganz legitimen Bedürfnis, aber eine Menge weniger reputierlicher
Berater ziehen ihren Vorteil aus der Tatsache, daß die Parameter dafür noch
nicht genau festliegen.«
    »Okay. Noch eine Frage: Was weißt du
über hiesige Geschäftsgruppen, die von Hongkong aus kontrolliert werden? Vor
allem über die Transpacific Corporation.«
    »Über die Transpacific? Nur sehr wenig,
außer, daß ihr Boss Lionel Ong heißt. Ong gilt als einer der extravagantesten
und glänzendsten Köpfe in Hongkongs Geldelite. Aber das ist schon alles, was
ich weiß. Du solltest darüber mit Marcy Cheung von der Sino-American Alliance
reden.«
    »Was ist das für eine Organisation?«
    »Eine Handelsorganisation für Chinesen
von drüben, die mit den USA Geschäfte machen. Marcy leitet die
Öffentlichkeitsarbeit und ist eine gute Freundin von mir. Vielleicht kann ich
sie gleich erreichen.« Er drehte sich zum Schreibtisch zurück, suchte die
Nummer heraus und wählte.
    Dreimal mußte er nach Marcy Cheung
fragen, dann sagte er: »Marcy, hier ist Larry Koslowski. Wie geht’s?... Nicht
schlecht. Hast du schon das Rezept für glasierte Buchweizengrütze probiert?...
Richtig, mit einem Überzug... Nein, das nicht, aber ich glaube,
Buchweizengrütze hat einen Geschmack, an den man sich gewöhnt hat... Du willst
dich gar nicht an ihn gewöhnen? Na ja, das ist dein Problem. Hör mal, kannst du
mir einen Gefallen tun? Unsere Chefermittlerin müßte einmal mit jemandem von
der Transpacific Corporation reden. Hast du etwas Zeit für sie?« Er hörte einen
Moment lang zu und fragte mich dann: »Kannst du gegen

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