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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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den
Vereinigten Staaten können sehr weitreichend und bedeutend sein. Manche bewegen
sich auf sensiblem Terrain, wie etwa eine Reihe unserer Hongkonger Firmen, die
ihr Kapital hierher transferieren wollen, bevor das Territorium 1997 an die
Volksrepublik China fällt.«
    »Gehört die Transpacific Corporation
dazu?«
    »Nicht im eigentlichen Sinne.
Transpacific ist eine amerikanische Gesellschaft. Ihr Vorstandsvorsitzender,
Mr. Lionel Ong, ist ein naturalisierter amerikanischer Bürger und Absolvent der
Harvard Business School.«
    »Aber in der Firma steckt doch Kapital
aus Hongkong?«
    Sie zögerte. »Wenn ich gesagt habe,
äußerste Vorsicht zähle jetzt nicht mehr, meinte ich das auf Mr. Erickson
bezogen, nicht auf unsere Kunden. Solange Cross-Cultural als juristische Person
existiert, bin ich verpflichtet, mich schützend vor sie zu stellen.«
    »Das ist nur fair. Könnten wir uns dann
über Mr. Ericksons angebliche Reise nach Japan unterhalten? Seine Frau sagte
mir, er habe für einen wichtigen Kunden eine Reihe von Seminaren abhalten
wollen.«
    Connie Grobes Lippen wurden schmal,
aber ich wußte nicht, aus welchem Grund. »Der Kunde war Sumeri International in
Osaka.«
    »Und Mr. Ericksons Reisevorbereitungen
wurden über dieses Büro hier erledigt?«
    »Die Reisevorbereitungen, die
Versendung des Materials für die Seminare und alle damit zusammenhängenden
Details.«
    »Hat sich Mr. Erickson nach seiner
Abreise mit Ihnen in Verbindung gesetzt?«
    »Ja, bei seiner Ankunft in Japan per
Telefon. Zumindest hat er das behauptet.«
    »Und danach?«
    »Als er anrief, um mir mitzuteilen, daß
sich seine Pläne geändert haben, sagte er, er wolle verschiedene Außenstellen
aufsuchen. Wenn nötig, solle ich mich über das hiesige Sumeri-Büro mit ihm in
Verbindung setzen.«
    »Nicht über Ihr Büro in Osaka?«
    »Nein.«
    »Kam Ihnen das nicht merkwürdig vor?«
    »Ein bißchen schon. Aber Mick hat seine
Geschäfte oft auf unorthodoxe Art geführt.«
    »Haben Sie denn über Sumeri Kontakt mit
ihm aufnehmen müssen?«
    »Nein. Mick reist sehr häufig. Unser
Büro hier ist darauf eingestellt, auch ohne ihn ordnungsgemäß weiterzulaufen.
Nur im Notfall hätte ich Verbindung mit ihm aufnehmen müssen.«
    Und darauf hatte er gebaut, dachte ich.
»Können Sie mir Ihre Kontaktperson hier in San Francisco nennen?«
    Sie zögerte und zuckte dann mit den
Schultern. »Ich nehme an, dagegen ist nichts einzuwenden. Er heißt Mr. Hiroshi
Kamada.«
    Ich schrieb mir den Namen auf. »Hat Mr.
Erickson normalerweise von unterwegs per Kreditkarte angerufen?«
    »Wenn er auf einem Flugplatz war oder
an anderen öffentlichen Plätzen, ja. Sonst ließ er die Gespräche auf die
Hotelrechnung schreiben, oder er rief per R-Gespräch an.«
    »Wenn er also nicht gerade von
unterwegs per Kreditkarte anrief, wußten Sie nicht gleich, woher sein Anruf
kam?«
    »Das stimmt.«
    »Diese Reise nach Japan — war die von
langer Hand geplant gewesen?«
    »Sie ergab sich eigentlich sehr
plötzlich.« Sie biß sich auf die Unterlippe, und man sah den Kummer in ihren
Augen. »Wir haben hier sehr hart gearbeitet und Überstunden gemacht, um das
Material für die Seminare vorzubereiten. Mr. Erickson hat auch zwei Vorträge
vor wichtigen hiesigen Kunden für die Reise abgesagt. Daß er das nur als
Tarnung für andere Pläne getan hat, macht mich wütend. Wütend und furchtbar
traurig.«
    Seine Frau war also nicht die einzige
gewesen, die er betrogen hatte, dachte ich. Irgendwie wirkten Connie Grobes
eingestandene Wut und Sorge bitterer als die beherrschte Trauer und die heimliche
Angst, die ich bei Margot Erickson verspürt hatte.
    »Miss Grobe«, sagte ich, »bei der
Untersuchung von Mordfällen ist es oft notwendig, auf sehr persönliche Aspekte
im Leben des Opfers zu achten. Macht es Ihnen wohl etwas aus, über Mr.
Ericksons Privatangelegenheiten zu reden?«
    Sie dachte nach. »Nein«, sagte sie nach
einer Weile. »Mick ist tot, und das Wichtigste ist, seinen Mörder zu finden.
Was wollen Sie wissen?«
    »Margot Erickson sagte mir, sie und ihr
Mann hätten die Reise nach Japan als Trennungsversuch betrachtet. Wußten Sie
das?«
    Wieder zog sich ihr Mund zusammen.
Diesmal fiel mir auf, daß es ein Reflex auf die Erwähnung von Margot war. »Das
konnte einem kaum entgehen. Seit einem Monat hatte Mick auf der Couch in seinem
Büro geschlafen. Ich würde sagen, das war schon ein Trennungsversuch.«
    »Er hat hier einen ganzen Monat lang
geschlafen? Warum ist er

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