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Niemandsland

Niemandsland

Titel: Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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so gern zitiert, packte den
Recorder in den Aktenkoffer und machte mich zum Gehen fertig. Das
philippinische Dienstmädchen erschien mit teilnahmsloser Miene unter der Tür
und wartete darauf, mich hinauszubegleiten.
    Bevor ich zu ihr hinüberging, ließ ich
noch einmal den Blick durch Margot Ericksons unbewohnbares Wohnzimmer wandern.
Hier herrschten Leere, Sterilität und noch etwas... Angst? Ja, Angst. Ihre alles
durchdringende Gegenwart machte das hübsche Zimmer zu einem genauso
bedrückenden Gefängnis wie jenes, das durchs Fenster in der Ferne zu sehen war.
     
     
     

11
     
    Die Firma Cross-Cultural Concepts
residierte in einer schönen Suite im achten Stock von Embarcadero Two. Sie war
wie das Stadthaus der Ericksons steril und teuer eingerichtet. Aber der
Empfangsbereich und die Büros, in die ich einen Blick werfen konnte, strömten
etwas Maskulines aus, als wolle man die Kunden aus den Ländern des pazifischen
Raums in ihrer männlich bestimmten Haltung bestätigen. Die tannengrünen
Teppiche, die dunkle Holztäfelung und die Lederpolster schienen ausdrücken zu
wollen, daß man zwar eine amerikanische Firma war und sich deswegen an all
diese törichten Ideen von Gleichberechtigung halten müsse, daß man bei
Cross-Cultural Concepts indessen sehr wohl wisse, wer tatsächlich die Zügel des Welthandels in der Hand
hält.
    Connie Grobe, Mick Ericksons
Sekretärin, rundete dieses Bild perfekt ab. Sie wirkte nicht maskulin, aber ihr
streng frisiertes dunkles Haar und ihr Schneiderkostüm hätten besser zu einem
Büroroboter gepaßt als zu einer Frau. In den Modemagazinen liest man, die
nüchterne Kleidung der Erfolgsfrau der achtziger Jahre sei einer neuen
Sanftheit und Weiblichkeit im Outfit gewichen, da wir Frauen — behaupten sie —
uns nun nicht mehr beweisen müßten. Connie Grobe hielt davon offensichtlich
nichts, und als ich ihr durch den Gang in ihr Büro folgte, kam es mir vor, als
habe sie recht. Angesichts der neuesten Änderungen im Abtreibungsrecht und beim
Anspruch auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit kam mir nämlich langsam der
Verdacht, daß wir schon bald wieder ein paar Dinge von neuem beweisen müssen...
    Ein Verschlag an einer Innenwand war
Connie Grobes ganzes Büro: eine Reihe Aktenschränke, ein Schreibtisch, zwei Stühle.
Kein Fenster — wahrscheinlich hielten die Verantwortlichen bei Cross-Cultural
Sekretärinnen tatsächlich für Roboter ohne einen Bedarf an Licht und frischer
Luft. Als ich mich auf ihrem Besucherstuhl niederließ, stieg ein Rest von jener
Wut in mir hoch, die ich empfunden hatte, als ich neben dem College einen
Teilzeitjob beim Sicherheitsdienst einer großen Versicherungsfirma der Stadt
hatte. Jeden Freitag holte ich mir meinen mageren Scheck und sah dabei, wie die
Angestellten in winzige, luftlose Verschlüge gestopft saßen, während die großen
Büros der Bosse mit ihren Fenstern leer standen — denn die waren gewöhnlich
außer Haus oder tafelten mit künftigen Kunden. Damals hatte ich mir geschworen,
niemals Opfer eines Systems zu werden, das seine Angestellten ausnutzte und
dann wegwarf wie Bleistiftstummel oder verbogene Büroklammern.
    Connie Grobe setzte sich an die andere
Seite des Schreibtischs, faltete die Hände und fragte: »Können Sie sich bitte
ausweisen, Miss McCone?«
    Ich schob ihr das Lederetui mit meinen
Ausweisen hinüber. Sie studierte sie einen Augenblick und gab sie mir dann
zurück. »Und es gibt auch jemanden bei der Polizei, mit dem ich mich in
Verbindung setzen und der mir bestätigen kann, daß Sie mit der Polizei bei den
Ermittlungen über den Tod von Mr. Erickson zusammenarbeiten?«
    Ich schluckte meinen Ärger hinunter —
schließlich hatte die Frau ein Recht darauf, wachsam zu sein — und sagte: »Sie
können sich mit Inspektor Bart Wallace von der Mordkommission von San Francisco
in Verbindung setzen. Oder mit Detective Kristen Lark vom Sheriffbüro in Mono
County.«
    Sie machte sich Notizen auf einem
Block, fragte aber nicht nach den Telefonnummern. Sie starrte das Blatt eine
Weile an, seufzte dann, riß es ab, knüllte es zusammen und warf es in einen
Papierkorb. Auf meinen erstaunten Blick sagte sie: »Äußerste Vorsicht war eines
von Mick Ericksons Geboten, Miss McCone. Aber Mick ist tot, und deshalb zählt
das jetzt wohl nicht mehr, oder?«
    »Wahrscheinlich nicht. Warum war er so
besonders vorsichtig?«
    »Viele unserer Kunden kommen aus dem
pazifischen Raum. Die politischen Verzweigungen ihrer Geschäfte in

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