Niewinter 02 - Salvatore, R: Niewinter 02 - Neverwinter
nicht, dass er die legendäre Kunst der wirbelnden Säbel erleben würde, wenn er jetzt Drizzt nachsetzte.
Aber das hatte Entreri keineswegs vor. Mit seinem nicht zu Ende geführten Angriff hatte er Drizzt von seinen gegenwärtigen Absichten überzeugt, und schon zuvor hatte Entreri ihm an den Augen abgelesen, dass sein Anblick Drizzt keineswegs bedrückte – ab dem Moment, da der Waldläufer ihn erkannt hatte.
Artemis Entreri war froh über diese Erkenntnis, nicht nur weil sein eigener, dummer Plan gescheitert war und er zweifellos getötet worden wäre, wenn Drizzt die Begegnung anders eingeschätzt oder ihn nicht wiedererkannt hätte. Nein, es war mehr als das. Viel mehr. Drizzt hatte keine Ahnung, welch unendliche Erleichterung den gequälten Mann schon zu dem Zeitpunkt überkam.
Obendrein setzte sich in Entreris Gedanken bereits ein Plan zusammen, wie er Sylora loswerden und diesen freudigen Moment dann nutzen konnte, eine Begegnung zwischen Erzgo Alegni und Drizzt Do’Urden in die Wege zu leiten, bei der auch die reizende Dahlia gegen Alegni antreten konnte.
In diesem Augenblick verspürte Artemis Entreri, der seit Jahrzehnten den Namen Barrabas der Graue trug, etwas, das er in dieser ganzen Zeit nicht mehr gekannt hatte:
Hoffnung.
16
Von allen Seiten bedrängt
»Er hat sich mit meinen Feinden verbündet?«, fragte Erzgo Alegni zweifelnd und zog sein Schwert halb aus der Scheide, als ob die wachsame Waffe ihm diese Nachricht bestätigen könnte. Alegni stand auf der nach ihm benannten Brücke in Niewinter und sah nach Westen zur schon tief stehenden Sonne.
»Vielleicht, vielleicht auch nicht«, erwiderte Effron vielsagend, was ihm einen bösen Blick von Alegni einbrachte, der für solche Spielchen gerade wenig übrig hatte.
»Barrabas hat sich mit dem Drow und Dahlia verbündet«, sagte Effron. »Offenbar ist die beste Kämpferin der Zauberin aus Tay als deren Todfeindin zurückgekehrt.«
»Warum sollte ich dir trauen?«
»Warum lässt du mich Barrabas beobachten, wenn du meinen Berichten keinen Glauben schenken willst?«, entgegnete der Hexer.
Auf Alegnis Befehl hatte Effron seine Zauberkräfte eingesetzt, um dem Meuchelmörder in den Wald zu folgen. Durch sein Erbe und seine Ausbildung als Schattenwesen hatte nicht einmal der schlaue Barrabas diese Überwachung bemerkt. Und so hatte Effron die Verhandlungen zwischen Barrabas, der Elfe und dem Drow mit angesehen.
»Vielleicht sucht Lady Dahlia Verbündete«, bot Effron an.
»Dahlia, die meine Patrouille vernichtet hat«, erinnerte Alegni ihn säuerlich, worauf Effron rasch einen Rückzieher machte. »Barrabas hat sich mit Dahlia zusammengetan, nachdem diese meine Leute erledigt hat! Neben über einem Dutzend weiterer Shadovar.«
»Ich meinte nicht, dass der dumme Barrabas ungestraft davonkommen soll«, erwiderte Effron sofort. »Vielleicht kannst du ihn an sein Versagen erinnern, nachdem er Sylora getötet hat.«
Erzgo Alegni wandte sich ab und ging zum Geländer, um die letzten Farben des Tageslichts zu betrachten. Tatsächlich würde er Barrabas wohl kaum bestrafen, wenn dieser ihm den Kopf von Sylora Salm brachte.
Ein Grinsen trat auf Alegnis Gesicht, als er an seinen Meuchelmörder dachte und an all die Male in den letzten Jahrzehnten, bei denen Barrabas der Graue seine Erwartungen in einem solchen Maße übertroffen hatte, dass Alegni sich große Mühe geben musste, den Mann nicht offen zu bewundern.
Wenn Barrabas mit Syloras Kopf zurückkehrte und mit dem Kopf ihrer besten Kämpferin, Dahlia, was Alegni für wahrscheinlich hielt, würde er ihn zweifellos belohnen.
Sollte Barrabas jedoch versagen – ob er dabei ums Leben kam oder nicht –, dann konnte Erzgo Alegni die überraschenden Informationen von Effron als Ausrede verwenden, um den Mann noch mehr leiden zu lassen.
Einen kurzen Augenblick hoffte Alegni geradezu, Barrabas würde scheitern. Aber wirklich nur kurz, denn ein Sieg über Sylora Salm war auf jeden Fall das Wichtigste, weil es ihm bei seinen Vorgesetzten aus dem Schattenreich große Anerkennung verschaffen und womöglich sogar den verwünschten Draygo Quick eine Weile ruhigstellen konnte.
Als das Licht im Westen abnahm, warf der Nesser-Fürst einen Blick auf Effron, und in der Dämmerung schien sich die verkrüppelte, missgestaltete Form des Hexers zu normalisieren. Er bekam mehr Substanz und wirkte weniger … missraten.
In diesem Augenblick wünschte Erzgo Alegni, er müsste diesen Mann nicht so furchtbar
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