Niewinter 02 - Salvatore, R: Niewinter 02 - Neverwinter
darüber nachdachte. »Du hast mich schon vor über hundert Jahren zunehmend gelangweilt. Mich als deinen Feind anzusehen, würde bedeuten, dass du mir nicht egal bist.«
»Und was ist mit mir?«, fragte Dahlia. »Du hast gerade gestanden, dass du mich umbringen wolltest.«
»Das hat Zeit.«
»Der Feind meines Feindes wird also wieder mein Feind sein?«
Entreri lächelte boshaft. »Wir werden sehen.«
Drizzt sah Dahlia an. »Also abgemacht?«
»Ich werde Sylora töten«, stellte Dahlia ungerührt fest. »Und ich werde jeden töten, der mich von diesem Vergnügen abhalten will.«
»Und was ist mit denen, die dich dabei unterstützen würden?«, neckte Entreri.
Dahlia drehte sich um und ging davon.
»Wirklich schön, dich wiederzusehen, Drizzt Do’Urden«, sagte Entreri zu dem Drow und wies auf seine Waffen.
Drizzt blickte Dahlia nach, schüttelte jedoch den Kopf.
»Ich werde sie nicht töten«, gelobte Entreri. »Und auch dich nicht.«
Der Drow hatte seine Zweifel.
»Meinen Herrn hasse ich. Du langweilst mich nur«, sagte Entreri.
»Und Dahlia?«
»Die ist mein Gegenstück, die beste Kämpferin der Feinde meines Herrn, so wie ich sein bester Kämpfer bin. Deshalb wurde uns dieser Kampf aufgetragen, ein Zweikampf unter Gleichen. Es ist wirklich nichts Persönliches.«
»Das sagst du …«, setzte Drizzt an, aber die Worte blieben ihm im Hals stecken, als Artemis Entreri plötzlich vorschnellte und dabei an seinen Gürtel griff. Die Schnalle verwandelte sich in ein Messer, und das lag Drizzt an der Kehle.
Einen Herzschlag später sah Entreri Drizzt in die violetten Augen, trat zurück und ließ das Messer fallen, an dem kein Blut klebte. Er hob die Hände. »Jetzt kannst du mir vertrauen«, sagte er.
Drizzt brauchte einen Moment, ehe er begriff, was gerade geschehen war, und innerlich verfluchte er sich für seine mangelnde Vorsicht. Wie hatte er vergessen können, welche Gefahr der gewiefte Artemis Entreri unablässig verkörperte! Der Mann hätte ihn hier und jetzt umbringen können, nur weil sein Herz in die Vergangenheit geschaut hatte, und das zweifellos mit verzerrtem Blick.
Noch einmal sah er Entreri an, der jetzt unbewaffnet und lässig vor ihm stand. Er betrachtete Entreris Schnallenmesser, eine perfekte Waffe, mit der dieser ihm leicht die Kehle hätte durchschneiden können.
Drizzt grinste und wandte sich von Entreri ab, um Dahlia zu folgen. Einerseits verwünschte er nach wie vor seine Dummheit, andererseits aber zollte er sich Beifall oder war zumindest sehr erleichtert, dass er recht gehabt hatte. Denn da er noch atmete, hatte er richtig gelegen.
Dieser Mann aus seiner Vergangenheit war nicht sein Feind.
Artemis Entreri.
Artemis Entreri!
Tief in der Seele des Meuchelmörders brachte dieser Name etwas zum Klingen. Der Name, den er getragen hatte, dieser uralte Name, der scheinbar im Laufe der Zeit verloren gegangen war, so wie der Mensch, der einst Artemis Entreri gewesen war, im Laufe der Zeit untergegangen war.
Seine Gedanken schweiften zu jenem Tag vor langer Zeit in Calimhafen zurück, an dem Entreri sich über seine gelungene Flucht gefreut hatte. Nicht vor Drizzt Do’Urden, den er damals für tot gehalten hatte. Auch nicht vor Jarlaxle und dessen Dunkelelfen, die zweifellos zurückkehren würden, und so kam es auch. Und gewiss nicht vor Erzgo Alegni, einem Tiefling, der damals wahrscheinlich noch nicht einmal geboren war.
Nein, an jenem Tag vor langer Zeit war Artemis Entreri dem Mann entkommen, der sein schlimmster Feind und sein gefährlichster Gegner gewesen war.
An jenem Tag hatte Entreri einen Moment Gnade walten lassen, und zwar ausgerechnet für einen Priester, im Gegenzug für das Versprechen, dass dieser sich an die Vorschriften seines Glaubens halten würde, was wiederum den Armen jener Hafenstadt der Wüste helfen sollte.
An jenem Tag vor langer Zeit war Artemis Entreri sich selbst, seiner Vergangenheit und seinem Selbsthass entronnen.
Und für kurze Zeit hatte er das Leben anders betrachtet, bis zur Rückkehr der Drow-Söldner von Bregan D’aerthe.
All diese Erinnerungen durchfluteten ihn jetzt und brachten ihn gründlich durcheinander.
Die Ironie des Schicksals, dass es Drizzt Do’Urden war, der diesen Namen und damit noch etwas anderes, weitaus Tiefgreifenderes wieder zum Leben erweckt hatte, entging dem Meuchelmörder keineswegs.
Er bemerkte, dass der Drow seine Hände nicht von den Säbeln löste, als er Dahlia nachging, und Entreri bezweifelte
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