Night Academy 2
verschweigt.«
»Ja. Keine schöne Sache. Ihr müsst erst mal verdauen, dass ihr einem geheimen Ausbildungsprogramm für übernatürlich Begabte beigetreten seid. Da wäre es vielleicht ein bisschen viel, wenn wir gleich noch einen drauflegten, nach dem Motto: ›Und quasi nebenbei müssen wir uns noch mit richtig bösen Typen rumschlagen ‹ .«
Damit musste ich nun erst einmal zurechtkommen. »Versteh mich nicht falsch, die Gang war bestimmt Furcht einflößend, aber so richtig böse kamen mir die Leute auch nicht vor. Könnten sich nicht ein paar Wächter darum kümmern?«
»So einfach ist das leider nicht. Wir können nicht jede neue Zelle ausschalten. So viele Wächter haben wir nicht, und die Polizei würde anfangen, unliebsame Fragen zu stellen. Außerdem bringt das gar nichts. Die Gang von heute Abend ist nur eine von Hunderten, die über die ganze Welt verstreut sind. Schaltet man eine Zelle aus, tritt an ihre Stelle einfach eine neue.«
»Aber diese … wie hast du sie gleich genannt? Zelle? Diese Zelle ist in die Night Academy eingedrungen. Ist das nicht eine große Sache?«
Mit einem pfeifenden Atemzug versuchte Cam sich aufzusetzen. »Wir glauben nicht, dass diese Zelle für den Einbruch in der Schule verantwortlich ist. Die waren besser organisiert und weitaus gefährlicher. Auf Pete ist in jener Nacht geschossen worden. Und ohne Davids Hilfe wäre er wohl nicht mehr am Leben. Wir haben nichts davon verlauten lassen, um die jüngeren Schüler nicht zu beunruhigen. Und auch, um keine Polizei im Haus zu holen. Die Gang heute hatte nicht mal Waffen. Die wollten nur ein bisschen Stunk machen.«
»Verstehe. Es gibt also noch andere, gefährlichere Gangs. Gut zu wissen.« Ich versuchte, ganz cool zu bleiben, aber die Sache mit Pete traf mich schwer. In der Nacht der Aufnahme war ich so erleichtert gewesen, dass niemand verletzt worden war. Nun wirkte alles viel bedrohlicher. Waffen und Mordanschläge waren eine ganz andere Nummer als ein Dummer-Jungen-Streich mit Feuerwerkskörpern. »Aber alle gehören zu einer größeren Gruppe?«, fragte ich.
Cam lehnte den Kopf zurück ins Polster. »Sie gehören zu einem Netzwerk, das riesig und sehr unübersichtlich ist. Manche Zellen stehen in engerer Verbindung zum Kern als andere. Die Zelle aus Seattle bezeichnen wir als Trainingszelle. Mit der Führung haben die kaum Kontakt. Das sind vor allem Jugendliche, die ihre Fähigkeiten ausprobieren. Andere Zellen sind viel weiter.«
Ich streifte die Schuhe ab, nahm die Füße hoch und setzte mich auf sie. »Wer leitet das Ganze?«
»Ein Typ namens Gregori scheint ihr Anführer zu sein. Er versorgt die Zellen mit Geld und Waffen, dafür schwören sie ihm Treue. Aber größtenteils machen sie, was sie wollen. Nur sehr wenige Zellen sind ihm direkt unterstellt.« Cam hielt inne und strich sich das Haar aus dem Gesicht. »Die Irin sind nicht wie andere Feinde«, sagte er. »Sie haben keine Regeln oder eine bestimmte Strategie. Die Zellen operieren unabhängig voneinander. Nur ihr Hass verbindet sie.«
Das glaubte ich sofort. Als Thaddeus den Ziegel geschleudert hatte, konnte man seinen Hass förmlich spüren – als hätte er in dem Moment lieber etwas viel Schlimmeres, etwas weit Tödlicheres getan.
»Wie finden sie einander?«, fragte ich.
»Genau wissen wir das nicht. Wahrscheinlich werben sie die Jugendlichen an, genau wie wir. Nur dass sie nicht in Schulen nach Hochbegabten suchen, sondern eher Gefängnisse und Straßenecken abklappern. Dort stoßen sie auf Jungen und Mädchen, die bereits in Schwierigkeiten stecken, und versprechen ihnen Macht. Solche wie … «
Den Gedanken brauchte er nicht weiter auszuführen.
Mir war klar, dass er an Jack dachte, der wahrscheinlich immer noch auf der Flucht vor den Wächtern war.
Jack, der einen Teil seines Lebens unter einer Brücke verbracht hatte, und nichts dabei fand, seine Gabe zum Stehlen oder für andere kriminelle Dinge einzusetzen.
Jack, der die Night Academy und die Wächter von Tag zu Tag mehr hassen musste.
Ich konnte seinen Hass nachvollziehen, wenngleich es mir fast das Herz brach, denn Jack hasste alles, wofür ich einstand. Dennoch konnte ich das Gefühl ein Stück weit nachempfinden, denn die Night Academy hatte mir meinen besten Freund genommen. Wer würde da nicht ein klein wenig Hass verspüren?
»Sie werben also genau wie wir Mitglieder an«, sagte ich. »Und dann? Haben sie auch Schulen?«
»Die Irin haben keine richtigen
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