Night Academy 2
noch einmal.
Mr Fritz und Mr Judan beobachteten lächelnd, wie Xavier über die Ziellinie lief, doch ihr Lächeln gefror, sobald ihnen klar wurde, dass irgendetwas beim Spiel fürchterlich schiefgelaufen war. Ich hörte, wie Xavier von Alisha berichtete, die sich vielleicht noch immer vor Schmerzen auf der Lichtung wand. Cam hinkte zu Anna, die wie ein Baum umgestürzt war. Ich bettete meinen Kopf auf die Erde und fragte mich, warum alles so verschwommen aussah und ob wir wohl Bonuspunkte bekommen würden, weil wir gewonnen hatten.
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A ls wir zum Transporter gingen, wurde die Schwere unserer Verletzungen erst so richtig deutlich. Cam konnte das rechte Bein nicht belasten, auf seinem Schienbein prangte ein riesiger Bluterguss. Anna war an der Brust getroffen worden, doch Gott sei Dank hatte die Weste den Aufprall zum Teil abgefangen. Alisha hatte weniger Glück gehabt. Das Geschoss hatte sie unterhalb der Weste in den Bauch getroffen. Alle sorgten sich, sie könnte innere Verletzungen davongetragen haben, denn als man sie gefunden hatte, hatte sie noch immer an derselben Stelle gelegen und sich bleich und reglos den Bauch gehalten.
Xavier war als Einziger unversehrt geblieben und hatte den Lehrern geholfen, Molly aufzuspüren, die noch immer auf dem Baum gesessen hatte. Ihre Hand war gebrochen, deshalb hatte sie es nicht hinuntergeschafft.
Abgesehen von Alisha hatte es mich wohl am schlimmsten erwischt. Mir drehte sich noch immer alles im Kopf – Mr Fritz meinte, ich hätte wohl eine Gehirnerschütterung – , und meine Stirn wollte nicht aufhören zu bluten, noch dazu waren die Schmerzen in der Schulter so heftig, dass ich den Arm nicht mehr bewegen konnte. Der Bereich über dem Schlüsselbein war geschwollen, und sobald ich auch nur versuchte, den Arm zu heben, knirschte es. Offenbar war das Schlüsselbein gebrochen.
Anna fühlte sich als Anführerin unseres Teams immer noch für mich verantwortlich, denn sie wich nicht von meiner Seite, half mir auf, und als ich fast ohnmächtig wurde, lief sie los, um Wasser und einen kühlen Umschlag zu holen. Bevor wir losfuhren, rief sie noch Xavier herüber und sagte uns beiden, wie stolz sie auf uns sei. Unsere Strategie sei doch super aufgegangen – sie und Cam hätten sich die ganze Zeit durch den Wald gejagt, wodurch Xavier und ich den Rücken frei gehabt hätten, das Glasröhrchen zu finden und Molly und Alisha auszuschalten. Auch wenn das Spiel einen solch brutalen Ausgang genommen hatte, konnten wir nicht umhin, uns über unseren Sieg zu freuen.
Natürlich hatte es sich bei den Geschossen nicht um normale Paintballs gehandelt. Statt der mit Lebensmittelfarbe gefüllten Gelatinekugeln war die Munition hart wie Stein gewesen. Wenn man die Außenhülle abpulte, hielt man eine große Kreidekugel in der Hand. Niemand glaubte ernsthaft an einen Fabrikationsfehler.
Xavier erwähnte die Spuren, die er im Wald gefunden hatte – anscheinend stammten sie von drei oder vier Unbekannten und führten direkt zur Hütte. Es dauerte nicht lange, bis jemand die Irin ins Spiel brachte. Und kurz darauf fiel auch schon der Name Jack . Immerhin konnte er Flüssiges in Festes verwandeln, also lag der Verdacht nahe.
Dass Cam keinerlei Spuren einer Begabung hatte ausmachen können, spielte keine Rolle. Die Kugeln hätte man auch anderswo verwandeln und anschließend gegen unsere Munition austauschen können, allerdings schien die Hütte der geeignetste Ort dafür, denn bei bereits geladenen Gewehren fiel der Gewichtsunterschied nicht auf.
Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Jack etwas tun würde, was mir schadete. Andererseits hätte ich eigentlich gar nicht hier sein sollen. Barrett hatte gesagt, sie hätten bislang immer nur Elftklässler zu den Trainingseinheiten geschickt. Jack hätte also gar nicht wissen können, dass ich dabei war!
Mein Kopf tat zu weh, um weiter darüber nachzudenken. Ich kletterte in den Wagen und hielt meinen Arm eng an die Brust gepresst, damit er nicht so durchgeschüttelt wurde. Unter einer Schicht aus Schweiß, Dreck und Blut glühte meine Haut. Cam half mir auf einen Sitz zwischen sich und Anna und schnallte mich an. Innerlich kochte er vor Wut, das war deutlich zu spüren. Wie immer, wenn es um Jack ging, richtete er seine Wut auch gegen sich selbst. Doch der größte Teil galt wohl den Irin. Wenn ich keine Schutzmaske getragen hätte, hätte Cams Schuss mich umbringen können. So hatte er mir eine heftige Gehirnerschütterung beschert. Ich
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