Night Academy 2
richtig halten konnte.
Vor uns öffnete sich eine kleine Lichtung, die von wenigen Weinahornbäumen gesäumt war. Hinter den schlanken Stämmen fanden wir kaum Deckung. Ein umgestürzter Baumstamm war die einzige Möglichkeit, überhaupt Schutz zu suchen. Nach kurzem Nicken sprangen wir über den Stamm und kauerten uns dahinter. Meine Knie und Handflächen versanken im Schlamm.
»Halt nach Cam Ausschau«, sagte ich. »Sobald er kommt, halte ich sie auf, und du läufst zur Hütte.«
Ich spürte Xaviers schnellen, heißen Atem im Nacken. Er kam kurz hoch und feuerte einen Schuss auf Alisha ab, doch die war unmöglich zu treffen. Sie bewegte sich rasant von Baum zu Baum und schoss unentwegt. Vor dem Stamm spritzte Erde auf. Ich hätte Alisha gern umgeworfen, aber mir war viel zu schwindelig, und außerdem war sie zu schnell, als dass ich die dunklen Fäden um sie hätte ausmachen können.
Schließlich wagte sich Alisha doch nahe genug an uns heran, dass ich sie gut im Blick hatte. Ich hob sie in die Luft, doch selbst in dieser Situation feuerte sie noch eine Salve Farbgeschosse in unsere Richtung. Als ich daraufhin die Augen schloss und mich duckte, ließ ich sie aus Versehen fallen. Obwohl ich sie sofort wieder hochhob, war es um meine Konzentration nicht mehr gut bestellt, und ich fürchtete schon, sie ernstlich zu verletzen. In der Nähe stand auch kein geeigneter Baum, auf dem ich Alisha hätte absetzen können, also ließ ich sie wieder runter. Sie rollte nach vorn über die Schulter ab, und das war unsere Chance, denn ihre Schutzmaske verrutschte, und sie musste sie zurechtrücken.
Xavier nutzte das sofort aus und traf sie mit einer Farbkugel am Arm. Alisha verschwand in einem Gebüsch, um sich die Schutzmaske wieder richtig aufzusetzen. Am Rand der Lichtung drehte sie sich um, um erneut auf uns zu feuern. Aber der Schmerz im Arm musste sie beeinträchtigen, denn der Schuss schlug fehl, und auf einmal stand sie ungeschützter da als zuvor.
Xavier zögerte keine Sekunde lang, er traf sie an Bauch und Oberschenkel. Alisha schrie auf und stürzte. Wir warteten darauf, dass sie wieder aufstand, und sahen uns dabei vorsichtig nach Cam um.
Von Alisha waren aber nur unterdrückte Schluchzer zu hören, während sie sich am Boden krümmte.
»Das ist bestimmt nur eine Finte«, murmelte Xavier. »Wir lassen sie einfach liegen.«
Beklommen nickte ich. »Dann laufen wir jetzt zur Hütte. Irgendwie gefällt mir das Spiel nicht mehr.«
»Sicher?«
»Ja. Alisha und Molly sind aus dem Spiel. Wir müssen uns nur noch vor Cam in Acht nehmen.«
Der Gedanke, dass wir es fast geschafft hatten, gab uns Auftrieb. Von Weitem sah ich schon das grüne Dach, die Lichtung und den Transporter. Wir rannten nebeneinanderher, und fast wäre ich schon in Triumphgeheul ausgebrochen, da hörten wir einen Schuss.
Cam hatte uns aufgespürt.
Der Paintball zischte durch die Luft, und mir blieb gerade noch genug Zeit, mich vor Xavier zu werfen. Leider bedeutete das auch, dass ich den Schuss mitten ins Gesicht bekam. Meine Maske brach in der Mitte entzwei, scharfes Hartplastik drückte sich in meine Nase. Ein jäher Schmerz schoss mir erst durch die Stirn und breitete sich dann im ganzen Kopf aus.
Hinter mir hörte ich einen weiteren Schuss, der wohl gegen Cam gerichtet war.
Ich sank zu Boden. Damit war ich natürlich leichte Beute, aber ich war zu erschöpft und zu verletzt, um mir darüber Sorgen zu machen. Ich riss mir die Schutzmaske vom Gesicht, Blut und Schweiß tropften vom Plastik, doch mir war so schwindelig, dass ich meine Umgebung nur noch undeutlich wahrnahm. Um mich herum ging die Schießerei weiter.
»Lauf, Xavier!«, hörte ich Anna brüllen. Sie hatte es bis zu uns geschafft und hielt uns nun mit einem Schusshagel Cam vom Leib.
Xavier brauchte keine zweite Aufforderung. Er lief, was das Zeug hielt, und ich hielt die Luft an, während er den kleinen roten Fahnen immer näher kam. Anna und Cam feuerten unbeirrt weiter aufeinander. Als Xavier nur noch wenige Schritte von der Hütte entfernt war, trat Cam aus der Deckung heraus. Anna tat es ihm gleich, und jeder landete einen Treffer. Cam traf Anna in die Brust, sie erwischte ihn am Arm und ein weiteres Mal am Schienbein.
Natürlich starrte ich ihn die ganze Zeit an, deshalb sah ich auch, wie er auf die Schüsse reagierte. Der Treffer am Arm riss ihn nach links, der Schuss am Bein wirbelte ihn nach rechts. Ächzend und unbeholfen hinkte er auf einem Bein, lud nach und schoss
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