Night Academy 2
nur Freunde«, versetzte Anna. »Im letzten Jahr haben sie bei ihr im Garten geknutscht. Hat sie dir das auch erzählt?«
Cam erstarrte. Ganz langsam drehte er sich zu mir um. »Du und Jack«, fragte er entgeistert. »Du hast doch gesagt, ihr wärt nur befreundet gewesen.«
Mir wurde heiß und kalt. »Ein einziger Kuss«, sagte ich. »Und das ist schon ewig her, lange bevor wir beide … «
»Siehst du?«, fiel mir Anna triumphierend ins Wort. »Sie hat dich die ganze Zeit belogen. Wer weiß, was sie uns sonst noch für Lügenmärchen auftischt.«
Ich wollte den Kopf schütteln, doch bei der Bewegung schoss mir sofort der Schmerz durch Kopf und Nacken. »Ich habe nie gelogen. Und mit Jack wollte ich eigentlich immer nur befreundet sein. Das mit dem Kuss war ein Fehler. Es ist einmal passiert, und danach habe ich ihn abgewiesen. Deshalb war er im vergangenen Jahr auch so sauer auf mich.«
Je mehr ich preisgab, desto misstrauischer sah Cam mich an. »Und jetzt?«, fragte er mit einem Seitenblick auf Anna. »Stehst du noch in Kontakt mit ihm?«
Ich antwortete nicht sofort. Anna verschränkte die Arme vor der Brust und wippte ungeduldig mit dem Fuß. »Und?«, fragte sie.
»Hau ab«, sagte ich. »Du hast deinen Spaß gehabt, Anna, und jetzt auf Wiedersehen.«
Anna öffnete den Mund, um zu protestieren, doch Cam schnitt ihr erneut das Wort ab und schob sie aus dem Zimmer. »Dancia hat recht. Das geht nur uns beide etwas an.«
»Na, schön.« Mit Schwung warf sie ihr Haar zurück und drehte uns den Rücken zu. »Übrigens gehe ich jetzt zu Mr Judan und sage ihm alles.«
»Ach ja. Dann erzählst du ihm bestimmt auch, dass du mir das ganze letzte Jahr nachspioniert hast, nicht wahr?« Ich versuchte mich im Bett aufzurichten.
»Schluss jetzt«, sagte Cam. »Geh endlich, Anna. Und wenn irgendjemand mit Mr Judan spricht, dann bin ich es. Verstanden?«
Anna warf ihm noch einen finsteren Blick zu, nickte aber.
Cam verschränkte die Arme vor der Brust und schob die Hände unter die Achseln. »Ich versteh das alles nicht«, sagte er. »Was ist zwischen euch gewesen?«
Mir traten die Tränen in die Augen. »Ich hab dich nicht angelogen, ich wusste nur nicht, wie ich dir das mit Jack sagen sollte. Jack und ich waren supergut befreundet, und eines Tages ist es dann einfach passiert. Aber ich hab das nie gewollt. Ich wollte immer nur dich.«
»Das ist mir egal. Ich will nur die Wahrheit wissen. Ruft er dich immer noch an?«, fragte Cam angespannt. »Stimmt es, was Anna sagt?«
Ich senkte den Blick. »Ich habe ein paar Mal mit ihm gesprochen. Er hat versucht, mich zu überreden, bei den Irin mitzumachen. Doch ich habe ihm gesagt, dass ich nichts mit denen zu tun haben will und aufgelegt.«
»Hat er sonst noch was gesagt?«
Zögerlich sagte ich: »Er hat mir von Ethan Hannigan erzählt. Er meinte, jemand aus dem Programm hätte ihn getötet und es dann wie einen Selbstmord aussehen lassen.«
»Und du glaubst ihm?«
»Nein!« Ich sprang auf. »Jedenfalls nicht ganz. Aber Cam, du musst doch zugeben, dass es den Wächtern zuzutrauen wäre, jemanden zu töten, den sie für gefährlich halten.«
Er trat einen Schritt zurück und stieß gegen meine Schreibtischecke. »Moment mal. Willst du etwa sagen, dass du dir die ganze Zeit Jacks Gewäsch angehört und ihm auch noch geglaubt hast?«
»Du weißt, dass ich das Programm nie verraten würde«, sagte ich. »Aber ich musste einfach wissen, wie es ihm geht. Und dann hat er angefangen, mir von Ethan zu erzählen, und nach der Sache in Washington … « Ich verstummte, denn ich wollte nicht noch den letzten Nagel in den Sarg schlagen, den ich mir offensichtlich gerade selbst zimmerte.
Cam sah mich scharf an. »Was?«
Noch immer traute ich mich nicht, ihn anzusehen. »Jack hat gesagt, die Papiere im Lagerhaus – die Lagepläne vom Weißen Haus und so – , also er meint, dass die den Irin untergeschoben wurden. Dass alles eine abgekartete Sache war.«
Angewidert ließ Cam die Arme sinken. »Ich hab die Waffen doch gesehen, Dancia. Oder hat er dir weismachen wollen, dass die auch nur ein Hirngespinst waren? Vielleicht waren die Leichen ja auch nur aus Wachs? Und wo wir schon mal dabei waren, haben wir auch gleich noch die Mondlandung fingiert. Hat er dir das auch erzählt?«
»Nein«, sagte ich und ballte die Fäuste. »Und so abwegig ist der Gedanke nun auch wieder nicht, dass Jack die Wahrheit sagen könnte. Du hast doch selbst gesagt, dass du in Washington ein ungutes
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