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NIGHT SHOW - Thriller (German Edition)

NIGHT SHOW - Thriller (German Edition)

Titel: NIGHT SHOW - Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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den Treppenabsatz und stieg mit einer Hand am Geländer langsam hinab. Wann immer eine Stufe zu quietschen drohte, verlagerte sie das Gewicht. Als sie unten angelangt war, schnaufte sie erleichtert durch. Im Erdgeschoss konnte sie sich ruhig das eine oder andere Geräusch erlauben.
    Sie huschte in die Küche. Aus einem großen Brandyglas auf dem Kühlschrank holte sie zwei Streichholzheftchen. Linda verstaute sie in einer Hemdtasche und hielt auf die Verbindungstür zur Garage zu.
    Die Garage mit ihrem mickrigen Fenster auf der gegenüberliegenden Seite des Eingangs erwies sich als wesentlich dunkler, als sie erwartet hatte. Sie stieß gegen den Imperial ihres Vaters. Vorsichtig tastete sie sich an der Seite des Wagens entlang und entdeckte schließlich den Türgriff. Sie zog daran, und die Innenbeleuchtung schaltete sich ein.
    Das reichte, um sich zu orientieren. Sofort entdeckte sie den leeren Milchkarton genau dort, wo sie ihn in dem überfüllten Regal vorher abgestellt hatte.
    Vor dem Auto machte sie am Rasenmäher erneut halt. Sie kniete sich hin und angelte nach dem Benzinkanister aus Metall, der dahinterstand. Er war so schwer, dass sie fast das Gleichgewicht verloren hätte. Während sie taumelte, bohrte sich der Lauf des Revolvers schmerzhaft in ihre Haut, und ihr linkes Knie knallte schmerzhaft gegen die Oberseite des Rasenmähers. Es gelang ihr, sich zu fangen, ohne den Kanister oder den Milchkarton fallen zu lassen. Linda richtete sich auf. Sie verspürte einen leichten Schmerz und fragte sich, ob das Korn des Revolvers sie wohl geschnitten hatte. Mit dem Handgelenk drückte sie gegen den Griff der Waffe und merkte, wie sich der Lauf der Smith & Wesson von der wunden Stelle entfernte. Anschließend hockte sie sich neben das Auto.
    Während sie den Milchkarton füllte, stiegen ihr die beißenden Benzindämpfe in die Nase und trieben ihr Tränen in die Augen. Sie stellte den Kanister an seinen Platz zurück und überlegte, ob Bob auffallen würde, dass Kraftstoff fehlte, wenn er am kommenden Samstag den Rasen mähte. Wahrscheinlich nicht. Er war ohnehin nicht ganz voll gewesen, und es blieb noch reichlich Benzin für den kleinen Tank des Rasenmähers übrig.
    Linda nahm das zweckentfremdete Tetra Pak wieder an sich, drückte die Wagentür zu und löschte dadurch das Licht in der Garage. Dann bahnte sie sich den Weg durch die Dunkelheit, indem sie mit einer Hand am Auto entlangstreifte. Sie erreichte das Heck, überquerte eine Lücke zum Kofferraum des Omni ihrer Mutter, tastete sich an dessen Seite entlang am Fenster vorbei und erreichte schließlich die Hintertür.
    Im Freien kam es ihr deutlich heller und kühler als in dem stickigen Anbau vor. Linda hielt sich in der Nähe der Büsche, als sie durch den Hof zum Tor flitzte. Es quietschte, als sie hindurchhuschte und die angrenzende Gasse hinablief.
    Lose Schotterkörner knirschten und kratzten über den Asphalt unter ihren Füßen. Einige Nachtvögel zwitscherten leise, die Grillen zirpten. Von oben hörte sie das leise Surren der Stromleitungen. Linda lauschte auf Stimmen, auf Autos, auf sich schließende Türen oder Schritte, um beim ersten Anzeichen einer sich nähernden Person außer Sichtweite zu verschwinden. Doch alles blieb stumm.
    Sie fing an, sich ein menschliches Geräusch – und sei es nur eine ferne, blecherne Stimme aus einem Fernseher – zu wünschen, irgendetwas, um ihr den Beweis zu erbringen, dass irgendjemand noch wach und am Leben war.
    Nichts.
    Mutterseelenallein wanderte sie durch die Nacht und fühlte sich dabei unglaublich verwundbar. Sie spähte in die finsteren Nischen hinter Mülltonnen und Telefonmasten oder zwischen Garagen und warf häufig einen Blick über die Schulter.
    Am Ende des Straßenblocks schaute sie nach links und rechts die Straße entlang. Verlassen. So will ich es ja!, beruhigte sie sich und rannte über die Fahrbahn. Keine Menschen weit und breit, keine Zeugen. Allerdings machte sich das Gefühl der Isolation in ihr breit wie eine gähnende Leere, als sie den gegenüberliegenden Bürgersteig erreichte.
    Ihr kam der Gedanke, einfach umzukehren.
    Nein. Sie hatte sich diese Nacht herbeigesehnt, seit sie aus dem Koma erwacht war. Sogar schon früher, als ihr misshandelter Körper auf die Windschutzscheibe des kreischenden Autos zugeflogen war. Sie hatte sich diese Nacht herbeigesehnt, darauf gewartet, sich darauf vorbereitet. Diese Nacht war erst der Anfang. Sie konnte jetzt nicht aufhören. Sie musste die

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