Night Sky 1 - Sklave des Blutes (German Edition)
intoleranter, eigenbrötlerischer, hochmütiger Süchtiger. Als mein Bruder 1886 die Wandlung vollzog, versuchte ich, ihn auf meine Seite zu ziehen, ihn vom weiblichen Blut und der damit verbundenen Stärke zu überzeugen. Doch Alex und ich waren und sind absolut verschieden, er birgt eine gute Seele.“
Cira runzelte die Stirn. Da hatte sie ihn in der Trainingshalle aber ganz anders erlebt. Wahrscheinlich waren die beiden sich ähnlicher, als sie dachten.
„1900 ehelichte Alexander überraschend und gegen den Willen unserer Mom die Halbblüterin Alisha, eine liebenswerte Vampirin. Auf ihrer Hochzeit trank ich von den femininen Gästen, unser erster Bruch. Alisha aber drängte Alex, mich unter seine Fittiche zu nehmen, um mich von der Sucht zu heilen, die mein erbärmliches Dasein bestimmte. Du kennst mich, ich lehnte großspurig ab, obwohl mir meiner Lage bewusst. Die Versuchung war zu groß, meine Macht zu wichtig.“
Cira sah zu ihm auf. Mit jedem Satz, den er sich von der Seele redete, liebte sie ihn mehr.
„Fünf Jahre später rettete ich einem Mädchen das Leben. Bevor ich sie fand, war sie in einem morastigen See untergegangen, aber ich roch ihr Blut.“
Cira hielt den Atem an und betete, dass er das Kind nicht umgebracht hatte.
„Ich habe eine Gabe, wie auch mein Dad. Ich wittere Blut auf weite Entfernungen und weiß, wie rein es ist. Glaub mir, es beschämt mich zutiefst, doch ich würde lügen, wenn ich sagen würde, ich hätte das Mädchen nicht zu einem Teil aus dem Tümpel gezogen, weil ich an ihr Blut wollte. Ich erkannte, dass sie reinen Blutes war und sich in dreizehn Jahren zu einer Reinblüterin wandeln würde – adlig, wie ich. Aus dem Grunde zwang ich mich zur Zurückhaltung, schleppte sie zu Alex, der sie mir sofort abnahm, sie duschte, ihr neue Kleider gab. Er übergab sie unerkannt den Wachen ihres Hauses, aus Angst, ihre Familie würde mir die Fürsten auf den Hals jagen, weil ich als Tribor lebte. Dieses siebenjährige Mädchen war Josephine Fontaine.“
Erst als Jonas ihr auch die jüngsten Ereignisse um Josephine und Alexander erzählt hatte, erschlossen sich ihr einige Zusammenhänge.
„Ich und meine Sucht hingen mir sprichwörtlich zum Halse hinaus. Dass ich fast eine Reinblüterin gebissen hätte, ein unschuldiges Kind, gab mir die Kraft, mich in Alexanders und Alishas Hände zu begeben. Sie sperrten mich in dem Keller ihres Häuschens ein, versorgten mich, reinigten meinen Körper und meinen Geist von der Abhängigkeit, ertrugen meine Schreie, meine Flüche und Gebrüll, gaben mir stets Liebe und Geborgenheit – fünf Jahre lang. Sie entließen mich in die Freiheit und Alexander bat mich, sein Haus und die Umgebung zu verlassen, weil er und Alisha Zeit für sich brauchten. Ich hätte ihm jeden Wunsch erfüllt, sie hatten so viel für mich getan, sie retteten mir das Leben.“
Cira kullerten die Tränen hinab, da seine Gefühle sie erfüllten, sein Leben bald ihres war und sie sich glücklich fühlte, dass er losließ. Doch als er ihr von dem unendlich tragischen Ende der Halbblüterin Alisha erzählte, wie er einen Tag versuchte, sie wiederzubeleben, wie sie und ihr Ungeborenes tot in seinen Armen lagen, weil er von ihr getrunken hatte und Alexander ihn fassungslos verbannte, weinte sie aus Kummer.
„Mein Engel“, Jonas hob sie unvermittelt in den Stand und strich ihr mit dem Daumen über die Wangen. „Es tut mir so leid, du sollst dich nicht wegen mir quälen. Ich hatte Zeiten, wo auch ich meinen Schmerz nicht mehr ertrug.“
„Deine Narbe“, hauchte sie schluchzend, er hatte versucht, sich umzubringen.
„Ja. Nyl rettete mir selbstlos das Leben, doch hatte ich die Schwelle zur Hölle schon fast überschritten, deshalb blieb das Wundmal. Cira, sei versichert, dass ich jede Entscheidung, die du triffst, akzeptieren werde und verspreche, dass ich dich …“
Cira stockte das Herz bei seinen Worten und sie sprang ihm in die Arme, die sie auffingen und festhielten. Ihr Mund fand seinen, sie wollte ihn verschlingen, ihn nie wieder loslassen, ihn vereinnahmen. „Jonas“, hauchte sie unablässig, „Jonas.“ Mehr brachte sie nicht zustande. Sie quoll über vor Liebe.
Er küsste sie leidenschaftlich, aber bedächtig, hob sie behutsam auf das Bett, ohne ihre Lippen preiszugeben. Wie mit einer Feder strich er über ihr Gesicht, lächelte, als ihre Gefühle sich wie die Sterne am Nachthimmel zu einer unzertrennbaren Einheit verbanden. Seine geschlitzten Pupillen, das
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