Night Sky 1 - Sklave des Blutes (German Edition)
Freiheit. Einer Eingebung folgend blieb er bei einem Angestellten stehen, der sich vor ihm verneigte. Am liebsten hätte er ihn sofort überwältigt. „Geziemt es sich, zu fragen, ob es die Tradition nach wie vor gibt, sich Diener aufs Zimmer zu bestellen?“
Der schwarz Gekleidete verbeugte sich ein Stück tiefer und Jonas spürte die Dankbarkeit, die den jungen Mann durchrieselte, dem Oberhaupt nützen zu dürfen. „Gewiss, Mylord. Es wäre mir eine Ehre.“
Jonas kam sich schlecht vor, Ehrung und Brauchtum hin oder her, doch er traute sich der Gier halber kaum noch über den Weg. Die Begegnung mit Cira hatte ihm den Rest gegeben. „Ich erwarte dich, sobald du fertig bist.“ Jonas eilte weiter. ZumRitus gehörte ebenso, dass der Blutwirt sich erst reinigte, was ihm zutiefst entgegenkam. Er hatte in den letzten Jahrhunderten zu viel Dreck gefressen. Das färbte mehr ab, als er wahrhaben wollte.
Jonas schloss sich in den Räumen ein, tigerte umher, mit der Schwäche und bösen Geistern seines Ichs kämpfend und entschied sich in der x-ten Kurve für eine Dusche. Das eiskalte Wasser sollte ihm Linderung und Ablenkung verschaffen, doch die Haut war hyperempfindlich, sodass er zischte. Er musste die Qual beenden, nicht nur jetzt, für immer. Er hatte sich auferlegt, den Schwur gegenüber Diandro durchzuziehen, mehr nicht. Was folgte, ging niemanden etwas an. Er konnte mit seinem nutzlosen Leben machen, was er gedachte.
Das leise Klopfen an der Tür verpasste ihm einen Stromstoß, der durch den Körper schoss wie injiziertes Adrenalin, gleichzeitig verlängerten sich die Fänge. „Herein! Setz dich aufs Bett.“ Er wusste, er würde den armen Diener bis zur gefährlichen Grenze leeren, aus diesem Grund war es gut, lag er gleich in der Waagerechten. Zumal ihm das Handgelenk nicht ausreichte, jetzt nicht mehr. Er schlüpfte, ohne sich abzutrocknen, in eine Trainingshose und rauschte ins Schlafzimmer.
Ihm sackten jegliche Gefühle weg, um mit brachialer Gewalt wiederzukommen. Er wollte losrennen, sich auf das stürzen, was dort auf der königlichen Überwurfdecke saß, züchtig, mit gefalteten Händen, anmutig … der Boden, auf dem er stand, schwankte wie auf einem Schiff im Sturm. Mit eisernem Willen zwang er sich, stehen zu bleiben.
„Wer bist du?“, krächzte er und entblößte die Fänge, die zu groß waren, um sie beim Sprechen zu verstecken.
Das zierliche Geschöpf senkte den Blick, sodass die rotbraune Lockenpracht ihr graziöses Gesicht bedeckte. Ohne den Kopf anzuheben, richtete sie sich auf, ihr zartrosa Chiffonkleid fiel bis auf den Teppichboden, bei jedem Schritt, den sie auf ihn zu machte, lugten die lackierten Zehen in cremefarbenen Sandaletten hervor.
Gott stehe ihm bei! Er zitterte am ganzen Körper. „Bleib stehen, Frau“, knurrte er und schob mit abwehrend erhobenen Händen hinterher. „Bitte!“
Sie tat wie geheißen, legte sittsam die Finger vor dem Unterleib zusammen. Das passte überhaupt nicht zueinander. Jonas zwang sich, tief einzuatmen, den Verstand vor die unbändige Gier zu setzen. Seine Gabe, die Reinheit des Blutes zu erkennen, versetzte ihm den nächsten Schock. Die Vampirin entstammte makellosem Geblüt. Was zum Teufel tat sie hier?
Sie hob den Kopf. „Mylord“, ihre Stimme klang sanft wie ein Frühlingsregen, „bitte schickt mich nicht fort.“
Jonas schluckte. Wenn er die letzten Jahre in San Francisco verbracht hätte, wüsste er, wen er vor sich hatte, aber so hatte er keine Ahnung, konnte nur ablesen, was sein Geist ihm verriet – und seine Augen. Atemberaubende Schönheit, der Hals lang, die Haut elfenbeinfarben, gediegen, rein … „Wer hat dich geschickt?“
Sie schrak vor der donnernden Sprache zurück und sogleich traf ihn das schlechte Gewissen.
Sie knickste. „Mylord, seid nicht böse auf mich, weil ich in Euer Gemach eindrang. Es schien mir richtig, mich Euch darzubieten.“
Ohne sein gutes Vampirgehör hätte er ihr Wispern nicht mehr vernehmen können. Er bemerkte erst, dass er vor ihr stand und sie um Kopflänge überragte, als seine Fingerspitzen ihr Kinn anhoben, ihr Blick seinem begegnete. Diese verängstigten, keuschen Augen machten ihn wahnsinnig, dieses Grau, ihr Inneres mutete endlos an. Der blumige Duft umnebelte ihn. Seine Finger fuhren an der grazilen Kinnpartie entlang, in die weiche Lockenpracht unterhalb ihres Ohres, umfassten den Hinterkopf. Die andere Hand glitt auf ihrem Rücken zwischen die Kleiderfalten, raffte den Chiffon und
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