NIGHT WORLD - Jägerin der Dunkelheit
hatte keinen von ihnen gesehen -, aber sie wusste, dass jeder, der überlebte, zum Anleger hinunterlaufen würde.
Wo sie und Anne-Lise die Boote außer Gefecht gesetzt hatten.
Aber als der Steg in Sicht kam, sah Rashel etwas, das nicht da gewesen war, als sie den Hafen verlassen hatte. Eine Yacht lag in dem kleinen Naturhafen vor Anker.
»Die gehört Hunter«, sagte Quinn. »Schnell!«
Sie flogen förmlich den Hügel hinunter und stolperten schließlich auf den Kai hinaus. Rashel konnte keine Spur von dem Werwolf entdecken, den sie eine Weile zuvor gefesselt hatte, aber dafür sah sie etwas Neues. Am Pier war ein aufblasbares, rotes Beiboot festgemacht.
»Schnell! Steig du zuerst ein.«
Rashel setzte Timmy ab und stieg ein. Quinn legte ihr Timmy in die Arme, dann half er Nyala beim Einsteigen.
Nyala schaute sich wild um, lachte immer wieder plötzlich auf und brach dann ab, um tief durchzuatmen. Während Quinn ins Beiboot kletterte, legte Rashel den freien Arm um das Mädchen.
Rashel erwartete, jeden Augenblick Hunter Redfern auftauchen zu sehen, rußgeschwärzt und schwelend, die Arme ausgestreckt wie ein rachsüchtiger Dämon.
Und dann schnurrte der winzige Motor, und sie entfernten sich vom Steg. Sie ließen ihn hinter sich. Sie waren auf dem Wasser, vor sich das kühle, dunkle Meer, befreit von Land und Gefahr.
Rashel beobachtete, wie die Yacht immer größer und größer wurde. Sie waren jetzt ganz nahe. Sie waren da.
»Kommt. Wir können die Schwimmleiter hinaufklettern. Kommt, schnell«, sagte Quinn. Er griff nach ihr; sein Gesicht war eine unvertraute Maske aus Ruß, seine Augen von tiefer Eindringlichkeit erfüllt. Absolut konzentriert, absolut entschlossen.
Gott sei Dank, dass er weiß, was man auf einem Boot tun muss. Ich wüsste es nicht. Sie ließ sich von Quinn die Leiter hinaufhelfen, dann half sie ihrerseits Timmy und Nyala. Nyala hatte jetzt endgültig aufgehört zu lachen. Sie keuchte nur noch und wirkte verwirrt.
»Was ist passiert? Was...?«
Sie schaute zu den Klippen hinüber, wo orangefarbene Flammen gen Himmel züngelten. »Ich habe das getan. Habe ich das getan?«
Quinn hatte den Anker hochgezogen und ging jetzt ins Cockpit. Timmy weinte.
Rashel, die auf dem Deck kniete, hielt Nyala umfangen. Nyalas Wimpern waren halb weggebrannt, und auf den verbliebenen Resten lag weiße Asche. Sie zitterte am ganzen Leib, als hätte sie Krämpfe.
»Ich musste es tun«, stieß sie mit belegter Stimme hervor. »Du weißt, dass ich es tun musste, Rashel.«
Timmy schluchzte immer noch. Ein Motor erwachte brüllend zum Leben. Plötzlich bewegten sie sich sehr schnell, und die Insel mit ihrer brennenden Fackel fiel hinter ihnen zurück.
»Ich musste es«, wiederholte Nyala mit erstickter Stimme. »Ich musste es. Ich musste.«
Rashel legte den Kopf auf Nyalas Haar. Wind umpeitschte sie, während sie davonjagten. Sie hielt den winzigen Vampir in einem Arm und das zitternde menschliche Mädchen im anderen. Und sie beobachtete, wie das Feuer immer kleiner und kleiner wurde, bis es aussah wie ein Stern über dem Ozean.
Kapitel Siebzehn
Hunters Yacht war größer als das Motorboot mit dem Quinn Rashel und die anderen Mädchen zur Insel gebracht hatte. Unten in der Kajüte gab es einen Salon und zwei getrennte Wohnräume. Im Augenblick lag Timmy in einem davon und Nyala in dem anderen. Quinn hatte dafür gesorgt, dass sie beide schliefen.
Quinn und Rashel waren im Cockpit.
»Meinst du, dass noch andere Vampire davongekommen sind?«, fragte Rashel leise.
»Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich.«
Seine Stimme war ebenso leise wie ihre.
Er war vollkommen schmutzig, bedeckt mit Sand, Ruß und einigen Brandwunden, und er war vollkommen zerzaust. Für Rashel war er noch nie schöner gewesen.
»Du hast Nyala gerettet«, flüsterte sie. »Und ich weiß, dass du es für mich getan hast.«
Er sah sie an, und seine Augen verloren ein wenig von der konzentrierten Angespanntheit. Seine Miene wurde weicher.
Rashel griff nach seiner Hand.
Sie wusste nicht, wie sie das formulieren sollte, was sie sagen wollte. Dass sie wusste, dass er sich verändert hatte, dass er sich mit jeder Minute veränderte. Sie konnte beinahe spüren, wie die neuen Teile seines Geistes sich öffneten und wuchsen - oder vielmehr die alten Teile, die er mit dem Ende seines menschlichen Daseins bewusst hinter sich gelassen hatte.
»Ich danke dir, John Quinn«, wisperte sie.
Er lachte. Es war kein wildes Lachen, kein verbittertes
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