Night World - Prinz des Schattenreichs - Night World - Black Dawn
ihrem Handgelenk saß ein Falke.
Ein echter Falke. Mit einer Lederhaube auf dem Kopf und ledernen Bändern mit Glöckchen an den Füßen. Maggie starrte das Tier mit unwillkürlicher Faszination an.
Sylvia tat nur so zerbrechlich, überlegte Maggie. Aber man muss stark sein, um einen so großen Vogel halten zu können.
»Oh, wir brauchen uns nicht zu beeilen«, sagte Sylvia nun und trat näher an Delos heran. »Jetzt, da ich hier bin, könnten wir noch ein wenig weitergehen. Dieser Weg sieht hübsch aus, wir könnten ihn auskundschaften.«
Cady, dachte Maggie. Wenn sie bis zum Ende des Weges gehen, werden sie sie sehen. Sylvia wird sie sehen.
Sie hatte gerade beschlossen, aus der Höhle zu springen, als Delos zu sprechen begann.
»Ich bin müde«, sagte er kalt und energisch, wie es seine Art war. »Wir werden jetzt zurückkehren.«
»Oh, du bist müde«, erwiderte Sylvia, und ihr Lächeln war beinahe verschlagen. »Da hast du’s. Ich habe dir doch gesagt, dass du deine Kräfte nicht so häufig benutzen solltest.«
»Ja«, entgegnete Delos, diesmal noch knapper als zuvor. »Ich erinnere mich.«
Bevor er etwas hinzufügen konnte, sprach Sylvia schon weiter. »Ich habe ganz vergessen zu erwähnen, dass etwas Seltsames geschehen ist. Ein Bursche namens Gavin ist vor kurzer Zeit zum Jagdtrupp gestoßen.«
Gavin. Maggie wurde flau im Magen.
Er ist davongekommen. Und er hat alles gesehen.
Und er musste schnell gewesen sein, dachte sie geistesabwesend, wenn er den Jagdtrupp am anderen Ende dieses Felsvorsprungs erreicht hatte, bevor Sylvia zu ihrer Suche nach Delos aufgebrochen war.
»Du kennst ihn wahrscheinlich nicht«, sagte Sylvia. »Aber ich kenne ihn. Er ist ein Sklavenhändler, den ich benutze, um Mädchen von der Außenwelt zu beschaffen. Er ist normalerweise ziemlich gut, aber heute war er vollkommen außer sich. Er hat berichtet, dass sich eine Gruppe von Sklavinnen auf dem Berg befreit habe, und sein Partner, Bern, ist dabei zu Tode gekommen.«
Du... Hexe, durchzuckte es Maggie. Ihr fiel kein Schimpfwort ein, das stark genug gewesen wäre.
Sylvia wusste Bescheid. Daran bestand kein Zweifel. Wenn Gavin ihr Handlanger war, und wenn er ihr berichtet hatte, dass Bern tot war, dann musste er ihr auch den Rest erzählt haben. Dass Prinz Delos persönlich Bern getötet und im blauen Feuer gebraten hatte, und dass zu diesem Zeitpunkt zwei Sklavenmädchen bei Delos gewesen waren.
Sie hat es die ganze Zeit gewusst, dachte Maggie, und hat lediglich versucht, Delos in die Falle zu locken. Aber warum hat sie keine Angst vor ihm? Er ist schließlich der Prinz. Sein Vater ist tot; er führt das Kommando. Wie kommt es also, dass sie es überhaupt wagt, ihre kleinen Fallen aufzustellen?
»Wir sind alle besorgt«, fuhr Sylvia fort und neigte ihren silbrigen Kopf zu einer Seite. »Alle Adeligen und insbesondere dein Urgroßvater. Sklavinnen, die auf freiem Fuß sind, können Ärger bedeuten.«
»Wie lieb von dir, dir Sorgen zu machen«, erwiderte Delos. Soweit Maggie sein Gesicht sehen konnte, war es ausdruckslos, und seine Stimme klang trocken und gleichmütig. »Aber das wäre nicht nötig gewesen. Ich habe das Feuer zu Übungszwecken erprobt - an dem anderen Sklavenhändler. Außerdem noch bei zwei Sklavinnen. Sie haben mich gestört, als ich Ruhe wollte.«
Maggie saß mit hilfloser Bewunderung da.
Er hat es getan. Er hat sie überlistet. Jetzt gibt es nichts, was sie noch einwenden kann. Und sie hat keine Möglichkeit zu beweisen, dass er uns nicht getötet hat. Gavin
ist weggelaufen; er konnte nicht sehen, was danach geschehen ist.
Er hat uns gerettet. Delos hat Cady und mich gerettet - wieder einmal.
»Ich verstehe.« Sylvia neigte den Kopf und sah lieb und besänftigend aus, wenn auch nicht ganz überzeugt. »Nun, du hattest natürlich jedes Recht, das zu tun. Die Sklavinnen sind also tot.«
»Ja. Und da sie nur Sklavinnen waren, warum stehen wir dann noch hier herum und reden über sie? Gibt es irgendetwas, das ich über die beiden wissen sollte?«
»Nein, nein. Natürlich nicht«, sagte Sylvia hastig. »Du hast recht; wir haben genug Zeit verschwendet. Lass uns zurückkehren.«
In Gedanken hörte Maggie Gavins Stimme. »Es ist ja nicht so, als wären sie gewöhnliche Sklavinnen. Wenn wir diese Jungfer nicht abliefern, sind wir tot.«
Sie lügt also erneut, überlegte Maggie. Welch eine Überraschung. Aber wer ist die Jungfer? Und warum ist sie so wichtig?
Und was das betrifft, wer ist dieser
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