Night World - Prinz des Schattenreichs - Night World - Black Dawn
außerstande, irgendetwas anderes zu tun, als sich an ihren Ast zu klammern.
Wir sind tot, dachte sie von Schwindel befallen, unbeweglich gemacht von diesen goldenen Augen. Er ist stärker als die anderen; er ist eine Wilde Macht. Und er konnte uns die ganze Zeit über spüren.
Jetzt brauchen sie nur noch den Baum zu umstellen. Wir können versuchen zu kämpfen - aber wir haben keine Waffen. Sie werden uns im Nu besiegen...
Geh weg. Die Stimme versetzte ihr einen neuerlichen Schock. Sie war klar und emotionslos - und sie war in ihrem Kopf.
Delos? dachte sie und starrte in diesen brennenden Blick. Du kannst...?
Sein Gesichtsausdruck veränderte sich nicht. Ich habe es dir schon einmal gesagt, aber du wolltest nicht hören. Was muss ich tun, damit du verstehst?
Maggies Herz schlug noch schneller. Delos, hör mir zu. Ich will nicht...
Ich warne dich , antwortete er, und seine Gedankenstimme war wie Eis. Komm nicht in die Burg. Wenn du es tust, werde ich dich nicht noch einmal beschützen.
Maggie war kalt bis auf die Knochen, und sie war zu benommen, um auch nur Worte zu formen, mit denen sie ihm hätte antworten können.
Ich meine es ernst, sagte er. Wenn du am Leben bleiben willst, halte dich von der Burg fern.
Dann wandte er sich ab, und Maggie spürte, wie der Kontakt zwischen ihnen abbrach. Wo sie zuvor ihn gespürt hatte, war jetzt nur noch Leere.
»Reiten wir«, sagte er mit knapper, harter Stimme und gab seinem Pferd die Sporen. Und dann setzten sie sich alle Richtung Burg in Bewegung, während Maggie versuchte, ihr Zittern nicht auf den Baum zu übertragen.
Als das letzte Pferd außer Sicht war, stieß P. J. den Atem aus und sackte in sich zusammen. »Ich dachte schon, sie hätten uns«, flüsterte sie.
Maggie schluckte. »Ich auch. Aber Cady hatte recht. Sie sind vorbeigeritten.« Sie drehte sich um. »Was genau hatte das Gerede zu bedeuten, dass wir sie abschirmen würden?«
Cady lehnte noch immer am Baumstamm, und ihre Augen waren noch immer geschlossen. Aber sie schien beinahe zu schlafen - und ihre Lippen bewegten sich nicht.
Jeanne folgte Maggies Blick. Ihre Augen waren noch immer schmal, und ihre Lippen verrieten so etwas wie grimmige Erheiterung. Aber sie sagte nichts. Einen Moment später zog sie eine Augenbraue hoch und zuckte kaum merklich mit den Achseln. »Wer weiß?«
Du weißt es, dachte Maggie. Zumindest weißt du mehr, als du mir verrätst. Aber da war noch etwas anderes, das ihr zu schaffen machte, daher sagte sie: »Also schön, was ist mit diesem Burschen, der aussieht wie Delos’ Vater? Hunter Redfern.«
»Er ist ein großes Tier in der Nachtwelt«, erklärte Jeanne. »Vielleicht das Größte überhaupt. Es war sein Sohn, der im 15. Jahrhundert diesen Ort gegründet hat.«
Maggie blinzelte. »Wann?«
Jeannes Augen leuchteten für einen kurzen Moment sardonisch auf. »Im 15. Jahrhundert«, wiederholte sie mit übertriebener Geduld. »Sie sind Vampire, ja? Tatsächlich sind sie Lamia, also die Art von Vampiren, die Kinder haben können, aber das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist, dass sie praktisch unsterblich sind.«
»Dieser Bursche lebt jetzt seit mehr als fünfhundert Jahren«, sagte Maggie langsam und schaute auf die Straße hinunter, auf der Hunter Redfern verschwunden war.
»Ja. Und alle sagen, wie ähnlich er dem alten König sehe. Oder andersherum.«
Delos denkt sicher, dass er ihm ähnelt, ging es Maggie durch den Kopf. Sie hatte gesehen, wie Hunter mit Delos umging; er leitete ihn ebenso sachkundig an, wie Delos es bei seinem Pferd tat. Delos war es gewohnt , jemandem zu gehorchen, der genauso aussah wie Hunter Redfern und auch so klang.
Dann runzelte sie die Stirn. »Aber - wie kommt es, dass er nicht König ist?«
»Oh...«Jeanne seufzte und duckte sich unter einigen Fichtenzweigen, die sich in ihrem Haar verheddert hatten. Sie wirkte ungeduldig und beklommen. »Er kommt von der Außenwelt, okay? Er ist erst seit einigen Wochen hier. Alle Sklaven sagen, er habe von diesem Ort bis dahin überhaupt nichts gewusst.«
»Er hat nicht gewusst...«
»Sieh mal. So habe ich es von den alten Sklaven gehört, okay? Hunter Redfern hatte, als er wirklich jung gewesen war, einen Sohn namens Chervil. Und als Chervil so in unserem Alter war, hatten die beiden einen großen Streit und haben sich entfremdet. Und dann ist Chervil mit seinen Freunden davongelaufen, und Hunter Redfern blieb ohne einen Erben zurück. Und er hat nie gewusst, dass sein Sohn hierher gegangen
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