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Nightschool. Du darfst keinem trauen

Nightschool. Du darfst keinem trauen

Titel: Nightschool. Du darfst keinem trauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Daugherty
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verloren, doch Allie wollte sie unbedingt dazu bringen, ihr von Ruth zu erzählen. »Sag mir, wer Ruth das angetan hat, Jo. Und dann können wir uns weiter über deine Familie unterhalten.«
    Jo blitzte sie an. »Versuch nicht, mich auszutricksen, Allie.«
    Im selben Moment hörte Allie, wie jemand zu ihnen heraufgeklettert kam. Ehe sie reagieren konnte, tauchte Carter auf und kletterte gewandt neben sie aufs Dach.
    »Hi, Ladys«, sagte er gespielt gelassen. »Wie geht’s denn so?«
    Durch ihren Tränenschleier hindurch strahlte Jo ihn an. »Carter West! Ich liebe dich, Carter West. Du bist so schön, mit deinen tiefen, dunklen Augen. Wenn ich nicht Gabe genommen hätte, hätte ich dich genommen.« Dann schaute sie verwirrt drein. »Nein, ich hätte Lucas genommen, wenn ich Gabe nicht genommen hätte. Aber wenn das nicht geklappt hätte, hätt ich dich genommen. Hundertprozentig. Oder vielleicht Sylvain.«
    Carter zögerte keine Sekunde. »Ich hätte dich auch genommen, Jo«, sagte er. »Du bist nämlich das schönste Mädchen der ganzen Schule.«
    Während sie schüchtern lächelte, das Gesicht rot und aufgedunsen, die Haare abstehend, sagte Jo: »Echt? Das ist das Netteste, was je einer zu mir gesagt hat. Lass dich umarmen.«
    Ohne Vorwarnung sprang sie auf. Sie schwankte gefährlich und ruderte mit den Armen wie ein Windrad. Allie hielt die Luft an und streckte die Hand nach ihr aus, doch Carter war schon neben ihr, schloss sie fest in die Arme und lachte sie an.
    »Pass auf, Jo, ist ein bisschen hoch hier.«
    Sie achtete nicht auf seine Worte. »Ich liebe dich, Carter West. Du bist viel netter als Gabe.«
    Sanft und ohne sie aus den Augen zu lassen, brachte er sie dazu, dass sie sich wieder hinsetzte. »Gabe liebt dich, das weißt du doch? Würdest du mit ihm reden, wenn er hier heraufkäme?«
    »Gabe liebt mich nicht. Er sagt nie die Wahrheit. Er ist ein Lügner, wie alle hier.« Sie warf Carter einen prüfenden Blick zu. »Bin mir nicht sicher, ob du nicht auch einer bist.«
    Wackelig stand sie auf und wischte Carters Hände fort, als der sie aufzuhalten versuchte. »Du weißt, was Gabe treibt, Carter. Allie weiß gar nichts. Aber du schon.« Sie wandte sich an Allie. »Gabe ist wichtig – viel wichtiger als du oder ich oder Carter. Er ist in der Night School – weißt du, was die Night School ist, Allie?«
    Carter war wie erstarrt und sah Jo an, als müsste er einschreiten, wüsste aber nicht, wie. Allie schüttelte den Kopf. »Nein. Was ist das, Jo?«
    »Das ist eine Truppe von Jungs und Mädchen, die so tun, als wären sie Ritter oder Soldaten oder Götter oder so. Sie denken, dass sie irgendwann mal die Herrscher der Welt werden.« Jo deutete auf Allie. »Sie mögen dich nicht, hast du das gewusst? Sie glauben, du wärst gefährlich. Ich sag ihnen die ganze Zeit, dass sie sich irren, aber sie wollen nicht auf mich hören! Wo ist meine Flasche?«
    Als sie die Flasche zu Allies Füßen entdeckte, machte Jo einen schnellen Schritt darauf zu. Allie rappelte sich auf, nahm den Wodka in die Hand und schaute wortlos zu Carter. Doch ehe sie sich entschlossen hatten, was zu tun war, stürzte Jo sich auf sie.
    Carter wollte sie packen, doch es ging alles zu schnell. Jos Fuß blieb an einem Ziegel hängen, und sie verlor das Gleichgewicht. Unkontrolliert rollte sie das steile Dach hinunter und verschwand mit einem gellenden Schrei.
    Allies kraftlose Hand ließ die Wodkaflasche los, die ebenfalls über das Dach kullerte und kurz darauf mit einem hellen Klirren unter ihnen zerschellte. In dem schrecklichen Augenblick, der folgte, hörte Allie eine ferne Stimme schreien und merkte erst gar nicht, dass es ihre eigene war.
    Carter starrte mit leerem Gesichtsausdruck auf die Stelle, wo Jo verschwunden war. Eine Sekunde erschien wie eine Ewigkeit.
    Plötzlich hörten sie ein Geräusch vom Rand des Daches. Ehe Allie etwas unternehmen konnte, hatte Carter sich schon flach auf den Bauch geworfen und begonnen, sich vorsichtig die steile Dachschräge hinunterzulassen. Allie folgte seinem Beispiel. Plötzlich entdeckten sie zwei blutige Hände, die sich verzweifelt an der Dachrinne festklammerten. Allie und Carter zögerten keine Sekunde. Carter packte Jos linkes Handgelenk, Allie hielt ihre rechte Hand fest. Über Jos Schulter hinweg sah sie den jähen Abgrund.
    Von unten hörte man jetzt auch ein schrilles Gewinsel, als hätte Jo zu viel Angst, um zu weinen. Das Blut machte ihre Hände glitschig, und als Carter merkte, dass

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