Nightschool. Du darfst keinem trauen
mit dem Unterricht begann.
Nach der Stunde sprang Allie sofort von ihrem Stuhl auf und stürmte in den Flur hinaus, ohne noch einmal zurückzuschauen.
Beim Mittagessen mieden Jo und Gabe ihren üblichen Tisch und nahmen stattdessen abseits in einer Ecke des Saals Platz. Allie setzte sich zu Rachel und Lucas. Ihr war aufgefallen, dass die beiden in letzter Zeit immer öfter beisammensaßen.
»Hey«, sagte sie und ließ ihre Tasche fallen. »Was ist denn mit denen los?«
Rachel und Lucas tauschten einen Blick, aus dem sie nicht ganz schlau wurde.
»Wie man hört«, sagte Rachel dann, »ist Jo so betrunken gewesen, dass sie sich jetzt nicht mehr daran erinnert, was auf dem Dach passiert ist. Deshalb hat sie beschlossen, dem Tratsch zu glauben.«
»Oh, großartig«, sagte Allie und ließ sich auf den Stuhl plumpsen. »Jetzt denkt sie also, ich hätte versucht, sie umzubringen?«
Die beiden nickten.
»Das wäre ja ganz lustig – wenn es nicht mich betreffen würde«, seufzte sie.
»Mich betrifft es nicht, und ich finde es trotzdem nicht lustig«, sagte Rachel.
»Du glaubst ihr nicht?«, fragte Allie hoffnungsvoll.
»Kein Wort«, sagte Lucas.
»Wir kennen sie einfach zu gut«, sagte Rachel. »Ich werde später mal versuchen, mit ihr zu sprechen und sie wieder zur Vernunft zu bringen.«
»Oder wenigstens dazu, sich daran zu erinnern, was wirklich passiert ist«, mischte sich Carter ein, während er den Stuhl neben Allie hervorzog und sich setzte. »Zum Beispiel, wie sie sich so besaufen konnte, dass sie um ein Haar uns alle umgebracht hätte. Wenn ihr mich fragt, passt es ihr ganz gut in den Kram, dass sie sich jetzt, wo alle wissen, dass da etwas Verrücktes passiert ist, plötzlich an nichts erinnern kann und sich verhält wie ein Irrer auf Freigang.«
»Ist gar nicht ihre Art, sich nicht zu erinnern«, sagte Lucas und runzelte die Stirn. »Früher hat sie sich eigentlich immer genau erinnert, wenn so was war.«
Der Zweifel in seiner Stimme versetzte Allie einen eisigen Stich. Und wenn Lucas und Rachel mir auch nicht mehr glauben? Dann wären Carter und ich ganz auf uns allein gestellt.
Als könnte er ihre Gedanken lesen, drückte Carter ihr von der Seite einen flüchtigen Kuss aufs Haar.
»Lass dich nicht von ihr runterziehen«, flüsterte er, und da musste sie ihn einfach anlächeln, trotz allem.
Sie war sich bewusst, dass Lucas und Rachel langsam dämmerte, was zwischen ihnen lief, und dass es bald die ganze Schule wissen würde.
»Alles klar«, sagte sie mit fester Stimme. Und genau so meinte sie es.
Den Rest des Tages über konnte Allie nicht behaupten, dass sie gemobbt wurde. Die anderen behandelten sie einfach wie Luft – als wäre sie überhaupt nicht da.
Keiner außer ihren engsten Freunden redete ein Wort mit ihr. Sogar als sie im Flur an Katie vorbeiging, wandte die bloß den Kopf ab und stolzierte an ihr vorbei.
Nach Unterrichtsschluss, auf dem Weg in ihr Zimmer, sprach Jules sie im Flur an. »Ich wollte dir nur sagen, dass es mir leidtut, wie die anderen sich benehmen«, sagte sie. »Ich hab gestern mit Isabelle darüber gesprochen, und sie hat Katie und zwei ihrer Freundinnen einen schriftlichen Verweis deswegen erteilt.«
»Ach, du meinst, Katie steckt hinter diesen Gerüchten?«, fragte Allie.
»Ich kenne Katie schon ewig, Allie.« Jules wirkte resigniert. »Aber ich habe ihr gesagt, dass wir nicht länger befreundet sein können, wenn sie das nicht sein lässt. Das ist unglaublich unfair dir gegenüber. Da mache ich nicht mit. Sie weiß also, wie ich darüber denke, und ich erwarte von ihr, dass sie das wieder geraderückt.«
»Danke, Jules«, sagte Allie, und genau so meinte sie es auch. »Es ist echt komisch, wenn Leute Sachen über einen behaupten, die gar nicht stimmen.«
»Falls jemand dich schikaniert oder mobbt, komm zu Isabelle oder mir«, sagte Jules. »Wir kümmern uns dann darum. Aber eins möchte ich dir noch sagen: Ich weiß, was gestern zwischen dir und Katie abgegangen ist, und es wäre mir sehr recht, wenn das Ganze nicht in eine Prügelei mündet.«
Schuldbewusst errötete Allie. »Okay, okay … Ich versuch mich zu beherrschen.«
Als Jules fort war, ging Allie in ihr Zimmer, zog ihre Laufsachen an und joggte los. Der Nachmittag war erneut ungewöhnlich warm, und die Sonne brannte ihr auf die Schultern, weshalb sie beschloss, den langen Weg zu nehmen und über den Gartenpavillon zur Kapelle zu laufen. Das Laufen tat ihr so gut, dass sie es fast bedauerte,
Weitere Kostenlose Bücher