Nightschool. Du darfst keinem trauen
Jules und Peter – weißt du, wen ich meine?«
Allie schüttelte den Kopf.
»Einer von den jüngeren Schülern. Er und Jules liegen mit einer Rauchvergiftung im Krankenhaus. Dich wollten sie auch mitnehmen, doch davon wollten weder Isabelle noch Carter noch Sylvain etwas wissen. Deshalb liegst du seit gestern hier, und Carter hat die ganze Nacht darauf geachtet, dass du auch ja brav weiteratmest. Was du, Gott sei Dank, auch getan hast«, schloss sie und strahlte.
»Toll von mir«, krächzte Allie matt.
»Ja. Toll von dir.«
»Wie viel hat das Gebäude abgekriegt?«, fragte Allie.
»Ich weiß nicht genau. Drei oder vier Räume sind völlig ausgebrannt. In die Schlafräume darf vorläufig keiner rein, und im ganzen Gebäude riecht es ziemlich streng nach Rauch.« Sie zog die Nase kraus. »Das Feuer in der Bibliothek ging vom Schreibtisch der Bibliothekarin aus und hat rasch auf die Papierstapel in der Nähe übergegriffen. Wie viele Bücher dabei vernichtet wurden, ist noch nicht ganz klar.«
Rachel blickte so aufrichtig traurig drein, dass Allie ein Lächeln unterdrücken musste.
»Sie nehmen an, dass die Schlafzimmer, die in Brand gesteckt wurden, nicht belegt waren. Feuer wurde auf dem Dachboden und auf einem Treppenabsatz gelegt.« Allie schoss das Bild von Christopher mit der brennenden Fackel durch den Kopf. »Aber das muss alles noch aufgeklärt werden. Isabelle rennt schon die ganze Zeit wie eine Wahnsinnige durch die Gegend. Heute Nachmittag kommen Baufirmen und sehen sich die Schäden an. Wir werden alle nach Hause geschickt. Anstelle der eigentlich anstehenden Abschlussprüfungen sollen wir Hausarbeiten schreiben. Vielleicht sollten wir darauf drängen, über das Thema ›Brandsicherheit‹ schreiben zu dürfen.«
Allies Glucksen klang wie Schleifpapier auf rauem Holz. »Ach, da könnte ich prima meine Geschichtshausarbeit über den Großen Brand von London abwandeln.«
»Ja, klar, die Recherchen dazu hast du ja schon gemacht.«
Es klopfte. Allie wollte »Herein« sagen, aber mehr als ein Flüstern bekam sie nicht zustande.
» Entrez «, rief Rachel.
Jo kam nervös hereingeschlichen und schloss die Tür hinter sich. »Hi, Allie. Wie geht es dir?«
Allie lächelte schwach. »Ich werd schon wieder auf die Beine kommen«, sagte sie. »Rachel hat mir gerade erzählt, was gestern Abend alles passiert ist.«
»Absoluter Wahnsinn«, sagte Jo. »Der reinste Horrortrip.«
»Aber wir haben’s alle überlebt«, sagte Rachel. »Und ich hab zum ersten Mal überhaupt Erste Hilfe an einer lebenden Person geleistet. Es hat also alles auch sein Gutes.«
»Oh, ja, das hat es«, stimmte Allie zu.
»Genau meine Meinung.«
Jo, die recht unbehaglich dreinschaute, wandte sich an Rachel. »Das ist mir jetzt unangenehm, aber würde es dir was ausmachen, wenn ich mich mit Allie ein paar Minuten allein …?«
Rachel sprang auf. »Natürlich. Ich hol dir was zu essen, Allie. Hast du auf irgendwas Bestimmtes Lust?«
Allies Kehle schmerzte. »Hauptsache kalt«, sagte sie. »Bloß nichts Scharfes.«
Ein mitfühlendes Lächeln hellte Rachels Gesicht auf. »Okay. Kein scharfes Essen. Verlass dich ganz auf mich, Süße.«
Als Rachel fort war, setzte Jo sich vorsichtig auf die Bettkante.
»Es tut mir leid.«
Allie wollte ihr sagen, dass sie sich nicht zu entschuldigen brauche, doch Jo schüttelte den Kopf. Ihr Gesicht war gerötet, Allie sah, dass sie geweint hatte.
»Gestern Abend hast du mir das Leben gerettet – und dabei dein eigenes riskiert. Das Gleiche hast du vor ein paar Wochen schon mal getan, damals auf dem Dach. Katie hat mir gestanden, dass sie mich angelogen hat, weil sie sauer auf dich war.«
Allie sperrte überrascht den Mund auf: »Das hat sie echt getan?«
Jo nickte. »Aber jetzt hast du auch ihr das Leben gerettet, und sie ist vielleicht eine blöde Zicke, aber keine undankbare blöde Zicke.«
Allie konnte nicht an sich halten und brach in ein heiseres Lachen aus, und schon prusteten sie beide los, obwohl das einen Hustenanfall bei Allie auslöste.
»Ich werd’s ihr bei Gelegenheit aufs Brot schmieren, dass du das gesagt hast«, konnte sie gerade noch stammeln.
Als sie sich beruhigt hatte, sah Jo sie ernst an. »Ich weiß, dass ich ein Problem habe, diese … ›Phasen‹, wie sich der Psychiater ausgedrückt hat, in denen ich nicht rational agiere. Und ich darf einfach nichts mehr trinken. Tut mir leid, dass ich dich da reingezogen habe. Ich wünschte, es wäre nie passiert. Ich
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