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Nightschool. Du darfst keinem trauen

Nightschool. Du darfst keinem trauen

Titel: Nightschool. Du darfst keinem trauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Daugherty
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Jos Spiegel. »Sitzt nur ein bisschen eng«, sagte sie zweifelnd. Das Kleid umschmeichelte jede Kurve und ließ wenig Raum für Phantasie.
    »Das kriegst du hin«, sagte Jo. »Es passt großartig zu deinem Teint und deiner Haarfarbe, und ich hab die perfekten Schuhe dazu.«
    Das letzte Kleid war Allies Favorit: Knielang und aus dunkelblauer Seide mit einem weiten Rock mit integriertem Petticoat aus Organza. Hinten war es hochgeschlossen, die eng anliegenden Ärmel hörten knapp unterm Ellbogen auf, und der perlenbesetzte V-Ausschnitt reichte gerade tief genug. Es saß wie angegossen.
    Allie zog den seitlichen Reißverschluss hoch und drehte sich um. »Du siehst umwerfend aus«, rief Jo aus und japste theatralisch nach Luft. »Dieses Kleid solltest du an jedem Tag deines Lebens tragen. Nur nicht auf dem Sommerball.«
    »Wieso nicht?«
    »Das ist ein Winterkleid. Alle anderen werden leichte Sommerkleider tragen, nur du wirst dir einen abschwitzen in diesem schweren Seidenstoff. Heb’s dir für den Winterball auf. Der ist sowieso viel wichtiger als der Sommerball. Aber bis dahin musst du das Kleid verstecken. Damit wirst du sie alle umhauen.«
    Jo schien sich ihrer Sache derart sicher, dass Allie keinen Sinn darin sah, mit ihr zu streiten. Sie kannte sich nicht so gut mit Klamotten aus und war bislang eher der Jeans-und-Turnschuh-Typ gewesen. Die seltenen Male, wenn sie sich für eine Hochzeit hatte aufbrezeln müssen, war sie immer von ihrer Mutter ausstaffiert worden. Aber sie musste zugeben, das weiße Kleid stand ihr.
    Jo hielt ein Paar silberfarbener Sandalen mit niedrigen Absätzen hoch. »Was meinst du?«, fragte sie und strahlte stolz. »Sind die perfekt, oder sind die perfekt?«
    Allie lachte und hob kapitulierend die Hände. »Dann sind sie wohl perfekt.«
    »Und jetzt zu deinen Haaren …«
    Jo führte sie zurück zu ihrem Stuhl und ließ sie Platz nehmen. Sie fuhr ihr mit dem Kamm durch die dichte Naturwelle und zog sie zu einem Pferdeschwanz zusammen. Ohne das Henna, mit dem Allie sich zu Hause die Haare leuchtend rot gefärbt hatte, nahm ihre Frisur allmählich wieder ihren natürlichen dunklen Braunton an.
    Jo arbeitete eine Weile schweigend, doch Allie sah, dass sie nachdachte. Dann fragte Jo: »Und wieso beschäftigt es dich so, mit wem Carter zum Ball geht?«
    Allie wand sich. »Es beschäftigt mich gar nicht … Ich hab nur so gedacht … Woher willst du eigentlich so sicher wissen, dass Sylvain mich fragen wird?«
    Jo zwirbelte eine Haarsträhne zu einem schimmernden Kringel und steckte ihn fest. »Das hat mir ein kleines Vögelchen verraten. Ein sehr gut unterrichtetes Vögelchen.«
    »Dann soll er mal langsam zu Potte kommen«, brummte Allie und beobachtete, wie ihre Frisur Gestalt annahm und immer stylisher wurde. »Alle anderen haben schon einen Tanzpartner.«
    »So.« Jo trat einen Schritt zurück und lächelte sie im Spiegel an, offenkundig sehr mit sich zufrieden. »Sylvain kann froh sein, wenn er dich abkriegt.«
    Allies Haar, normalerweise etwas widerspenstig, sah nun glatt und glänzend aus und war mit einem weißen Seidenband lose zu einem Dutt verknotet. Ein paar lockige Strähnen rahmten ihr ovales Gesicht ein und lenkten die Aufmerksamkeit auf ihre grauen Augen.
    »Wahnsinn«, hauchte Allie und betrachtete sich erstaunt im Spiegel.
    »Das wird deine Ballfrisur sein«, sagte Jo und fügte bescheiden hinzu: »Falls sie dir gefällt.«
    Allie umarmte sie. »Ich find sie großartig! Wo hast du denn das alles gelernt?«
    »Mädchenschule«, erwiderte Jo leichthin und hob die verstreuten Schuhe vom Boden auf. »Auf die du jetzt auch gehst, soweit ich weiß.«
    Daraufhin schwieg Allie so lange, dass Jo, mit dem Verstauen der Schuhe beschäftigt, ihre Arbeit unterbrach und sie besorgt ansah. »Alles klar? Das sollte gar nichts heißen.«
    Allie lächelte sie an. »Alles okay, keine Sorge. Ich hatte nur gerade so einen komischen Gedanken.«
    »Was denn?«, fragte Jo und sortierte nun wieder ihre Schuhe.
    »Dass ich – obwohl Carter sich so arschig benimmt, Sylvain mich nicht fragt und der Unterricht sauschwer ist – trotzdem irgendwie … glücklich bin.«
    »Weil du ’ne Meise hast«, sagte Jo lachend.
    »Nein, im Ernst. Ich bin echt glücklich. Zum ersten Mal seit Langem. Weißt du, ich dachte, ich würde es hier total furchtbar finden. Ich war fest entschlossen. Und mein altes Ich hätte es völlig bescheuert gefunden, über Kleider und Bälle und Schuhe nachzudenken und mir die

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